Zeichnung von E. Croissant
„Ja — Wie riecht denn das? Da Hab' ich wohl wieder mal aus Versehen die Kar-
toffeln mit Skiwachs geschmolzen?"
Nicht immer nur ein Problem Von »ieronymus Jobs
Ein genialischer Schneider und ein alltäglicher Maurer, der
allerdings gelegentlich und aushilfsweise bei der Stadtkapelle
mitblasen darf, sind nur schwer unter einen Lut zu bringen. And
der Josef Zistler in Laslach, Krautstraße 13, ist ein solcher
Schneider, und der Jakob Schröpf ein solcher Maurer. Verschärft
aber werden die Gegensätze noch durch die für den nächsten Tag
bevorstehende Ankunft des Lerrn Regierungspräsidenten in Las-
lach; denn der hohe Besuch bedeutet für den Schneider Zistler
Kundenandrang und Arbeitshäufung, während andrerseits der
Gelegenheitsbläser Schröpf auf diese Aeberlastung keine Rücksicht
nehmen kann, sondern auf pünktlicher Lieferung der in Auftrag
gegebenen Stücke bestehen muß.
166
Die Nähmaschine im Schneider-
Häusel surrt und saust, der Kanarien-
vogel schreit, das Kind in der Wiege
plärrt, die einzige gewerbliche Lilfs-
kraft, der Lehrbub nämlich, ist wieder
einmal nicht da, und in diesem aufre-
genden Durcheinander klopft es jetzt auch
noch zu allem Aeberfluß. „Lerrrein!"
schreit der Schneider Zistler, und der
Maurer Schröpf tritt ein.
„Sie wünschen?" fragt der in seinem
Werk gestörte Meister fremd und kalt.
„Dös machen Sie scho guat! ,Sie
wünschen?' Mei Gwand wünsch i."
„Ihr Gwand? Ich mach kein Gwand.
Das merken S' Ihnen, Lerr Schröpf!
Ich stelle Anzüge her."
„Aber Sie san doch a Schneider."
„Zwischen Schneider und Schneider
ist ein Riesenunterschied. Das merken
S' Ihnen noch dazu, Lerr Schröpf! —
Sie wünschen?"
„Ja Teufel noch amal. Sie Hamm
mich doch selber herbstellt! damit i die
Joppen noch amal probier. Weil sie das
erstemal so zogen hat."
„Was hat s'?"
„Zogen hat s'" — und der Schröpf-
Iackl demonstriert den zu engen Sitz
über der Brust — „zogen, daß mir gleich
der Schnaufer ausgangen is."
„Sie wollen sagen, die Joppe war
Ihnen zu wenig lescher. Das hätten Sie
eben gleich bemerken sollen. Ich kenne
Ihren Geschmack nicht."
„Aber mei Maß kennen S'."
„Das Maß, Äerr Schröpf, ist für
vornehme Fa^on Nebensache."
„And daß i nöt derstick, is für mi
d' Lauptsach."
„Weil Sie nicht wissen, was elegant
ist."
„I woatz 's scho; aber iatz möcht i
halt mei Joppen probieren."
„Das können Sie nicht."
„Warum nöt?"
„Weil sie sich noch bei meinem Per-
sonal in Arbeit befindet."
„Ja, Äerrgott, und i brauch s' ja
morgen! Oder soll i vielleicht vorm
Lerrn Regierungspräsidenten in dem
Klüfte! da mitblasen?"
„Kommen Sie abends wieder! Die
Joppe steht dann zu Ihrer Verfügung."
„Wenn 's gewiß is. And was is 's nachher mit meiner
Steirischen Losen?"
„Ist fertig und schaut gewendet wie neu aus." And der Mei-
ster sucht aus einem wirren Lausen von Kleidern die hellgraue
Lose heraus und entfaltet sie.
„Gott sei Lob und Dank!" sagt der Schröpf-Iackl mit Innigkeit.
„Nur die grünen Streifen brauchen noch aufnähen."
„San S' halt so guat, ja! Denn wissen S': der Regierungs-
präsident, der schaut sich seine Leut an, sagen s', genau, und —
ich kann nöt wegbleiben; denn . . ."
Aber der Meister fällt ihm ins Wort. „And wissen Sie noch
was," sagt er, „Lerr Schröpf? Ich schau mir ebenfalls meine
„Ja — Wie riecht denn das? Da Hab' ich wohl wieder mal aus Versehen die Kar-
toffeln mit Skiwachs geschmolzen?"
Nicht immer nur ein Problem Von »ieronymus Jobs
Ein genialischer Schneider und ein alltäglicher Maurer, der
allerdings gelegentlich und aushilfsweise bei der Stadtkapelle
mitblasen darf, sind nur schwer unter einen Lut zu bringen. And
der Josef Zistler in Laslach, Krautstraße 13, ist ein solcher
Schneider, und der Jakob Schröpf ein solcher Maurer. Verschärft
aber werden die Gegensätze noch durch die für den nächsten Tag
bevorstehende Ankunft des Lerrn Regierungspräsidenten in Las-
lach; denn der hohe Besuch bedeutet für den Schneider Zistler
Kundenandrang und Arbeitshäufung, während andrerseits der
Gelegenheitsbläser Schröpf auf diese Aeberlastung keine Rücksicht
nehmen kann, sondern auf pünktlicher Lieferung der in Auftrag
gegebenen Stücke bestehen muß.
166
Die Nähmaschine im Schneider-
Häusel surrt und saust, der Kanarien-
vogel schreit, das Kind in der Wiege
plärrt, die einzige gewerbliche Lilfs-
kraft, der Lehrbub nämlich, ist wieder
einmal nicht da, und in diesem aufre-
genden Durcheinander klopft es jetzt auch
noch zu allem Aeberfluß. „Lerrrein!"
schreit der Schneider Zistler, und der
Maurer Schröpf tritt ein.
„Sie wünschen?" fragt der in seinem
Werk gestörte Meister fremd und kalt.
„Dös machen Sie scho guat! ,Sie
wünschen?' Mei Gwand wünsch i."
„Ihr Gwand? Ich mach kein Gwand.
Das merken S' Ihnen, Lerr Schröpf!
Ich stelle Anzüge her."
„Aber Sie san doch a Schneider."
„Zwischen Schneider und Schneider
ist ein Riesenunterschied. Das merken
S' Ihnen noch dazu, Lerr Schröpf! —
Sie wünschen?"
„Ja Teufel noch amal. Sie Hamm
mich doch selber herbstellt! damit i die
Joppen noch amal probier. Weil sie das
erstemal so zogen hat."
„Was hat s'?"
„Zogen hat s'" — und der Schröpf-
Iackl demonstriert den zu engen Sitz
über der Brust — „zogen, daß mir gleich
der Schnaufer ausgangen is."
„Sie wollen sagen, die Joppe war
Ihnen zu wenig lescher. Das hätten Sie
eben gleich bemerken sollen. Ich kenne
Ihren Geschmack nicht."
„Aber mei Maß kennen S'."
„Das Maß, Äerr Schröpf, ist für
vornehme Fa^on Nebensache."
„And daß i nöt derstick, is für mi
d' Lauptsach."
„Weil Sie nicht wissen, was elegant
ist."
„I woatz 's scho; aber iatz möcht i
halt mei Joppen probieren."
„Das können Sie nicht."
„Warum nöt?"
„Weil sie sich noch bei meinem Per-
sonal in Arbeit befindet."
„Ja, Äerrgott, und i brauch s' ja
morgen! Oder soll i vielleicht vorm
Lerrn Regierungspräsidenten in dem
Klüfte! da mitblasen?"
„Kommen Sie abends wieder! Die
Joppe steht dann zu Ihrer Verfügung."
„Wenn 's gewiß is. And was is 's nachher mit meiner
Steirischen Losen?"
„Ist fertig und schaut gewendet wie neu aus." And der Mei-
ster sucht aus einem wirren Lausen von Kleidern die hellgraue
Lose heraus und entfaltet sie.
„Gott sei Lob und Dank!" sagt der Schröpf-Iackl mit Innigkeit.
„Nur die grünen Streifen brauchen noch aufnähen."
„San S' halt so guat, ja! Denn wissen S': der Regierungs-
präsident, der schaut sich seine Leut an, sagen s', genau, und —
ich kann nöt wegbleiben; denn . . ."
Aber der Meister fällt ihm ins Wort. „And wissen Sie noch
was," sagt er, „Lerr Schröpf? Ich schau mir ebenfalls meine
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ja - wie riecht denn das?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 175.1931, Nr. 4493, S. 166
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg