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Liebhabertheaker

Kosten ihres edelmütigen Beschützers. Mit Grimm sah der
auf den Boden gebettete Ludwige daß Anneliese kein Auge
vom glühenden Gesicht Ariberts wendete und ihm verzückt
nachsah, als er mit erhobenem Schwert „ab durch die Mitte"
davonstampfte. Sie vergaß sogar, sich mit der von der Regie
verlangten innigen Bewegung zu dem Verwundeten nieder-
zubeugen, und stimmte stattdeffen begeistert in den Beifall
ein, der Lerrn Zackig nach seinem Abgang spontan von
den Kollegen dargebracht wurde. Ohne ein Wort zu sagen,
erhob sich Ludwig und ging in die Garderobe, um sich für
den Einakter Ariberts umzukleiden. Während er das histo-
rische Kostüm ablegte, verglich er im Geiste die Rolle, die
sich der Autor selbst geschrieben hatte, mit der von ihm
übernommenen und sah mit einemmale, daß auch die
„Stimme des Äerzens" ganz darauf angelegt war, wieder
den dämonischen Ariberk auf Kosten des gutmütigen Ludwig
triumphieren zu lassen. Zwar spielte diesmal Anneliese nicht
mit, aber es war vielleicht noch weit schlimmer, wenn sie
vom Parkett aus dem Spiel folgte. And wie raffiniert war
das von Zackig gemacht! Er kommt erst gegen Schluß auf
die Bühne und erobert im Sturm die entzückende Dame,
die durch ein Inserat ihr entlaufenes Äündchen sucht, nach-
dem mehr oder weniger trottelhafte Vorgänger sich nur
lächerlich gemacht haben bei dem Versuch, sich der Schönen
auf diele Weise endlich zu nähern. Wie sich Aribert dabei
ins beste Licht zu stellen weiß, war einfach unverschämt!

Aber für diesmal war es zu spät. Energische Zurufe dräng-
ten Ludwig schon wieder auf die Bühne. Trotz seiner Ver-
stimmung klappte die Probe. Der Einakter war rasch ge-
spielt, die Teilnehmer gingen heim. Anneliese von ihren
beiden Getreuen und einem Vetter Ludwigs begleitet, frei-
lich unterhielt sie heute nur Äerr Zackig. Der junge Boll-
mann sprach nichts und verabschiedete sich sehr schnell, als
man vor der Villa Lentschel angekommen war. Man sah sich erst
am nächsten Tage auf der Bühne wieder.

Die Aufregung unter den Mimen war groß. Äerr Zackig
schrie laut nach einem Friseur und hielt ein koloriertes Blatt in
der Land, das einen Ritter mit dichtestem Vollbartgestrüpp ab-
bildete, und er schwor, daß man ihn nicht auf die Bühne brächte,
bis er ganz den gleichen Bartwuchs im Gesicht hätte. Wer weiß,
ob der vielbeschäftigte Theaterfriseur auf diesen Sonderwunsch
hätte einqehen können, aber zum Glück zeigte der Vetter Ludwig

„Es ist aber zwecklos, Tante Paula, wenn du jetzt immerzu
sprichst, denn ich kann doch keinen Tonfilm aufnehmen!"

Bollmanns aufrichtiges Verständnis für die eminente Bedeutung
dieser Laartracht für den Erfolg des Abends und zog den zu
vermännlichenden Heldendarsteller gleich in eine ruhige Ecke der
Garderobe. Die Zweifel Ariberts, ob er sich damit auch wirklich
sachverständigen Länden anvertraute, wurden von einigen an-
wesenden Mitspielern durch die Auskunft zerstreut, daß sich eben
dieser Vetter regelmäßig in dieser Weise um den Verein ver-
dient zu machen pflegte. Tatsächlich brachte die große Ausdauer
des jungen Mannes einen so wunderschönen Vollbart zusammen,
daß der anspruchsvolle Lerr Zackig zufrieden davon
stolzieren konnte, um hinter einer Kulisse auf sein Stich-
wort zu warten. Er ahnte nicht, daß der hilfsbereite
Vetter inzwischen Ludwig Bollmann strahlend zuflüsterte:
„Alles ganz nach Wunsch gegangen, Ludwig!" Irgend
ein Verdacht stieg in dem bärtigen Junker auch noch
nicht auf, als unter seiner Bartwolle allmählich ein recht
lästiges Ziehen und Brennen begann. Wie alle Be-
teiligten übertraf er sich an diesem Abend selbst und ver-
half dem Stück zu einem unerwartet großen Erfolg.
Als aber nach unzähligen Lervorrufen sich die Schau-
spieler endlich für die „Stimme des Lerzens" zurecht
machten und der Theaterfriseur dem woll- und voll-
bärtigen Rittersmann erklären mußte, daß unvcrständ-
licherweise die für den Bart verwendete Klebelösung so
stark gewesen sei, daß sie mindestens erst 4 bis 5 Stunden
aufgeweicht werden müßte, bis sie wieder entfernt wer-
den könnte, da fand der völlig geschlagene Leld keine
Worte und ließ nur seine dunklen Augen fragend von
einem zum andern gehen. Am längsten sah er seinen
Gegenspieler Ludwig Vollmann an. Aber der erkundigte
sich ganz sachlich, ob der Bart sich nicht zunächst ab-
schneiden und dann noch abrasieren ließe. „Mal sehen,

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Es ist zwecklos, Tante Paula ..." "Besorgt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Franz
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1931
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 176.1932, Nr. 4526, S. 263

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