Zeichnung von I. Mauder
„Bitte, mein Lerr, Sie stören mich gar nicht. Ich steige ohnehin gleich in Pusterberg aus."
„O, das tut mir aber leid!"
„Diese Bemerkung ist nicht angebracht, mein Lerr."
„Ich meinte: leid für Gnädigste-weil Pusterberg ein abscheuliches Nest ist."
Strenge
Unser Postamt hat von
12 bis 2 Ahr Mittagspause.
Punkt 12 schließt ein Be-
amter die Tür ab und war-
tet dann, um die schon vor-
her erschienenen, aber noch
erst abzufertigenden Post-
kunden einen nach dem an-
dern hinauszulaffen. Aber
hinein läßt er keinen Men-
schen mehr.
Neulich hatte ich eine
Minute vor 12 das Post-
amt verlassen. Drei Mi-
nuten später fiel mir ein,
daß ich meinen schönen
Füllhalter vergessen hatte.
Ich raste zurück. Aber die
Tür war geschlossen, und
dahinter stand der Beamte
und sah mich durch die Glas-
scheibe abweisend an.
„Ich will gar nicht an
einen Schalter," rief ich.
„Bitte, machen Sie mal
auf! Ich habe meinen Füll-
halter liegen lassen — —
aufdem ersten Pultrechts."
Der Mann verließ sei-
nen Posten, ging an das
Pult und kam mit meinem
noch glücklich geretteten
Füllhalter zurück. Er hielt
ihn dichtan die Glasscheibe.
„Jawohl, das ist er.
Geben Sie ihn doch her!"
Jetzt mußte er gerade
den letzten abgesertigten
Kunden hinauslassen. Er
ließ ihn durch die nur knapp
geöffnete Tür sich hinaus-
winden. And dabei rief er
mir zu: „Am 2 wird wieder
aufgemacht-da können
Sie ihn abholen." —on.
Die gute Führung
Von Alfred Manns
Eduard Klawuttke saß an einem wackligen Tisch im Bar-
raum des King ok England, zu Lameggtvwn, Zentralkanada. Er
hatte den rechten Ellbogen auf den Tisch gestemmt und den Kopf
in die Land gelegt.
Eduard war verzagt, recht gründlich verzagt; denn er war
soeben, nach vierwöchentlicher Last, aus dem Bezirksgefängnis
entlassen worden. Natürlich hatte er kein schweres Verbrechen
begangen, nur einen zerbrochenen Fünfminutenwecker unter einem
mittelgroßen, etwas nervösen Lunde befestigt und dann beide,
Wecker wie Lund, ablaufen lassen. Der Lund hatte dann eine
Wäscherin beschädigt, einen Briefträger umgerannt, und war
darauf in einem Eierkorb gelandet, dessen Inhalt der Wecker zu
Rührei verarbeitete.
Es hatte einen ziemlich beachtlichen Aufruhr gegeben, der
Eduard indessen leider nur vier Wochen Last einbrachte. —
70
Leider? Jawohl; denn Eduard hatte Leimweh nach Deutschland.
— Erklärung folgt später.
Eduard war überhaupt ein Pechvogel. Zwar hatte man es
ihm leicht gemacht, sich als blinder Passagier in Lamburg an
Bord eines Canadian Pacific Dampfers einzuschmuggeln. Aber
gleich auf der Reede von Cuxhaven zog ihn der Bootsmann
grinsend aus seinem Versteck und verprügelte ihn lebhaft. Worauf
er ihn einem Leizer als Trimmer ohne Gehalt übergab.
Nun, auch diese Reise ging vorüber.
In Lalifax drückte der Maschinist Eduard einen Dollar in
die Land. „Ich wünsche viel Vergnügen in Kanada."
Zwei Jahre war Eduard nun in dem von den Agenten der
Canadian Pacific vielgelobten Lande. Das Anternehmen war ein
Reinfall. Nichts von dem, was der Agent in der Lamburger
Lafenkneipe „Zum vergnügten Lein" erzählte, entsprach den
„Bitte, mein Lerr, Sie stören mich gar nicht. Ich steige ohnehin gleich in Pusterberg aus."
„O, das tut mir aber leid!"
„Diese Bemerkung ist nicht angebracht, mein Lerr."
„Ich meinte: leid für Gnädigste-weil Pusterberg ein abscheuliches Nest ist."
Strenge
Unser Postamt hat von
12 bis 2 Ahr Mittagspause.
Punkt 12 schließt ein Be-
amter die Tür ab und war-
tet dann, um die schon vor-
her erschienenen, aber noch
erst abzufertigenden Post-
kunden einen nach dem an-
dern hinauszulaffen. Aber
hinein läßt er keinen Men-
schen mehr.
Neulich hatte ich eine
Minute vor 12 das Post-
amt verlassen. Drei Mi-
nuten später fiel mir ein,
daß ich meinen schönen
Füllhalter vergessen hatte.
Ich raste zurück. Aber die
Tür war geschlossen, und
dahinter stand der Beamte
und sah mich durch die Glas-
scheibe abweisend an.
„Ich will gar nicht an
einen Schalter," rief ich.
„Bitte, machen Sie mal
auf! Ich habe meinen Füll-
halter liegen lassen — —
aufdem ersten Pultrechts."
Der Mann verließ sei-
nen Posten, ging an das
Pult und kam mit meinem
noch glücklich geretteten
Füllhalter zurück. Er hielt
ihn dichtan die Glasscheibe.
„Jawohl, das ist er.
Geben Sie ihn doch her!"
Jetzt mußte er gerade
den letzten abgesertigten
Kunden hinauslassen. Er
ließ ihn durch die nur knapp
geöffnete Tür sich hinaus-
winden. And dabei rief er
mir zu: „Am 2 wird wieder
aufgemacht-da können
Sie ihn abholen." —on.
Die gute Führung
Von Alfred Manns
Eduard Klawuttke saß an einem wackligen Tisch im Bar-
raum des King ok England, zu Lameggtvwn, Zentralkanada. Er
hatte den rechten Ellbogen auf den Tisch gestemmt und den Kopf
in die Land gelegt.
Eduard war verzagt, recht gründlich verzagt; denn er war
soeben, nach vierwöchentlicher Last, aus dem Bezirksgefängnis
entlassen worden. Natürlich hatte er kein schweres Verbrechen
begangen, nur einen zerbrochenen Fünfminutenwecker unter einem
mittelgroßen, etwas nervösen Lunde befestigt und dann beide,
Wecker wie Lund, ablaufen lassen. Der Lund hatte dann eine
Wäscherin beschädigt, einen Briefträger umgerannt, und war
darauf in einem Eierkorb gelandet, dessen Inhalt der Wecker zu
Rührei verarbeitete.
Es hatte einen ziemlich beachtlichen Aufruhr gegeben, der
Eduard indessen leider nur vier Wochen Last einbrachte. —
70
Leider? Jawohl; denn Eduard hatte Leimweh nach Deutschland.
— Erklärung folgt später.
Eduard war überhaupt ein Pechvogel. Zwar hatte man es
ihm leicht gemacht, sich als blinder Passagier in Lamburg an
Bord eines Canadian Pacific Dampfers einzuschmuggeln. Aber
gleich auf der Reede von Cuxhaven zog ihn der Bootsmann
grinsend aus seinem Versteck und verprügelte ihn lebhaft. Worauf
er ihn einem Leizer als Trimmer ohne Gehalt übergab.
Nun, auch diese Reise ging vorüber.
In Lalifax drückte der Maschinist Eduard einen Dollar in
die Land. „Ich wünsche viel Vergnügen in Kanada."
Zwei Jahre war Eduard nun in dem von den Agenten der
Canadian Pacific vielgelobten Lande. Das Anternehmen war ein
Reinfall. Nichts von dem, was der Agent in der Lamburger
Lafenkneipe „Zum vergnügten Lein" erzählte, entsprach den
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bitte, mein Herr, Sie stören mich gar nicht."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 176.1932, Nr. 4514, S. 70
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg