Zeichnung von I. Mauder
Silvester „Gefällt mir riesig bei Ihnen, meine Lerrschaften! Aber sagen Sie offen:
warum haben Sie mich eingeladen? Ich bin doch 'n simpler Metzgermeister."
„Ja, sehen Sie, Lerr Pannicke: heute nacht brauchen wir jemand, der 'ne Ahr hat."
Korrektur der Gefühle
Als er lijette kennen lernte,
(Venn jo hieß sie, und er hieß Hans)
Va dichtete er einen Llederkranz
Und nannte ihn: An die Lntjernte.
Zwar ein Verleger war nicht aufzutuen,
(Darüber war der gute Hans ganz platt)
Dafür ließ sie's an ihrem Bujen ruhen,
Dbgleich fle's ditto nicht gelesen hat.
Und das war schade, denn die Widmung war
von Poesie getränkt und wunderbar:
Zch hol dir die Sterne vom Himmelszelt,
Ich leg dir zu Mßen die ganze Welt,
Zch trag dich auf Händen, wenn du magst,
Zch schenk dir den Mond, wenn du es sagst,
Zch mach dir aus Rosen ein duftendes Bett,
Wenn du nur die meine wirst, klsett!
Lr war ein Dichter, und sie war ein Nalweib.
Vas Standesamt war Dienstag, i o Uhr früh —
Doch nicht mal Raffee kochen konnte sie
Und war durchaus nicht jenes Zdealweib.
Rahm er jetzt seine Qedermanuskrlpte
Und las: An die Lntjernte!, rief er: Ha I
Daß ich [o grenzenlos daneben tippte!
Sle ist nicht zu entfernt, sie ist zu nah.
Und seinen MI zog er mit Schleunigkeit
Und korrigierte eine Kleinigkeit:
Zch hol dir die Sterne vom Himmelszelt,
Zch leg dir zu 8üßen die ganze Welt, .
Zch trag dich auf Händen, wenn du magst,
Zch schenk dir den Mond, wenn du es sagst,
Zch mach dir aus Rosen ein duftendes Bett,
Wenn du nicht die meine wärst, lisett!
Raama du'rl
Gesichert
„Eben entdecke ich, daß ich meinen Regen-
schirm in der Straßenbahn stehen ließ."
„Den kriegst du wiederI"
„Kennst du die Leute, die mit uns
fuhren?"
„Nein, aber ich kenne den Regenschirm."
Das Schönste auf der Welt
Von Glrg Gildertch
Im Weinbeißel „Zur guten Stunde" bechert eine lustige
Gesellschaft, Lerren und Damen bunt durcheinander, und es ist
schon spät. Sähe man es nicht an der großen Uhr über der Tür, so
merkte man es umso eindringlicher an dem Kompliment des Be-
zirkstierarztes, der als der erste sich erhebt, seine umfassende
Abschiedsverbeugung aber, an der Gesellschaft vorbei, gegen den
nächsten Tisch richtet, an dem kein Mensch sitzt. „Verschwenden
Sie nicht so leichtfertig Ihre weltmännischen Komplimente!" mahnt
deshalb der Amtsrichter Kühl, dem das Entmündigungsverfahren
obliegt. „Ans hier hätte Ihr letzter Gruß geehrt, und dort er-
widert ihn niemand. And nichts ist bedauerlicher als ein ver-
lorenes Kompliment in einer an ritterlichen Amgangsformen ohne-
hin so armen Zeit." Der Bezirkstierarzt indes, schon vollauf mit
seiner Steuerung und Kurshaltung beschäftigt, ja, überlastet, sagt
nichts darauf, sondern dampft ab.
406
Als nach einer Stunde die ganze Gesellschaft aufbricht, stellt
es sich heraus, daß der Bezirkstierarzt seinen Mantel mit dem
des Amtsrichters verwechselt und solcherweise den richterlichen
Lausschlüssel mitgenommen hat, und daß dadurch der Amtsrichter
aus seinem trauten Leim ausgesperrt ist, so es ihm nicht glückt,
des Schlüssels alsbald habhaft zu werden. Zu diesem Zwecke
wird aus dem Beißel Matthias, der Lausknecht, nach der tier-
ärztlichen Wohnung dirigiert, und dem tatkräftigen Charakter
gelingt es auch nach längerer Frist, den Bezirkstierarzt aus dem
Bett zu schellen. Wie eine Traumgestalt, die in den Sternen ihr
Schicksal lesen will, erscheint endlich der Tierarzt am Fenster und
hört etwas von „Kühl" und von „ka it" und „sich nit zu helfe
wisse" und fragt, ob der Störung höchst ungehalten, hinab: „Wo
kalbt die Kuh?", woraus der Lausknecht berichtigend von einem
Mantel und einem Lausschlüssel zu erzählen anhebt, der Tierarzt
Silvester „Gefällt mir riesig bei Ihnen, meine Lerrschaften! Aber sagen Sie offen:
warum haben Sie mich eingeladen? Ich bin doch 'n simpler Metzgermeister."
„Ja, sehen Sie, Lerr Pannicke: heute nacht brauchen wir jemand, der 'ne Ahr hat."
Korrektur der Gefühle
Als er lijette kennen lernte,
(Venn jo hieß sie, und er hieß Hans)
Va dichtete er einen Llederkranz
Und nannte ihn: An die Lntjernte.
Zwar ein Verleger war nicht aufzutuen,
(Darüber war der gute Hans ganz platt)
Dafür ließ sie's an ihrem Bujen ruhen,
Dbgleich fle's ditto nicht gelesen hat.
Und das war schade, denn die Widmung war
von Poesie getränkt und wunderbar:
Zch hol dir die Sterne vom Himmelszelt,
Ich leg dir zu Mßen die ganze Welt,
Zch trag dich auf Händen, wenn du magst,
Zch schenk dir den Mond, wenn du es sagst,
Zch mach dir aus Rosen ein duftendes Bett,
Wenn du nur die meine wirst, klsett!
Lr war ein Dichter, und sie war ein Nalweib.
Vas Standesamt war Dienstag, i o Uhr früh —
Doch nicht mal Raffee kochen konnte sie
Und war durchaus nicht jenes Zdealweib.
Rahm er jetzt seine Qedermanuskrlpte
Und las: An die Lntjernte!, rief er: Ha I
Daß ich [o grenzenlos daneben tippte!
Sle ist nicht zu entfernt, sie ist zu nah.
Und seinen MI zog er mit Schleunigkeit
Und korrigierte eine Kleinigkeit:
Zch hol dir die Sterne vom Himmelszelt,
Zch leg dir zu 8üßen die ganze Welt, .
Zch trag dich auf Händen, wenn du magst,
Zch schenk dir den Mond, wenn du es sagst,
Zch mach dir aus Rosen ein duftendes Bett,
Wenn du nicht die meine wärst, lisett!
Raama du'rl
Gesichert
„Eben entdecke ich, daß ich meinen Regen-
schirm in der Straßenbahn stehen ließ."
„Den kriegst du wiederI"
„Kennst du die Leute, die mit uns
fuhren?"
„Nein, aber ich kenne den Regenschirm."
Das Schönste auf der Welt
Von Glrg Gildertch
Im Weinbeißel „Zur guten Stunde" bechert eine lustige
Gesellschaft, Lerren und Damen bunt durcheinander, und es ist
schon spät. Sähe man es nicht an der großen Uhr über der Tür, so
merkte man es umso eindringlicher an dem Kompliment des Be-
zirkstierarztes, der als der erste sich erhebt, seine umfassende
Abschiedsverbeugung aber, an der Gesellschaft vorbei, gegen den
nächsten Tisch richtet, an dem kein Mensch sitzt. „Verschwenden
Sie nicht so leichtfertig Ihre weltmännischen Komplimente!" mahnt
deshalb der Amtsrichter Kühl, dem das Entmündigungsverfahren
obliegt. „Ans hier hätte Ihr letzter Gruß geehrt, und dort er-
widert ihn niemand. And nichts ist bedauerlicher als ein ver-
lorenes Kompliment in einer an ritterlichen Amgangsformen ohne-
hin so armen Zeit." Der Bezirkstierarzt indes, schon vollauf mit
seiner Steuerung und Kurshaltung beschäftigt, ja, überlastet, sagt
nichts darauf, sondern dampft ab.
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Als nach einer Stunde die ganze Gesellschaft aufbricht, stellt
es sich heraus, daß der Bezirkstierarzt seinen Mantel mit dem
des Amtsrichters verwechselt und solcherweise den richterlichen
Lausschlüssel mitgenommen hat, und daß dadurch der Amtsrichter
aus seinem trauten Leim ausgesperrt ist, so es ihm nicht glückt,
des Schlüssels alsbald habhaft zu werden. Zu diesem Zwecke
wird aus dem Beißel Matthias, der Lausknecht, nach der tier-
ärztlichen Wohnung dirigiert, und dem tatkräftigen Charakter
gelingt es auch nach längerer Frist, den Bezirkstierarzt aus dem
Bett zu schellen. Wie eine Traumgestalt, die in den Sternen ihr
Schicksal lesen will, erscheint endlich der Tierarzt am Fenster und
hört etwas von „Kühl" und von „ka it" und „sich nit zu helfe
wisse" und fragt, ob der Störung höchst ungehalten, hinab: „Wo
kalbt die Kuh?", woraus der Lausknecht berichtigend von einem
Mantel und einem Lausschlüssel zu erzählen anhebt, der Tierarzt
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Silvester"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 175.1931, Nr. 4508, S. 406
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg