Genaue Einteilung „Den Weihnachtsbaum haben
Sie selber geschmückt, Lerr Sekretär? Sehr hübsch! Aber was
haben Sie da für schwarze Ringe um die Kerzen gemalt?"
„Man mutz sparen, Lerr Kollege. Die Kerzen müssen aus
fünfmal reichen. Deshalb habe ich sie graduiert."
Vom Himmel hoch Von Curriander
Der Junggeselle Gustav Schnecklich hat sich eine» herrlichen
Weihnachtsbaum geleistet. Der herrliche Weihnachtsbaum
bestand aus einer Flasche Zeller Schwarzer Lerrgott, einer
Flasche Markobrunner 1921 Beerenauslese, Wachstum Witwe
Löhenrauch, einer Pulle Bols Apricot Brandy und etlichen
Zutaten.
Als Gustav Schnecklich diesen Baum ziemlich geplündert hatte,
fing er an „O du fröhliche" zu singen, und plötzlich stieg die
Sehnsucht nach einem richtigen Bäumchen, und sei es noch so
klein, in ihm auf.
Mit jener Aktivität, die der Alkohol verleiht, hüllte er sich
in einen Pelz, steckte eine Säge unter den Mantel und strebte
dem Walde zu.
Der Weg schien ihm furchtbar kurz, doch er sann darüber
weiter nicht nach, sondern wählte eine niedliche Tanne aus.
Sie war nicht sehr astreich, kam es ihm vor, aber gut gewachsen.
Selig eilte er nach Lause, pflanzte sie auf den Tisch und trank
den Bols zu Ende.
Rach diesem Erlebnis voll von Lonig legte er sich mit einem
prachtvollen Gewissen zu Bett.
Ganz früh aber weckte ihn schon seine Wirtin.
„Stehen Sie auf, Lerr Schnecklich," rüttelte sie, „es ist noch
Zeit."
„Ra, Frau Pemsig, wenn es noch Zeit ist, dann brauche ich
ja noch nicht aufzustehen."
„Es ist noch Zeit, sie wieder anzuleimen, Lerr Schnecklich."
„Wen anzuleimen?"
„Ra, die Traille aus dem Treppengeländer, die Sie gestern
Nacht abgesägt haben."
Wunsiedels hatten feste Absichten, die Schenkfreudigkeit von
Tante Matchen dieses Jahr in bestimmte Bahnen zu lenken.
Wunsiedels wünschten sich ein Grammophon. Aber wie so etwas
sagen, ohne es direkt auszusprechen?
Dora Wunsiedel übernahm das.
„Lör mal, Tante Malchen," raffte sie eines Tages ihre
literarischen Fähigkeiten zusammen, als die Tante selbst von Weih-
nachten sprach, „wir wünschen uns etwas — natürlich nicht von
dir! Also das ist in einem Gehäuse, steht aus einem Tischchen.
Was drin ist, das geht immer im Kreise herum, und ab und zu
legt man runde Dinger rein."
Es ist unerfindlich, wie Tante Malchen diese erschöpfende
Beschreibung des Grammophons mißdeuten konnte. Wunsiedels
sagen natürlich: absichtlich. Aber das ist natürlich schwer zu glau-
ben, denn die gute Tante hatte gütig und verstehend gelächelt.
Fest steht nur, daß sie am Leiligen Abend strahlend mit
einem Goldfisch im Glas nebst Tischchen und einer Portion Ameisen-
eiern erschien.
„Emil," sagte Almalotte zu ihrem Gatten in jenem bestimmten
Ton, den sie kurz nach der standesamtlichen Zeremonie angenommen
hatte, „das eine sage ich dir: wenn dein Onkel Ottokar, der schäbige
Knicker, dies Jahr wieder mit dem ausgerupsten Papagei ankommt,
den wir ihm schon zweimal zurückgegeben haben, weil einen das
Urwaldgeschrei der Bestie um die letzte Rervenkraft bringt, dann —
also dann soll er von mir was zu hören bekommen!"
„Almalotte," antwortete mit jenem friedfertigen Timbre in
der Stimme, das er kurz nach der standesamtlichen Zeremonie
angenommen hatte, der bedrohte Gatte, „ich habe bereits mit
Onkel Ottokar gesprochen. Er hat, wie ich dir versichern kann,
den Gedanken endgültig aufgegeben."
„Das ist sein Glück, Emil, denn diesmal hätte ich den Papa-
gei umgebracht."
„Das ist nicht mehr nötig, Kind, denn Onkel Ottokar schenkt
uns eine bratfertige Ente." «Fortsetzung Seite 391)
Die Hauptsache „Mit diesem Rembrandt sind Sie
angeführt worden! Das Bild ist noch nicht fünfzig Zahre alt!"
„Gott, auf das Alter kommt mir's nicht an! Wenn's nur
ein echter Rembrandt ist!"
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Sie selber geschmückt, Lerr Sekretär? Sehr hübsch! Aber was
haben Sie da für schwarze Ringe um die Kerzen gemalt?"
„Man mutz sparen, Lerr Kollege. Die Kerzen müssen aus
fünfmal reichen. Deshalb habe ich sie graduiert."
Vom Himmel hoch Von Curriander
Der Junggeselle Gustav Schnecklich hat sich eine» herrlichen
Weihnachtsbaum geleistet. Der herrliche Weihnachtsbaum
bestand aus einer Flasche Zeller Schwarzer Lerrgott, einer
Flasche Markobrunner 1921 Beerenauslese, Wachstum Witwe
Löhenrauch, einer Pulle Bols Apricot Brandy und etlichen
Zutaten.
Als Gustav Schnecklich diesen Baum ziemlich geplündert hatte,
fing er an „O du fröhliche" zu singen, und plötzlich stieg die
Sehnsucht nach einem richtigen Bäumchen, und sei es noch so
klein, in ihm auf.
Mit jener Aktivität, die der Alkohol verleiht, hüllte er sich
in einen Pelz, steckte eine Säge unter den Mantel und strebte
dem Walde zu.
Der Weg schien ihm furchtbar kurz, doch er sann darüber
weiter nicht nach, sondern wählte eine niedliche Tanne aus.
Sie war nicht sehr astreich, kam es ihm vor, aber gut gewachsen.
Selig eilte er nach Lause, pflanzte sie auf den Tisch und trank
den Bols zu Ende.
Rach diesem Erlebnis voll von Lonig legte er sich mit einem
prachtvollen Gewissen zu Bett.
Ganz früh aber weckte ihn schon seine Wirtin.
„Stehen Sie auf, Lerr Schnecklich," rüttelte sie, „es ist noch
Zeit."
„Ra, Frau Pemsig, wenn es noch Zeit ist, dann brauche ich
ja noch nicht aufzustehen."
„Es ist noch Zeit, sie wieder anzuleimen, Lerr Schnecklich."
„Wen anzuleimen?"
„Ra, die Traille aus dem Treppengeländer, die Sie gestern
Nacht abgesägt haben."
Wunsiedels hatten feste Absichten, die Schenkfreudigkeit von
Tante Matchen dieses Jahr in bestimmte Bahnen zu lenken.
Wunsiedels wünschten sich ein Grammophon. Aber wie so etwas
sagen, ohne es direkt auszusprechen?
Dora Wunsiedel übernahm das.
„Lör mal, Tante Malchen," raffte sie eines Tages ihre
literarischen Fähigkeiten zusammen, als die Tante selbst von Weih-
nachten sprach, „wir wünschen uns etwas — natürlich nicht von
dir! Also das ist in einem Gehäuse, steht aus einem Tischchen.
Was drin ist, das geht immer im Kreise herum, und ab und zu
legt man runde Dinger rein."
Es ist unerfindlich, wie Tante Malchen diese erschöpfende
Beschreibung des Grammophons mißdeuten konnte. Wunsiedels
sagen natürlich: absichtlich. Aber das ist natürlich schwer zu glau-
ben, denn die gute Tante hatte gütig und verstehend gelächelt.
Fest steht nur, daß sie am Leiligen Abend strahlend mit
einem Goldfisch im Glas nebst Tischchen und einer Portion Ameisen-
eiern erschien.
„Emil," sagte Almalotte zu ihrem Gatten in jenem bestimmten
Ton, den sie kurz nach der standesamtlichen Zeremonie angenommen
hatte, „das eine sage ich dir: wenn dein Onkel Ottokar, der schäbige
Knicker, dies Jahr wieder mit dem ausgerupsten Papagei ankommt,
den wir ihm schon zweimal zurückgegeben haben, weil einen das
Urwaldgeschrei der Bestie um die letzte Rervenkraft bringt, dann —
also dann soll er von mir was zu hören bekommen!"
„Almalotte," antwortete mit jenem friedfertigen Timbre in
der Stimme, das er kurz nach der standesamtlichen Zeremonie
angenommen hatte, der bedrohte Gatte, „ich habe bereits mit
Onkel Ottokar gesprochen. Er hat, wie ich dir versichern kann,
den Gedanken endgültig aufgegeben."
„Das ist sein Glück, Emil, denn diesmal hätte ich den Papa-
gei umgebracht."
„Das ist nicht mehr nötig, Kind, denn Onkel Ottokar schenkt
uns eine bratfertige Ente." «Fortsetzung Seite 391)
Die Hauptsache „Mit diesem Rembrandt sind Sie
angeführt worden! Das Bild ist noch nicht fünfzig Zahre alt!"
„Gott, auf das Alter kommt mir's nicht an! Wenn's nur
ein echter Rembrandt ist!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Genaue Einteilung" "Die Hauptsache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 173.1930, Nr. 4455, S. 388
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg