Der Nachtwandler
Eine schlichte Frau kommt zum Dr. med. Zentner. „Es ist näm-
lich wegen meinem Mann, Lerr Doktor. Der steht nachts manch-
mal auf, und das ist so graulich."
„Nun, nun — das kann doch Vorkommen, das ist doch nicht
grausig. Ich stehe nachts auch manchmal auf, wenn ich Veran-
lassung dazu habe."
„Nein, so nicht, Lerr Doktor. Mein Mann schläft ja dabei
ganz fest. Und ich traue mich doch nicht, ihn zu wecken. Wie ein
Gespenst sieht er aus, wenn er so herumschlurft."
„Ah, das ist etwas anderes, das ist sogar sehr interessant.
Ein Fall von Somnambulismus."
Die schlichte Frau hat jedenfalls das Wort Somnambulis-
mus noch nie gehört, aber sie bestätigt eifrig: „Ja, ja, das ist
es, Lerr Doktor! Die letzte Nacht hat er es aber sehr schlimm
gehabt. Da hat er im Schlaf die Tapete in unserem Wohn-
zimmer abgerissen. Ganz säuberlich hat er das gemacht. Erst hat
er mit einem Messer eingeschnitten, und dann hat er die Tapete
in langen Streifen abgezogen. Ach Gott, Lerr Doktor: es war
so'ne schöne Tapete! Mit roten und gelbe» Rosen!"
Dr. Zentner steht vor einem Rätsel. „Lm, das ist allerdings
äußerst merkwürdig. Nachtwandler nehmen ja oft die verschie-
densten Landlungen im Schlafe vor, aber es sind dann immer
gewissermaßen Kopien sonst mit Bewußtsein wiederholt betätigter,
dem Kranken also ganz geläufiger Verrichtungen. Ah so — —
was ist denn eigentlich Ihr Mann?"
„Der ist beim Plakatinstitut, Lerr Doktor. Wissen Sie: er
klebt die Plakate an die Anschlagsäulen. Und die alten nimmt
er ab."
Dr. Zentner ist froh, das Rätsel ist gelöst. „Ah, nun ist der
Fall ganz klar: während Ihr Mann die Tapete abnahm, ist er
eben in dem Wahn besangen gewesen, alte Plakate zu entfernen."
„Aber die schöne Tapete, Lerr Doktor! Mit roten und
gelben Rosen!"
Dr. Zentner überlegt, „fern, es käme auf den Versuch an.
Stellen Sie doch jetzt mal Ihrem Mann seinen Kleistertopf an's
Bett! Vielleicht klebt er dann die Tapete wieder an."
Peter Robinson
Der Geschäftsmann
„Die Kinodiva Nina Pralina hat Ihnen für die Schau-
fensterscheibe, die sie mit ihrem Auto zertrümmerte, keinen
Schadenersatz geleistet, und versichert sind Sie auch nicht?!"
„Nein, aber ich bin dennoch auf meine Kosten gekommen!
Ich habe die einzelnen Glasscherben als Andenken verkauft . ..!"
Äer Lehrer versucht mit seinen Schülern die schwierigen
Begriffe „Aktiv" und „Passiv" (Tätigkeits- und Leideform) zu
entwickeln — lange vergebens. Schließlich greift er zu einem
drastischen Beispiel. „Ihr könnt doch alle den Unterschied zwischen
,ich prügele' und ,ich werde geprügelst? — Allgemeines begeistertes
„Ja!" — „Also: Die Form ,ich werde geprügelt' nennt man die
Leideform, weil man dabei etwas erleidet. Wem von Euch fällt
jetzt ein, wie man die Form: ,Ich prügele' heißt? — Der kleine
Max meldet sich strahlend zum Wort: „Das ist die Freude-
form !"
Irrtum
„Mit wem habe ich das Vergnügen?"
„Ich bin der Gerichtsvollzieher!"
„Verzeihung!"
Boshaft
„Als ich nach der Italienreise meinen
Koffer auspackte, liefen Wanzen heraus!"
„Werden die sich gefreut haben, daß
sie wieder in der Leimat waren!"
Gelüfteter Schleier
Lattich ist drei Wochen lang krank ge-
wesen. Wie gut, daß er nun gerade zum
Geburtstage seiner lieben Frau Emilie
wieder wohlauf ist! Ein Geschenk hat er
freilich noch nicht besorgen können, dafür
legt er ihr einen Lundertmarkschein hin.
Ist ja auch viel angenehmer für beide
Teile; er braucht sich nicht den Kopf zu
zerbrechen, und sie kann viel vorteilhafter
kaufen, was sie am liebsten haben möchte.
So sieht auch Frau Lattich das an.
„Nein, wie mich das freut, Karl! Und
gleich hundert Mark-nobel!"
Lattich erklärt: „Nun ja, ich Hab' doch
jetzt was gespart! Wo ich nun so lange
abends nicht an meinem Stammtisch ge-
wesen bin."
„Was? Das ist ja haarsträubend! Also
so viel brauchst du für deine Kneipabende!"
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Eine schlichte Frau kommt zum Dr. med. Zentner. „Es ist näm-
lich wegen meinem Mann, Lerr Doktor. Der steht nachts manch-
mal auf, und das ist so graulich."
„Nun, nun — das kann doch Vorkommen, das ist doch nicht
grausig. Ich stehe nachts auch manchmal auf, wenn ich Veran-
lassung dazu habe."
„Nein, so nicht, Lerr Doktor. Mein Mann schläft ja dabei
ganz fest. Und ich traue mich doch nicht, ihn zu wecken. Wie ein
Gespenst sieht er aus, wenn er so herumschlurft."
„Ah, das ist etwas anderes, das ist sogar sehr interessant.
Ein Fall von Somnambulismus."
Die schlichte Frau hat jedenfalls das Wort Somnambulis-
mus noch nie gehört, aber sie bestätigt eifrig: „Ja, ja, das ist
es, Lerr Doktor! Die letzte Nacht hat er es aber sehr schlimm
gehabt. Da hat er im Schlaf die Tapete in unserem Wohn-
zimmer abgerissen. Ganz säuberlich hat er das gemacht. Erst hat
er mit einem Messer eingeschnitten, und dann hat er die Tapete
in langen Streifen abgezogen. Ach Gott, Lerr Doktor: es war
so'ne schöne Tapete! Mit roten und gelbe» Rosen!"
Dr. Zentner steht vor einem Rätsel. „Lm, das ist allerdings
äußerst merkwürdig. Nachtwandler nehmen ja oft die verschie-
densten Landlungen im Schlafe vor, aber es sind dann immer
gewissermaßen Kopien sonst mit Bewußtsein wiederholt betätigter,
dem Kranken also ganz geläufiger Verrichtungen. Ah so — —
was ist denn eigentlich Ihr Mann?"
„Der ist beim Plakatinstitut, Lerr Doktor. Wissen Sie: er
klebt die Plakate an die Anschlagsäulen. Und die alten nimmt
er ab."
Dr. Zentner ist froh, das Rätsel ist gelöst. „Ah, nun ist der
Fall ganz klar: während Ihr Mann die Tapete abnahm, ist er
eben in dem Wahn besangen gewesen, alte Plakate zu entfernen."
„Aber die schöne Tapete, Lerr Doktor! Mit roten und
gelben Rosen!"
Dr. Zentner überlegt, „fern, es käme auf den Versuch an.
Stellen Sie doch jetzt mal Ihrem Mann seinen Kleistertopf an's
Bett! Vielleicht klebt er dann die Tapete wieder an."
Peter Robinson
Der Geschäftsmann
„Die Kinodiva Nina Pralina hat Ihnen für die Schau-
fensterscheibe, die sie mit ihrem Auto zertrümmerte, keinen
Schadenersatz geleistet, und versichert sind Sie auch nicht?!"
„Nein, aber ich bin dennoch auf meine Kosten gekommen!
Ich habe die einzelnen Glasscherben als Andenken verkauft . ..!"
Äer Lehrer versucht mit seinen Schülern die schwierigen
Begriffe „Aktiv" und „Passiv" (Tätigkeits- und Leideform) zu
entwickeln — lange vergebens. Schließlich greift er zu einem
drastischen Beispiel. „Ihr könnt doch alle den Unterschied zwischen
,ich prügele' und ,ich werde geprügelst? — Allgemeines begeistertes
„Ja!" — „Also: Die Form ,ich werde geprügelt' nennt man die
Leideform, weil man dabei etwas erleidet. Wem von Euch fällt
jetzt ein, wie man die Form: ,Ich prügele' heißt? — Der kleine
Max meldet sich strahlend zum Wort: „Das ist die Freude-
form !"
Irrtum
„Mit wem habe ich das Vergnügen?"
„Ich bin der Gerichtsvollzieher!"
„Verzeihung!"
Boshaft
„Als ich nach der Italienreise meinen
Koffer auspackte, liefen Wanzen heraus!"
„Werden die sich gefreut haben, daß
sie wieder in der Leimat waren!"
Gelüfteter Schleier
Lattich ist drei Wochen lang krank ge-
wesen. Wie gut, daß er nun gerade zum
Geburtstage seiner lieben Frau Emilie
wieder wohlauf ist! Ein Geschenk hat er
freilich noch nicht besorgen können, dafür
legt er ihr einen Lundertmarkschein hin.
Ist ja auch viel angenehmer für beide
Teile; er braucht sich nicht den Kopf zu
zerbrechen, und sie kann viel vorteilhafter
kaufen, was sie am liebsten haben möchte.
So sieht auch Frau Lattich das an.
„Nein, wie mich das freut, Karl! Und
gleich hundert Mark-nobel!"
Lattich erklärt: „Nun ja, ich Hab' doch
jetzt was gespart! Wo ich nun so lange
abends nicht an meinem Stammtisch ge-
wesen bin."
„Was? Das ist ja haarsträubend! Also
so viel brauchst du für deine Kneipabende!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Es pumpt uns kein Mensch mehr; ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 174.1931, Nr. 4459, S. 36
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg