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Zeichnung von M. Claus

Ein seltener Erfolg Don LIeronymuS Jobs

Wie ist doch unsere Kleinstadt so weit zurück in Dingen des
sanitären Fortschrittes! Am fünfzig Jahre vielleicht zurück. Aber
— die Pflege der Musik hat in ihr eine Stätte. Instrumental-
musik und vor allem der Gesang.

Mir erfreuen uns deshalb zwar keiner Kanalisation, müssen
vielmehr noch immer das gänzlich veraltete, gesundheitswidrige
Räumungsverfahren mit Dampfpumpe und Odelfaß über uns
ergehen lassen, das nur für die Wiesen und Felder der Landwirte
ein Gewinn ist, wir können uns aber rühmen, gewiß in jedem
dritten Laus einen hoffnungsvollen Violinspieler oder einen ge-
diegenen Posaunisten oder eine Sangeskraft, sei es nun Männer-
oder Frauenstimme, zu besitzen, um die uns manche Provinzhaupt-
stadt beneiden darf. Daher denn auch die wahrhaft großzügigen,
volkserzieherischen Konzerte mit lächerlich geringen Eintritts-
preisen, indem eben der Saalvermieter schon durch das musikalische
Interesse der Einwohnerschaft und den dadurch bedingten Bier-
konsum seine auskömmliche Rechnung findet.

Amso bedauerlicher ist es, daß unserem „Wochenblatt für
jung und alt," das sich ja unleugbar bemüht, mit unserem rastlosen
Musikleben Schritt zu halten, gerade auf dem Gebiet der Konzert-
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berichterstattung immer wieder Darstel-
lungen unterlaufen, die sich als Peinlich-
ketten auswirken und den Spöttern, die
auch in unseren Mauern nicht fehlen, immer
wieder willkommenes Material zu übel-
wollenden Glossen liefern. Den Gipfel von
Angeschicklichkeit aber hat das Wochen-
blatt mit der nachfolgenden Leistung er-
klommen, die hiermit tiefer gehängt sei.

Es sollte über das letzte Konzert im
Lirschbräusaal berichtet werden, zu dem
wie immer Orchesterverein und Sänger-
runde, diese Säulen unseres polyphonen
Daseins, sich vereinigt hatten. In der
gleichen Nummer aber mußte — so wollte
es die Sensationslust von Redaktion und
Publikum — der Anfall ausführlich be-
schrieben werden, der sich im Verlauf einer
Näumungsaktion der oben erwähnten Art
in einem Lause der Lafnergasse zugetragen
hatte. Die mangelhafte Ausbildung des
Setzers nun — unser Wochenblatt arbeitet
ja ausschließlich mit halbfertigen Lehr-
lingen, verzichtet aber gleichwohl auf die
Einrichtung der Korrektur — hat Konzert
und Anfall zu einer trüben Einheit ver-
schmolzen, und das Ergebnis, in seine»
Lauptzügen wenigstens, war diese Miß-
gebürt:

„Im Laus Nr. 14 an der Lafnergasse,
der Gastwirtswitwe Apollonia Lampl ge-
hörig, sollte wieder einmal die im Los des
Anwesens gelegene Senkgrube geräumt
werden und mit begreiflicher Spannung
sahen alle Musikfreunde unserer Stadt
dem inhaltreichen Ereignis entgegen. Ihre
Erwartung wurde auch nicht getäuscht. Im
Verfolg des Anternehmens erwies es sich
jedoch als notwendig, im Schacht selbst
nachzusehen und einer der Räumungs-
arbeiter, der Taglöhner und Familien-
vater Nepomuk Lolzapsel, stieg zu diesem
Zweck pflichtgetreu in die Grube hinab.
Dazu trug mit ihrem raumsiillenden,
klangschönen Organ (Mezzosopran) Fräu-
lein Elise Niederreiter das unsterbliche Wiegenlied von Schubert,
op.98, in ihrer alle Anwesenden begeisternden Art vor. Am Klavier
saß mit längst erprobter Bravour Lerr Lehrer Kurzmüller. Aber
der Nepomuk Lolzapsel kam nicht mehr heraus, und es begab sich
deshalb in edler Opferbereitschaft der älteste Sohn der Frau Lampl
und seiner Mutter rechte Land, Lerr Christian Lampl, hinunter
in den schwarzen Schlund. Lerr Kurzmüller folgte mit dem Klavier
in diskretester Weise. Dröhnender Applaus.

„Während dieser Vorgänge stand, für jeden Menschenfreund
ein erschütternder Anblick, Frau Apollonia Lampl händeringend
da. Lier nun zeigte sich die vollendete Schulung einer wirklich
begnadeten Altstimme im hellsten Licht; denn wie Frau Buch-
bindermeister Safran das „Meeresleuchten" von Loewe zu Gehör
brachte, das muß erlebt werden, beschreiben läßt es sich nicht.
Dennoch aber ist es ungewiß, welches Ende die selbstlose Lingabe
des Christian Lampl gesunden hätte, wäre nicht plötzlich der rettende
Ruf nach Gasmasken laut geworden. Wer ihn zuerst ausgestoßen
hat, läßt sich nicht mehr feststellen; jedenfalls aber wurde dieses
neuzeitliche Schutzmittel sofort aus der Polizeiwache herbeige-
bracht. Mit ihm ausgerüstet, gab Frau Safran noch Mendelssohns
wunderbares „Liebesplähchen" als Extraleistung den dankbaren
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sie können mir glauben, gnädiges Fräulein, als junger Mann bin ich auch mal Rekordzeit geschwommen!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 175.1931, Nr. 4487, S. 70
 
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