Fliegende Blätter (174.1931 (Nr. 4457-4482) = 87. Jahrg.)

Zeichnung von M. Claus

VORFALL AUF SCHLOSS RÜMPELSTEIN

Der Kastellan von Rumpelstein
Steckt manches gute Trinkgeld ein,
Das die Besucher ihm entrichten
Für Führung sowie die Geschichten,
Die er erzählt als wahr und echt
Vom längst erloschenen Geschlecht.

Der Rumpelsteiner Kastellan
Spricht mit bierheiserem Organ:
„Hier sind wir nun im Rittersaale,
Wo durch die scheußlichste Kabale

Die schlimmsten Greuel vorgefallen,
Die je erlebt in diesen Hallen.

Graf Eberhard von Rumpelstein
Stieß hier den Dolch ins Herz hinein
Der edlen Gattin Kunigunde,

Die gleich verstarb an dieser Wunde,
Und Fridolin, dem schönen Knappen,
Tat er das Haupt vom Rumpfe kappen.
Schuld war die Eifersucht allein;

Sein Vetter Golo hat gemein,

Weil er die Dame selbst begehrt,

Huf jene zwei Verdacht genährt.
Nachher kam's 'raus. Graf Eberhard
Hat mit dem Schwerte, scharf und hart,
Das Richteramt dann selbst vollzogen
fln Golo, der ihn so betrogen.

Der Landesherr war mild im Strafen:
Das Leben schenkte er dem Grafen,
Doch mußte er an seinen Beinen,

Als strenger Büßer zu erscheinen.

Die schwersten Ketten tragen stets.
Ja, ja — das kommt davon! So geht’s!“ —

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