In L Stammbuch
„So’ne Riesenbuchstaben! Die Leute sangen üppig an."
„Ja, rührige junge Firma, die sich gleich 'nen großen Namen machen will."
Du haspelst so dein Tagewerk hinunter
Und trinkst vergrämt dein dünnes Abendbier
Und wartest immer auf das große Wunder,
Beklagst dein Dutzendlos und murrst:
Das mir!
Du rupfst die magern Wochen vom Kalender
Und findest dein Geschick erbärmlich klein —
Ich weiß Bescheid: du mochtst ein
Prominenter
ln irgend einer Hinsicht sein.
Wie wärs, wenn du ein Bismarck oder
Kant wardst,
Ein neuer Goethe an der alten Ilm?
Ach nee, du wünschest, daß du über rannt
würdst
Von Autographlern, und du wärst beim Film !
Die Neese still! Laß doch das blöde Rümpfen!
Du hast ’ne Wochenkarte auf der Tram
Und kannst auch noch auf tausend Dinge
schimpfen,
Was Prominente alles nicht mehr ham.
Und wenn du wirklich derart reüssiertest
Und kämst in eine Weltgeschichte rein,
Da hättst du auch ’n Dreck und reklamiertest '
Das bin ich nicht, das muß ’n andrer sein!
Sagitta
Da draußen aber ift's herrlich
ich denke, zu seinem Rechtsanwalt. Weil er doch morgen denTer-
min hat mit dem Magistratsrat Bahlke. Der wohnt da drüben."
Die Dame zeigte aus das Lauschen gerade gegenüber dem
Schusterschen, und Bockelbergs sagten „Aha!"
und „So, so."
„Ja, das wird morgen was werden. Ich bin
auch als Zeugin geladen. Schrecklich, nicht wahr?
Aber die Geschichte kam bloß von den Nacht-
anzügen her. Wissen Sie: der Lerr Schuster
ging im Sommer in der Frühe manchmal im
Nachtanzug im Garten vor dem Lause herum.
Am recht viel von der frischen Luft zu haben,
sagte er. Aber der Lerr Magistratsrat Bahlke
hat daran Anstoß genommen. Das gehört sich
nicht, hat er gesagt. Ein Nachtanzug wäre über-
haupt bloß was für Kinohelden, ein anständiger
Mann trüge sowas nicht. And weil die Nacht-
anzüge so gestreifte Muster hatten, hat er ge-
meint, das sähe wie ein Zuchthausanzug aus.
And da hat Schuster einmal alle seine Nacht-
anzüge eingepackt und zum Magistratsrat Bahlke
geschickt und bestellen lassen, er möchte doch die
Anzüge aussuchen, die ihn am wenigsten ans
Zuchthaus erinnerten — er selber wüßte da nicht
Bescheid. And da hat es dann einen furchtbaren
Krakeel gegeben. Der Lerr Schuster hat nach-
her sogar mit der Galle zu tun gehabt. Er hat
den Doktor Tiburtius-da oben das zweite
Laus von der Ecke. Ein sehr netter Mann. Aber
mit seiner Frau lebt er nicht gut. Die war
früher Schauspielerin. Es soll's zwar keiner
wissen, aber sowas kriegt man ja doch heraus."
„Aha!" sagten Bockelbergs und „So, so."
106
And Frau Bockelberg fragte: „Wenn wir vielleicht in einer
Stunde wiederkämen? Ist denn kein Dienstmädchen da?"
„Nein. Denken Sie: gerade gestern ist die Person weg.
(Fortsetzung Sette 408)
„Wenn einer so ein guter Schütze ist wie der Lerr Lämmle,
dann kann er viel Geld sparen."
„Na, der schießt aber doch mindestens für fünf Mark!"
„Schon, aber dann hat er auch die Weihnachtsgeschenke für
seine Familie beisammen."
„So’ne Riesenbuchstaben! Die Leute sangen üppig an."
„Ja, rührige junge Firma, die sich gleich 'nen großen Namen machen will."
Du haspelst so dein Tagewerk hinunter
Und trinkst vergrämt dein dünnes Abendbier
Und wartest immer auf das große Wunder,
Beklagst dein Dutzendlos und murrst:
Das mir!
Du rupfst die magern Wochen vom Kalender
Und findest dein Geschick erbärmlich klein —
Ich weiß Bescheid: du mochtst ein
Prominenter
ln irgend einer Hinsicht sein.
Wie wärs, wenn du ein Bismarck oder
Kant wardst,
Ein neuer Goethe an der alten Ilm?
Ach nee, du wünschest, daß du über rannt
würdst
Von Autographlern, und du wärst beim Film !
Die Neese still! Laß doch das blöde Rümpfen!
Du hast ’ne Wochenkarte auf der Tram
Und kannst auch noch auf tausend Dinge
schimpfen,
Was Prominente alles nicht mehr ham.
Und wenn du wirklich derart reüssiertest
Und kämst in eine Weltgeschichte rein,
Da hättst du auch ’n Dreck und reklamiertest '
Das bin ich nicht, das muß ’n andrer sein!
Sagitta
Da draußen aber ift's herrlich
ich denke, zu seinem Rechtsanwalt. Weil er doch morgen denTer-
min hat mit dem Magistratsrat Bahlke. Der wohnt da drüben."
Die Dame zeigte aus das Lauschen gerade gegenüber dem
Schusterschen, und Bockelbergs sagten „Aha!"
und „So, so."
„Ja, das wird morgen was werden. Ich bin
auch als Zeugin geladen. Schrecklich, nicht wahr?
Aber die Geschichte kam bloß von den Nacht-
anzügen her. Wissen Sie: der Lerr Schuster
ging im Sommer in der Frühe manchmal im
Nachtanzug im Garten vor dem Lause herum.
Am recht viel von der frischen Luft zu haben,
sagte er. Aber der Lerr Magistratsrat Bahlke
hat daran Anstoß genommen. Das gehört sich
nicht, hat er gesagt. Ein Nachtanzug wäre über-
haupt bloß was für Kinohelden, ein anständiger
Mann trüge sowas nicht. And weil die Nacht-
anzüge so gestreifte Muster hatten, hat er ge-
meint, das sähe wie ein Zuchthausanzug aus.
And da hat Schuster einmal alle seine Nacht-
anzüge eingepackt und zum Magistratsrat Bahlke
geschickt und bestellen lassen, er möchte doch die
Anzüge aussuchen, die ihn am wenigsten ans
Zuchthaus erinnerten — er selber wüßte da nicht
Bescheid. And da hat es dann einen furchtbaren
Krakeel gegeben. Der Lerr Schuster hat nach-
her sogar mit der Galle zu tun gehabt. Er hat
den Doktor Tiburtius-da oben das zweite
Laus von der Ecke. Ein sehr netter Mann. Aber
mit seiner Frau lebt er nicht gut. Die war
früher Schauspielerin. Es soll's zwar keiner
wissen, aber sowas kriegt man ja doch heraus."
„Aha!" sagten Bockelbergs und „So, so."
106
And Frau Bockelberg fragte: „Wenn wir vielleicht in einer
Stunde wiederkämen? Ist denn kein Dienstmädchen da?"
„Nein. Denken Sie: gerade gestern ist die Person weg.
(Fortsetzung Sette 408)
„Wenn einer so ein guter Schütze ist wie der Lerr Lämmle,
dann kann er viel Geld sparen."
„Na, der schießt aber doch mindestens für fünf Mark!"
„Schon, aber dann hat er auch die Weihnachtsgeschenke für
seine Familie beisammen."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"So 'ne Riesenbuchstaben!" "Wenn einer so ein guter Schütze ist wie der Herr..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 172.1930, Nr. 4430, S. 406
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg