Nachbarn
Manchmal sieht man unbegründet
x.. Läden liegen, Tür an Tür.
’Kht, daß Nachbarsinn sie bindet,
Nein, sie können nichts dafür.
Hier z. B. bietet Dreese
Kunst in bester Absicht feil,
Dicht daneben handelt Käse
Ein Herr Friedrich Siebenbeil,
während nun bei Dreese immer
Niemand Kaufinteresse hat.
Finden um den Käse immer
Täglich wahre Schlachten statt.
Lind es wird hier furchtbar klar:
Was den Käse anbetrefft,
Käse, umgedacht in Bar,
Ist das bessere Geschäft.
Weiter! Hier im selben Hause
Hummer 10, bei Bäcker Gneist,
Wohnt der Sanitätsrat Krause
Lind ein Mann, der Knottrich heißt.
Krause ist kein Freund von Posen,
Doch er stellt mit scharfem Blick
Immer richtge Diagnosen —
Aber Krause hat kein Glück.
Nämlich Knottrich kennt den Jokus,
Er kuriert mit Lungensaft
Und gewaltgem Hokuspokus,
Dadurch hat er es geschafft.
Die Patienten sind charmiert.
Nur weil Knottrich feste blöfft,
Denn auf Dummheit spekuliert
Ist das bessere Geschäft.
Hier wohnt der Professor Stange
Welcher wissenschaftlich forscht,
Nebenan auf gleichem Gange
Lebt die Witwe Dora Porscht.
Stange gilt im Fachbetriebe
Als ein großes Kirchenlicht,
Er ist Psycholog der Liebe,
Aber Geld verdient er nicht.
Dahingegen jene Dame,
Geistig gar nicht prominent,
Sie vermittelt per Reklame
Ehen gegen 10°/o.
Er schreibt herrliche Ideen,
Sie schreibt Summen in ihr Heft,
Doch die Porscht mit ihren Ehen
Ist das bessere Geschäft. Curry
3tn Eifer
"Daß Sie den ganzen Tag rauchen müssen, Meier."
»Ich kann nun einmal nicht arbeiten ohne zu rauchen, Lerr
Direktor, — übrigens ist dieses die erste Zigarette seit vier
Stunden!"
, Äm Fünfzehnten des Monats. Der Buchhalter Graupel
Köhnt und bemerkt zu der neuen, vor vierzehn Tagen einge-
^etenen Kollegin, der Stenotypistin Seiberlich: „Sie warten wohl
^"ch mit Schmerzen auf den Ersten, nicht wahr?"
Fräulein Seiberlich ist empört. „Aber bitte: erstens warte
>ch überhaupt nicht auf einen Bräutigam, und zweitens würde
bei einem bleiben."
Schwierige Begleitung
"Leute gehe ich Ihnen nicht von der Seite, bis Sie mich
bezahlt haben!"
„Meinetwegen! Laben Sie auch gut trainiert? Ich beteilige
">>ch diesen Nachmittag an einem Wettlaufen!"
Kleiner Lehrkursus
In einem Lokal, auf dessen Namen es nicht weiter ankommt,
hat sich jemand niedergelassen, der hier auch nicht genannt zu
werden braucht. Er sitzt mit dem Rücken gegen die Tür. Von
Zeit zu Zeit trinkt er einen Schluck Bier, sieht häufig nach seiner
Ahr und dreht inzwischen die Daumen.
Da kommt Püstrich an. Püstrich hat in diesem Lokal vorhin
schon über eine Stunde gesessen und ist dann auf eine Viertel-
stunde weggegangen, — Zigarren zu kaufen. Während der Stunde
in dem Lokal hat Püstrich viel vor sich hingebrummt und geschimpft
und geflucht. Er ist von hitzigem Temperament und hat eine
rasche Zunge.
Püstrich also bemerkt nun, daß inzwischen jener andere Gast
sich eingestellt hat. Er sieht vorläufig nur dessen Rücken, aber er
gerät in Bewegung, und während er sich jetzt aus der Lülse
seines Mantels schält, sprudelt er: „Na, Emil, da hast du also
doch noch die große Gnade gehabt, zu kommen. Auf sechs hatten
wir uns verabredet, jetzt ist es gleich acht. Du bildest dir wohl
ein, ich bin dein Affe, was? Bist du ein Minister, daß du Leute
warten lassen kannst? Oder ein Bankdirektor? Oder eine Film-
diva? Ein Schafskopf bist du und ein unhöflicher Mensch, denn
einigermaßen pünktlich zu sein, das gehört zur Löslichkeit. Aber
21
Unerbittlich
„Sechs Lüte — du kannst doch immer nur einen tragen!"
„Sei froh — wenn ich zwei auf einmal tragen könnte,
müßte ich zwölfe haben!"
Manchmal sieht man unbegründet
x.. Läden liegen, Tür an Tür.
’Kht, daß Nachbarsinn sie bindet,
Nein, sie können nichts dafür.
Hier z. B. bietet Dreese
Kunst in bester Absicht feil,
Dicht daneben handelt Käse
Ein Herr Friedrich Siebenbeil,
während nun bei Dreese immer
Niemand Kaufinteresse hat.
Finden um den Käse immer
Täglich wahre Schlachten statt.
Lind es wird hier furchtbar klar:
Was den Käse anbetrefft,
Käse, umgedacht in Bar,
Ist das bessere Geschäft.
Weiter! Hier im selben Hause
Hummer 10, bei Bäcker Gneist,
Wohnt der Sanitätsrat Krause
Lind ein Mann, der Knottrich heißt.
Krause ist kein Freund von Posen,
Doch er stellt mit scharfem Blick
Immer richtge Diagnosen —
Aber Krause hat kein Glück.
Nämlich Knottrich kennt den Jokus,
Er kuriert mit Lungensaft
Und gewaltgem Hokuspokus,
Dadurch hat er es geschafft.
Die Patienten sind charmiert.
Nur weil Knottrich feste blöfft,
Denn auf Dummheit spekuliert
Ist das bessere Geschäft.
Hier wohnt der Professor Stange
Welcher wissenschaftlich forscht,
Nebenan auf gleichem Gange
Lebt die Witwe Dora Porscht.
Stange gilt im Fachbetriebe
Als ein großes Kirchenlicht,
Er ist Psycholog der Liebe,
Aber Geld verdient er nicht.
Dahingegen jene Dame,
Geistig gar nicht prominent,
Sie vermittelt per Reklame
Ehen gegen 10°/o.
Er schreibt herrliche Ideen,
Sie schreibt Summen in ihr Heft,
Doch die Porscht mit ihren Ehen
Ist das bessere Geschäft. Curry
3tn Eifer
"Daß Sie den ganzen Tag rauchen müssen, Meier."
»Ich kann nun einmal nicht arbeiten ohne zu rauchen, Lerr
Direktor, — übrigens ist dieses die erste Zigarette seit vier
Stunden!"
, Äm Fünfzehnten des Monats. Der Buchhalter Graupel
Köhnt und bemerkt zu der neuen, vor vierzehn Tagen einge-
^etenen Kollegin, der Stenotypistin Seiberlich: „Sie warten wohl
^"ch mit Schmerzen auf den Ersten, nicht wahr?"
Fräulein Seiberlich ist empört. „Aber bitte: erstens warte
>ch überhaupt nicht auf einen Bräutigam, und zweitens würde
bei einem bleiben."
Schwierige Begleitung
"Leute gehe ich Ihnen nicht von der Seite, bis Sie mich
bezahlt haben!"
„Meinetwegen! Laben Sie auch gut trainiert? Ich beteilige
">>ch diesen Nachmittag an einem Wettlaufen!"
Kleiner Lehrkursus
In einem Lokal, auf dessen Namen es nicht weiter ankommt,
hat sich jemand niedergelassen, der hier auch nicht genannt zu
werden braucht. Er sitzt mit dem Rücken gegen die Tür. Von
Zeit zu Zeit trinkt er einen Schluck Bier, sieht häufig nach seiner
Ahr und dreht inzwischen die Daumen.
Da kommt Püstrich an. Püstrich hat in diesem Lokal vorhin
schon über eine Stunde gesessen und ist dann auf eine Viertel-
stunde weggegangen, — Zigarren zu kaufen. Während der Stunde
in dem Lokal hat Püstrich viel vor sich hingebrummt und geschimpft
und geflucht. Er ist von hitzigem Temperament und hat eine
rasche Zunge.
Püstrich also bemerkt nun, daß inzwischen jener andere Gast
sich eingestellt hat. Er sieht vorläufig nur dessen Rücken, aber er
gerät in Bewegung, und während er sich jetzt aus der Lülse
seines Mantels schält, sprudelt er: „Na, Emil, da hast du also
doch noch die große Gnade gehabt, zu kommen. Auf sechs hatten
wir uns verabredet, jetzt ist es gleich acht. Du bildest dir wohl
ein, ich bin dein Affe, was? Bist du ein Minister, daß du Leute
warten lassen kannst? Oder ein Bankdirektor? Oder eine Film-
diva? Ein Schafskopf bist du und ein unhöflicher Mensch, denn
einigermaßen pünktlich zu sein, das gehört zur Löslichkeit. Aber
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Unerbittlich
„Sechs Lüte — du kannst doch immer nur einen tragen!"
„Sei froh — wenn ich zwei auf einmal tragen könnte,
müßte ich zwölfe haben!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Unerbittlich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 174.1931, Nr. 4458, S. 21
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg