Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
(Sin gutmütiger Patient

Eine Woche später wog der Vetter Christian 120 Pfund —
aber nur für de» Dr. Linsenbarth, der keine Waage besaß. Bei
dem Krämer, dem er jetzt Gläser mit Mixedpickles und ähnliche
Sachen abkaufte, waren es leider 113 Pfund geblieben. „Wer
21 gesagt hat, muß auch B sagen," entschuldigte sich der Vetter
Christian. „Jetzt ist es zu spät. Jetzt kann ich dem Dr. Linsenbarth
nicht mehr sagen, daß ich eine kleine Gewichtserhöhung fingiert
habe. Jetzt würde er nicht allein enttäuscht sein, daß seine Kur nicht
so gewirkt hat, wie er gedacht hat — jetzt würde er sich vielleicht
verulkt Vorkommen. Er könnte mir das mit Recht Übel nehmen;
das wäre ja beleidigend für den vortrefflichen Mann. Allerdings
werde ich jetzt nicht mehr so viel zulegen, nur bis 123 Pfund im
ganzen werde ich gehen; das find dann 10 Pfund Zunahme. Ganz
recht wird das dem Dr. Linsenbarth nicht sein, denn er hat ja von
20 Pfund gesprochen, aber da kann ich ihm nicht helfen."

Sehr energisch sprach der Vetter Christian das freilich nicht;
es tat ihm doch leid, daß er dem Dr. Linsenbarth die erhoffte
Freude nicht in vollem Maße bereiten konnte. Aber der hätte
an 20 Pfund auch wohl gar nicht geglaubt, denn die hätte er
ja dem Patienten schon äußerlich anmerken müssen.

1- *

*

„Leute ist Schluß I" rief der Vetter Christian zu mir hinauf,
als er zur Empfangnahme der letzten Spritze zu Dr. Linsenbarth
inarschierte. Er sah so lustig dabei aus, als trüge er wirklich in
Gestalt von Muskelsubstanz und Speck jenes Gewicht am Leibe,
das heute als das Resultat einer einigermaßen erfolgreichen
Kur in die medizinischen Annalen des Dr. Linsenbarth eingetragen
werden sollte. Aber es war mehr die Freude, daß er nun endlich
fruchtloser Bemühungen ledig werden würde. Er mochte auch
nicht mehr zu dem Krämer mit der Dezimalwaage gehen, da dieser
Mann, weil er jedesmal ein Geschäft dabei machte, es für ange-
zeigt gehalten hatte, dem Vetter Christian ein mit jedem Tage
steigendes Bedauern darüber auszusprechen, daß es immer und
immer nur bei 113 Pfund bliebe. Das mochte der Dezimalwaagen-
kunde natürlich nicht hören.

Eine gute halbe Stunde später schellte es drei- oder viermal
bei mir, höchste Angeduld des Einlaß Begehrenden verratend. Der
Vetter Christian wankte herein, schwer nach Luft ringend. „Ent-
schuldige, ich muß mich sofort lang ausstrecken, ganz lang.-

Ah, das tut wohl!-Ich dachte schon, ich würde gar nicht

mehr bis zu dir hinaufkommen. Mir ist ja hundserbärmlich zu
Mute; ich glaube, ich gehe kaputt. O weh, o weh!"

Ich bekam Angst um Vetter Christian. „Was hat denn der
Mensch mit dir angestellt?"

„Gar nichts hat er angestellt. Aber bitte, sage nicht: Mensch!
Der Dr. Linsenbarth ist kein Mensch. Oder vielmehr: er ist natür-
lich einer, aber nicht in dem von dir gemeinten Sinne, sondern
ei» braver, sehr freundlicher Mensch, der es gut mit mir gemeint
hat. Ich habe was angestellt. Ich mußte was anstellen, und es
war in dem Augenblick auch das einzig Zweckmäßige. Ich bin
sogar glücklich, daß ich es habe anstellen können, daß mir der Ge-
danke gekommen ist. Es wird bald besser werden, es wird vorüber
gehen-o weh, o weh!"

„Soll ich einen Arzt holen?" fragte ich.

„Spotte nicht! Du wirst gleich hören, was los ist. Ich muß
nur immer wieder nach Luft schnappen. Es muß am Zwerchfell
liegen. Das ist jedenfalls furchtbar angespannt, weil mein Bauch
-o weh, o weh! Also paß' auf!

Ich trete bei Dr. Linsenbarth ein und verkünde: ,123 Pfund,
Lerr Doktor!'

DerDr. Linsenbarth lächelt.,Vielleicht wird es noch eine Kleinig-
keit mehr sein. Wir werden jetzt einmal Ihr Gewicht bis aufs Gramm
seststellen. Denn nun sehen Sie mal, was da in der Ecke steht!'

Ich sehe in die Ecke, ich erstarre, ich möchte am liebsten eine
Ohnmacht simulieren, was aber natürlich nicht geht, denn ich bin
ja bei einem Arzt, und der nimmt dann womöglich gleich die
Kampferspritze. Was steht in der Ecke? Eine Waage, eine römische
Waage. So nennt man doch die Dinger mit dem Balken, denke
ich. Der Dr. Linsenbarth hat sich nun also doch eine Waage an-
geschafft und scheint sehr glücklich darüber zu sein. Ich gönne ihm
ja, daß er glücklich sei, aber er hätte es aus allen möglichen
anderen Gründen sein sollen, nur nicht wegen der Waage. Ich
weiß nicht, was solch eine Waage kostet, aber im Augenblick bin
ich der Meinung, daß sie viel, viel zu billig gewesen sei. Tausende
von Mark müßte solch eine Waage kosten, dann hätte sich der
Dr. Linsenbarth »och lange keine anschaffen können. Aber da steht
nun das Luder, und was werde ich nun anfangen, wen» mich
der Dr. Linsenbarth ersuchen wird, hinaufzusteigen? Die Waage
kommt mir wie ein Blutgerüst vor, auf das ich geführt werden soll.

Da klingelt der Fernsprecher. Der ist zum Glück im Neben-
zimmer. D«. Linsenbarth entschuldigt und entfernt sich. Ich über-
lege, was ich tun soll. Blitzschnell, wie man zu sagen pflegt,
überlege ich. Soll ich ein paar stählerne Instrumente hinunter-
schlingen, Zangen und solche Sachen? Aber das geht nicht; sowas
kriege ich ja nicht hinunter — — es wird ja oft init eßbare»
Sachen schon schwer genug. Wie kann ich mir sonst ein gehöriges

Gewicht einverleiben? Da-ja, da ist der Waschtisch mit

der Wasserleitung. Ich stürze schleichend oder schleiche stürzend
darauf zu, drehe mit zitternder Land den Kran auf und trinke,

Enthaarungs-Kristall „Neuheit!

11

beseitigt uner-
wünscht. Haarwuchs
an jeder Körperstelle
in 2 Minuten. Die au-
genblickliche, ange-
nehme, schmerzlose
Beseitigung d. Haare
ist geradezu verblüf-
fend. Während .bei
den bisherigen Me-
thoden der Haar-
wuchs leider immer
stärker wurde, macht
das „Enthaarungs-
Kristall“ die verein-
zelt nachwachsenden
Härchen systematisch
dünn wie ein Hauch,
hell und farblos, bis
sie ganz verschwun-
den sind. Preis des

,, Enthaarungs-Kri-
stalls“ einschließ-
lich Zubehör Mk.

3.80. Postversand im
Jäckchen sof. von der

•.ETA“ Chemisch tedin.

Fabrik GmbH., Berlin-
Pankow 122,

Borhumstraße 2 _

Bei Anfragen und Bestellungen beziehe man sich
gefl. auf die Fliegenden Blätter.

Die Gesundheit (Dieder erlangt.

R. K. in E. schreibt: „Seit über ein Jahr nehme ich Silphoscalin-Tabletten
gegen mein Lungenleiden und möchte Ihnen heute meinen Dank aussprechen.
Sie haben mir mit Ihrem Präparat meine Gesundheit wieder verschafft.“ —
Durch das ärztlich empfohlene Silphoscalin kann die Hoffnung vieler Lungen-
kranker, Asthmatiker, Bronchitiker erfüllt werden.«-— Glas mit 80 Tabletten
RM 2.70 in allen Apotheken, bestimmt: Rosen-Apotheke München (104) 2M.
Interessante Broschüre an jedermann gratis.__

Schönheitsfehler!

Umsonst gebe ich Auskunft, wie man aus einfache Weise selbst beseitigen kann:
Pickel, Mitesser, Sommersprossen, Nasenrdte, rauhe borkige Haut, Warzen, Leber-
flecke, Muttermale, Tätowierungen, Kohlenflccke, dürftiges glanzloses Haar,Haar-
ausfall, Kopfschuppen, graue Haare, fettiges Haar, Dainenbart, lästige Haare auf
den Armen und in de» Achselhöhlen, schwache Büste (zurückgebliebene und er-
schlaffte), Fuß-, Hand- und Achselschwciß, schlaffe Körperhaltung,unschöne Nasen-
form (Stumpf-, Stülp-, Kolbennase usw.), Gesichtssalten (Stirnrunzeln, Krähen-
füße usw.), schwache Augenbrauen und Winipern, abstehende Ohren, sowie alle
andern Schönheitsfehler. Bitte genau angeben, um welchen Fehler es sich handelt
und der Anfrage Rückporto beifügen. Antwort erfolgt diskret in geschloffenem
Briefe. Frau Ida Steiniger. Leipzig-Süd »3, Bornaische Straße 41.

Tabak-Raucher!

Sie können die Gier nach Tabak leicht In drei Tagen überwinden.
Verbessern Sie Ihre Gesundheit. Verlängern Sie Ihr Leben. Keine Magen-
leiden, kein übelriechender Atem, keine Herzschwäche mehr. Erlangen Sie
Manneskraft, ruhige Nerven, klare Augen und Gedankenschärfe wieder.
Ob Sie Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen rauchen, Tabak schnupfen oder kauen,
verlangen Sie meine interessante Tabakbroschüre, welche ihr Gewicht in
Gold wert ist. Versand gratis und franko. Schreiben Sie heute noch an:
Edw. J. Woods Ltd. 167 Strand (164 TBD) London W. C. 2.

Fließend Englisch

Französisch, Spanisch oder Italienisch
' für 65 Pf. monatlich durch „Paustians
Lustige Sprachzeitschrift".

Sie lachen und lernen! Ein

Probevierteljahr kostet nur RM 1.95
jede Sprache, zahlbar nach Erhalt der
ersten Nummer. Probeseiten frei.

Gebrüder Paustian, Verlag,
Hamburg 1/76, Alsterdamm 7.

Anzeigen-Annahme: Verlag „Fliegende Blätter“, München 27, Möhlstr. 34 und alle Annoncen-Expeditionen.

393
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen