Ergebnis der Preisaufgabe 236: Ludwig
Mancher Mensch kriegt Größenwahn.
So auch Emil Klieterjahn.
Erst ein wenig nur verschroben,
Sah er mehr und mehr von oben
Stolz herab auf alle Welt,
Bis der Wahn sich eingestellt,
Daß er etwas Großes wäre
Jenseits aller Bürgersphäre,
Sozusagen Prima Prima,
Schließlich, als beim ollen Dumas
Er verschiedenes gelesen.
Ist es ihm ganz klar gewesen.
Daß er ein Dynast und zwar
Ludwig Nummer Vierzehn war,
Louis Luatorze, der, wie bekannt,
Sonnenkönig auch genannt.
Peinlich war, was Klieterjahn
Nun als Potentat getan.
Wenn man ihn nicht „Sire' genannt,
Kam er gleich aus Rand und Band,
And er sprach von der Bastille,
Wenn man tief nicht vor ihm krieche.
Andrerseits auch war er huldvoll.
Er besaß ein ganzes Pult voll
Faschingsorden, die als echte
Er verlieh nach Königsrechke;
Titel gab er auch zum Lohne:
Fürsten, Grafen und Barone.
Aber als er gar im Wahn
Mit der Stütze Lieschen Lahn
Schäkern wollte, denn sie wäre
Die Luise La ValliSre,
Die beliebt so sehr bei Louis — —
Da rief die Verwandtschaft: „Pfui!'
klnd er kam zu Doktor Brumm
In das Sanatorium.
Doktor Brumm sprach: „Kleinigkeit!
Der Patient wird bald gescheit!"
Er empfing höchst untertänig
Klieterjahn als Sonnenkönig,
Den er nicht im Wahne störte.
Weil das zu der Kur gehörte,
klnd so könnt' er nach fünf Tagen
Forsch dann einen Lauplschlag wagen.
Ja, wie hat nun Dr. Brumm, dieser tüchtige
Nervenarzt und Psychiater, den Patienten geheilt?
Wie hat er ihn von seiner Einbildung befreit und
aus dem „Sonnenkönig" wieder einen simplen Klie-
kerjahn werden lassen? Wie hat er ihn von seinem
erhabenen Throne wieder ins schlichte Bürgertum
hinabgefllhrt, sei es durch sanfte Lockung, durch kluge
kleberredung oder irgend einen Kunstgriff? Viele
Vorschläge sind da gemacht worden. Aber eine gar
nicht kleine Zahl der Einsender hat den sehr glück-
lichen vierzehnten Ludwig mit dem unglücklichen
sechzehnten verwechselt und deshalb Klieterjahn
einfach mit der Guillotine drohen laffen. Einige
allerdings, die besser Bescheid wußten und doch nicht
auf das Schreckgespenst der Revolution verzichten
wollten, haben sich mit der Ausrede geholfen, Klie-
terjahn werde nicht so genau über die französische
Geschichte unterrichtet gewesen sein. Allzu oft ist
auch das alte Rezept vorgeschlagen worden, daß
dem König in der Einbildung eine Regentennum-
mer nach der andern abgehandelt und er so allmäh-
lich ein l3„ 12., 11. Ludwig usw. werden solle. Dro-
hungen mit Schwierigkeiten beim Staatsetat und
Dalles in der königlichen Privatkaffe sind auch oft
in Anwendung gebracht worden, überraschender
Weise aber auch ganz ernsthafte, in Sanatorien üb-
liche Leilmethoden; mit kalten Güssen, mit Schwitz-
bädern, mit Spiumderivaten usw. ist der unglückliche
Klieterjahn behandelt worden.
Den ersten Preis von 60.— Mk. erhielt diese Lösung:
Mit der Rolle auf dem Faden
Tritt er ein zu Dero Gnaden,
And dem Louis im Exil
Zeigt er nun das Io-Io-Spiel.
„Gib mir auch mal das Gerät!"
Ruft da gleich die Majestät.
„Rein!" spricht Dr. Brumm, „mein Sohn,
Erst mal deine Demission!"
„Schon geschehn!" schreit Klieterjahn,
Wild gepackt vom Io-Io-Wahn.
„Ja, ich pfeife aufs Regieren,
Aber laß' mich mal probieren!"
Einsender: Wolf Lenze, Berlin W 30,
Gleditschstraße 401, bei Borchardt.
Zweiter Preis von 30.— Mk.:
Weil der La ValliSre den Rang
Ablief einst die Montespan,
Stellt er ihm zum Leilungszweck
Vor die Köchin Minna Böck.
Angeheuer korpulent
Wirkt sie wie ein Kontinent;
Ihre Nase, wenig edel.
Ist vielmehr ein setler Knödel;
Danaergeschenke
„Aha, da fliegt wieder ein Geduld-
spiel zum Fenster 'raus! Das ist schon
das vierte heute nacht."
Kurz, sie ist entfernt total
Jedem Schönheitsideal.
„Sire!" spricht Brumm, „statt La Vallifire
Lat jetzt Montespan die Ehre."
Der Patient erschrickt: „Pfui Deiwel!
Klar wird mir jetzt ohne Zweifel,
Daß ich Emil Klieterjahn
And der Ludwig nur ein Wahn,"
Einsenderin: Dr, Ingrid Krauß, München
Elisabethstraße 8II.
Dritter Preis von 20.— Mk.:
Früh erschien bei unserm Seiden
Doktor Brumm, um ihm zu melden:
„Sie sind in Versailles, Sire,
And Französisch spricht man hier,"
XIV (Nr. 4549)
Ausführlich wird dann berichtet, wie Klieter-
jahn, der kein Wort Französisch versteht, in aller-
lei Verlegenheiten gebracht und geheilt wird; aus
Raumgründen können wir die vielen Verse nicht
zum Abdruck bringen.
Einsenderin - Marianne Rußig, Dresden°A 24,
Strehlener Straße 8411.
Außerdem wurden 30 Trostpreise in Büchern
im Werte von je 3.— Mk. verschickt.
Ping-Pong Von K. W. Canem
Das Theaterwissenschaftliche Institut
der Aniversität Berlin wurde in den frü-
heren Marstall verlegt.
Paffende Umgebung für den Pegasus!
Amerika hat seine Dichter gezählt.
40 000 Personen bezeichnet«» sich als Dichter
im Lauptberuf. Davon sind 20000 Lyriker.
Wenn jeder von ihnen nur !0 Zeilen täg-
lich dichtet, so macht das einen Lexikonband
voll Reime pro Tag.
Es geht also nicht mehr an, Amerika
als das Land der Ungereimtheiten zu
bezeichnen.
Die Äoffnung der europäischen Brauer,
Likörfabrikanten und Weinhändler auf die
Aufhebung der Prohibition in Amerika
scheint doch trügerisch zu sein.
Wenigstens hat Lerr Lerriot in einer
Versammlung der französischen Weinbauern
gesagt, Amerikas Antwort auf die Kriegs-
schuldennote sei trockener denn je gewesen.
Ein 80 jähriger Junggeselle hat der
Pariser Nationalbibliothek testamentarisch
eine einzigartige Sammlung von 250000
Frauenbildniffen von Eva bis Marlene
Dietrich vermacht, eine jede mit kurzer
Biographie von ihm versehen. Er schrieb
im Testament, daß daraus trotz seines
Junggesellentums seine grenzenlose Ver-
ehrung der Frau hervorginge.
Na, na! Sollte er nicht vielmehr Jung-
geselle geblieben sein, weil er über die Frau
zu gut — im Bilde war?
Der Münchner Trickzeichner Pfenninger
hat ein bewunderswertes Verfahren er-
funden, Kompositionen und Stimmen ohne
Instrumente und Sänger schriftlich herzu-
stellen, und zwar in Form von Zickzack-
linien. Die Linien werden aus Tonfilm-
streifen ausgenommen, und bei der Repro-
duktion kann man so Musik hören, die nie
erklungen ist, Tenöre, die nie gelebt haben
und Reden, die nie gehalten worden sind.
Eine wirklich fabelhafte Sache, einen
Sänger zu hören, der nie gesungen hat.
Aber noch wohltuender wäre die umgekehrte
Erfindung: Sänger niemals hören zu
müssen, die fortwährend fingen.
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Mancher Mensch kriegt Größenwahn.
So auch Emil Klieterjahn.
Erst ein wenig nur verschroben,
Sah er mehr und mehr von oben
Stolz herab auf alle Welt,
Bis der Wahn sich eingestellt,
Daß er etwas Großes wäre
Jenseits aller Bürgersphäre,
Sozusagen Prima Prima,
Schließlich, als beim ollen Dumas
Er verschiedenes gelesen.
Ist es ihm ganz klar gewesen.
Daß er ein Dynast und zwar
Ludwig Nummer Vierzehn war,
Louis Luatorze, der, wie bekannt,
Sonnenkönig auch genannt.
Peinlich war, was Klieterjahn
Nun als Potentat getan.
Wenn man ihn nicht „Sire' genannt,
Kam er gleich aus Rand und Band,
And er sprach von der Bastille,
Wenn man tief nicht vor ihm krieche.
Andrerseits auch war er huldvoll.
Er besaß ein ganzes Pult voll
Faschingsorden, die als echte
Er verlieh nach Königsrechke;
Titel gab er auch zum Lohne:
Fürsten, Grafen und Barone.
Aber als er gar im Wahn
Mit der Stütze Lieschen Lahn
Schäkern wollte, denn sie wäre
Die Luise La ValliSre,
Die beliebt so sehr bei Louis — —
Da rief die Verwandtschaft: „Pfui!'
klnd er kam zu Doktor Brumm
In das Sanatorium.
Doktor Brumm sprach: „Kleinigkeit!
Der Patient wird bald gescheit!"
Er empfing höchst untertänig
Klieterjahn als Sonnenkönig,
Den er nicht im Wahne störte.
Weil das zu der Kur gehörte,
klnd so könnt' er nach fünf Tagen
Forsch dann einen Lauplschlag wagen.
Ja, wie hat nun Dr. Brumm, dieser tüchtige
Nervenarzt und Psychiater, den Patienten geheilt?
Wie hat er ihn von seiner Einbildung befreit und
aus dem „Sonnenkönig" wieder einen simplen Klie-
kerjahn werden lassen? Wie hat er ihn von seinem
erhabenen Throne wieder ins schlichte Bürgertum
hinabgefllhrt, sei es durch sanfte Lockung, durch kluge
kleberredung oder irgend einen Kunstgriff? Viele
Vorschläge sind da gemacht worden. Aber eine gar
nicht kleine Zahl der Einsender hat den sehr glück-
lichen vierzehnten Ludwig mit dem unglücklichen
sechzehnten verwechselt und deshalb Klieterjahn
einfach mit der Guillotine drohen laffen. Einige
allerdings, die besser Bescheid wußten und doch nicht
auf das Schreckgespenst der Revolution verzichten
wollten, haben sich mit der Ausrede geholfen, Klie-
terjahn werde nicht so genau über die französische
Geschichte unterrichtet gewesen sein. Allzu oft ist
auch das alte Rezept vorgeschlagen worden, daß
dem König in der Einbildung eine Regentennum-
mer nach der andern abgehandelt und er so allmäh-
lich ein l3„ 12., 11. Ludwig usw. werden solle. Dro-
hungen mit Schwierigkeiten beim Staatsetat und
Dalles in der königlichen Privatkaffe sind auch oft
in Anwendung gebracht worden, überraschender
Weise aber auch ganz ernsthafte, in Sanatorien üb-
liche Leilmethoden; mit kalten Güssen, mit Schwitz-
bädern, mit Spiumderivaten usw. ist der unglückliche
Klieterjahn behandelt worden.
Den ersten Preis von 60.— Mk. erhielt diese Lösung:
Mit der Rolle auf dem Faden
Tritt er ein zu Dero Gnaden,
And dem Louis im Exil
Zeigt er nun das Io-Io-Spiel.
„Gib mir auch mal das Gerät!"
Ruft da gleich die Majestät.
„Rein!" spricht Dr. Brumm, „mein Sohn,
Erst mal deine Demission!"
„Schon geschehn!" schreit Klieterjahn,
Wild gepackt vom Io-Io-Wahn.
„Ja, ich pfeife aufs Regieren,
Aber laß' mich mal probieren!"
Einsender: Wolf Lenze, Berlin W 30,
Gleditschstraße 401, bei Borchardt.
Zweiter Preis von 30.— Mk.:
Weil der La ValliSre den Rang
Ablief einst die Montespan,
Stellt er ihm zum Leilungszweck
Vor die Köchin Minna Böck.
Angeheuer korpulent
Wirkt sie wie ein Kontinent;
Ihre Nase, wenig edel.
Ist vielmehr ein setler Knödel;
Danaergeschenke
„Aha, da fliegt wieder ein Geduld-
spiel zum Fenster 'raus! Das ist schon
das vierte heute nacht."
Kurz, sie ist entfernt total
Jedem Schönheitsideal.
„Sire!" spricht Brumm, „statt La Vallifire
Lat jetzt Montespan die Ehre."
Der Patient erschrickt: „Pfui Deiwel!
Klar wird mir jetzt ohne Zweifel,
Daß ich Emil Klieterjahn
And der Ludwig nur ein Wahn,"
Einsenderin: Dr, Ingrid Krauß, München
Elisabethstraße 8II.
Dritter Preis von 20.— Mk.:
Früh erschien bei unserm Seiden
Doktor Brumm, um ihm zu melden:
„Sie sind in Versailles, Sire,
And Französisch spricht man hier,"
XIV (Nr. 4549)
Ausführlich wird dann berichtet, wie Klieter-
jahn, der kein Wort Französisch versteht, in aller-
lei Verlegenheiten gebracht und geheilt wird; aus
Raumgründen können wir die vielen Verse nicht
zum Abdruck bringen.
Einsenderin - Marianne Rußig, Dresden°A 24,
Strehlener Straße 8411.
Außerdem wurden 30 Trostpreise in Büchern
im Werte von je 3.— Mk. verschickt.
Ping-Pong Von K. W. Canem
Das Theaterwissenschaftliche Institut
der Aniversität Berlin wurde in den frü-
heren Marstall verlegt.
Paffende Umgebung für den Pegasus!
Amerika hat seine Dichter gezählt.
40 000 Personen bezeichnet«» sich als Dichter
im Lauptberuf. Davon sind 20000 Lyriker.
Wenn jeder von ihnen nur !0 Zeilen täg-
lich dichtet, so macht das einen Lexikonband
voll Reime pro Tag.
Es geht also nicht mehr an, Amerika
als das Land der Ungereimtheiten zu
bezeichnen.
Die Äoffnung der europäischen Brauer,
Likörfabrikanten und Weinhändler auf die
Aufhebung der Prohibition in Amerika
scheint doch trügerisch zu sein.
Wenigstens hat Lerr Lerriot in einer
Versammlung der französischen Weinbauern
gesagt, Amerikas Antwort auf die Kriegs-
schuldennote sei trockener denn je gewesen.
Ein 80 jähriger Junggeselle hat der
Pariser Nationalbibliothek testamentarisch
eine einzigartige Sammlung von 250000
Frauenbildniffen von Eva bis Marlene
Dietrich vermacht, eine jede mit kurzer
Biographie von ihm versehen. Er schrieb
im Testament, daß daraus trotz seines
Junggesellentums seine grenzenlose Ver-
ehrung der Frau hervorginge.
Na, na! Sollte er nicht vielmehr Jung-
geselle geblieben sein, weil er über die Frau
zu gut — im Bilde war?
Der Münchner Trickzeichner Pfenninger
hat ein bewunderswertes Verfahren er-
funden, Kompositionen und Stimmen ohne
Instrumente und Sänger schriftlich herzu-
stellen, und zwar in Form von Zickzack-
linien. Die Linien werden aus Tonfilm-
streifen ausgenommen, und bei der Repro-
duktion kann man so Musik hören, die nie
erklungen ist, Tenöre, die nie gelebt haben
und Reden, die nie gehalten worden sind.
Eine wirklich fabelhafte Sache, einen
Sänger zu hören, der nie gesungen hat.
Aber noch wohltuender wäre die umgekehrte
Erfindung: Sänger niemals hören zu
müssen, die fortwährend fingen.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Danaer Geschenke"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 177.1932, Nr. 4560, S. 398
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg