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Wo die Woge rauscht K-°in° «-^.0» v°» P-.er R°bins°n Wekendlich alleine!

Letzter Dienst

Im Sommer kommt jeden Freitag nachmittag durch das kleine Ostseebad Schell-
kau ein Mann auf einem klapprigen, von einem lahmen Pferde gezogenen Wagen
gefahren. Ganz langsam fährt er durch den Ort und lärmt dabei schrecklich mit einer
schrillen Klingel, zum Zeichen, daß er etwas verkaufen wolle. Aber niemand nimmt
ihm dieses Lärmen übel, denn der gute Mann hat etwas ganz Vortreffliches, höchst
Delikates auf seinem Wagen. Nämlich frische Räucherflundern, die er aus dem eine
Stunde entfernten Stranddorfe Leisternest bringt, wo noch ein paar Fischer wohne».

Räucherflundern wie überhaupt Fische sind bekanntlich schon lange aus dunklen
kommerziellen Gründen eine Rarität in Küstenorten, und deshalb setzt der Mann mit
der Klingel seine Ware immer sehr schnell ab. Auch Fräulein Puhling, die In-
haberin der „Pension Meeresblick", kauft regelmäßig am Freitag nachmittag Räucher-
flundern für ihre Gäste. Man sollte nun annehmen, daß die köstlich fette», für Laien
im Flundernessen allerdings nicht leicht zu behandelnden Tiere dann gleich am Abend
auf die Tafel kämen, in all ihrer Frische. Aber nein; sie werden aufgehoben und
erscheinen erst 24 Stunde» später zum Abendessen. Merkwürdig! Welche Veran-
lassung hat Fräulein Puhling dazu?

Endlich erkundigt sich der Kanzleirat Negendank: „Nun sage» Sie mir bloß
Fräulein Puhling warum gibt's denn die Flundern erst am Sonnabend?"

Fräulein Puhling errötet leicht. „Wegen der Servietten, Lerr Kanzleirat.
Am Sonntag darauf gibt es doch frische."

Die Besorgung

Das muß vorausgeschickt werden: Blauzack raucht jeden Tag fünf Zigarren.
Die muß er haben, sonst gefallen ihm die Welt und das Leben nicht. Es gibt
Männer, die viel anspruchsvoller sind. Das sieht auch Frau Blauzack ein; sie gönnt
ihrem Gatten die fünf Zigarren von Lerzen.

Seit zehn Tagen weilen Blauzacks am Gestade der Ostsee in einem Orte, von
dem die Interessenten behaupten, daß er im Aufblühen begriffen sei. Die Leute sehen
das aber entschieden zu optimistisch an; sie eilen mit ihrer Ansicht den Tatsache» um
Jahrzehnte voraus. Von einer Blüte ist überhaupt noch nichts zu merken. Aber
das macht ja nichts. Ganz im Gegenteil. Die blühenden Orte bieten viel weniger
Erholung; da gibt es so viele Zerstreuungen und nicht jene köstliche Stille und un-
endliche Langeweile, die den Nerven so wohl tut.

Nur mit den Zigarren ist das so eine Sache. Blauzack hat ein Kistche» mit
fünfzig Stück mitgehabt, die jetzt also aufgeraucht sind. Der einzige Krämer des Ortes
hat Zigarren, aber nur eine Sorte zu zehn Pfennigen. Von der Sorte rauchen
am Sonntag die Fischer. Die können das tun; Fischer sind ja Leute, die nicht see-
krank werden. Blauzack würde von solch einer Zigarre schwer seekrank werden.

Also muß er sich Zigarren besorgen - aus der nächsten Stadt, die mit einer
umständlichen Kleinbahn in einer Stunde zu erreichen ist. Es ist eine freundliche, be-
triebsame Mittelstadt, in der mancherlei los ist. Blauzack kommt erst spät abends
nach dem Orte der Stille und Langeweile zurück.

„Ja, wo hast du denn die Kiste?" wundert sich Frau Blauzack.

Blauzack windet sich etwas verlegen. „Ich Hab' lieber keine Kiste gekauft, Bertha.
Die Zigarren werden hier am Wasser so schnell feucht. Ich besorg' mir lieber
öfter welche, zehn Stück Hab' ich mir mitgebracht."

Der blasse Jüngling

Der junge Mann mit dem selbstbewußten Auftreten, das eine glanzvolle ökono-
mische Anabhängkeit anzudeuten schien, übertrieb es wirklich mit seinen Sonnen-
bädern. Den ganzen Tag lag er, nur mit einer unbedeutende» Badehose bekleidet,
auf dem durchglühten Sande. Sein nicht besonders stattlicher Körper wurde rot,
dann bräunlich, und nun, nach vierzehn Tagen, konnte er für den eines Mulatten
gelten. Bis auf Kopf und Lals, denn die schützte der junge Mann sorglich vor den
Sonnenstrahlen, indem er sein dunkelblaues Jackett darüber deckte. Aber gerade sein
Gesicht hätte etwas Bräunung brauchen können, denn bei seinem Auftauche» im
Bade war es durch eine häßlich ungesunde Käsefarbe aufgefallen, und daran hatte
sich noch nichts geändert. And gerade sowas will man doch am Strande wegbringen.
Man will doch nachher in der Leimat zeigen, wie wohl einem Sonne und Salzluft
getan haben, und um das zu beweisen, kann man sich doch nicht erst ausziehn. Da-
zu ist das Gesicht da.

Zeichnung von E. Croissant

»Ist Ihre Gattin auch Dauerschwimmerin?"

„Nein, sie hat es aufgegeben. Man kann so schlecht
dabei sprechen."

„Zeig nur Mutti, was du gefunden hast I Ich will
jetzt schlafen."

„Mutti hat mich gerade zu dir geschickt, die will
auch schlafen."

„Dann geh zu Tante Else!"

„Die steht hinter dem Zelt und sagt, sie schläft schon
seit einer halben Stunde."

„Sind Sie auch für Rohkost?"

„L ja, besonders Beefsteak Tartar.«

„Und welche Sorte, Lerr Oekonom, ist das, von
der die Schinken ohne Knoche» stammen?"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wekendlich alleine!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 173.1930, Nr. 4433, S. 39

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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