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SILVESTER / ASTRONOMISCH
Wie relativ auf dieser Erde alles,
Wie unbestimmt das Wesen dieser Welt,
Das wird am besten kurz an Hand
des Falles
Silvester einmal nüchtern klargestellt.
Glock zwölf greift man zum weißen
oder roten
Sekt und flößt sich denselben fröhlich ein —
Das neue Jahr setzt bei den Antipoden
Jedoch genau zwölf Stunden später ein.
Z. B., hat ein Rechnungsrat in Gotha
Den Schädel fast schon wieder frei von Punsch,
Dann läuten andere in Minnesota
Sich mit den Gläsern erst den Neujahrs-
wunsch.
So rollt das Prost um unseren Planeten,
Und Mann nach Mann sinkt matt in
seinen Kahn,
Und rundherum gehn Räusche, Kater, Reden
Von Meridian zu Meridian.
Selbst Schopenhauer’n trog sein scharfer
Riecher:
Sogar der Wechsel ändert sein Gesicht.
Bloß der Dreimonatswechsel ist ganz sicher —
Der Jahreswechsel auch schon wieder nicht. Gong
Am Neujahrstage
Kasimir kommt zu seinem Onkel Theobald. „Meinen aller-
herzlichsten Glückwunsch zum neuen Jahre, lieber Onkel!"
„Danke, lieber Neffe! Dir auch!"
Kasimir holt ties Atem. „Man muß das neue Jahr immer
mit einer guten Landlung beginnen, Onkelchen. Gib mir hundert
Mark!"
Onkel Theobald denkt lange nach. Dann zieht er seine Börse.
„Da hast du fünf Mark! Das ist auch 'ne gute Handlung."
Pfannenstiel macht ein Gesicht, als wolle er alle Welt tot-
schlagen, vergiften oder sonstwie umbringen.
„Aha, Silvesternacht schlecht bekommen, nicht wahr?" bemerkt
Schwinge.
„Vereinsfeier — im Rauchklub: Die Ackermärker," knurrt
Psannenstiel. „Aber heute noch erkläre ich meinen Austritt.
Denken Sie, was mir passiert ist. Sehr gemütlich war's, sehr
lustig. Da reden mir die Brüder zu, ich solle das alte Jahr vor-
stellen. Sie hängen mir ein Tischtuch um, kleben mir einen weißen
Bart aus Watte ins Gesicht und geben mir eine Sanduhr in
die Land, so eine Eieruhr. And ich sitze nun da, wie man immer
auf Silvesterbildern das alte, abgelebte Jahr darstellt."
„Aber das war doch ganz nett," meint Schwinge.
„Zuerst ja. Aber wie's Zwölfe schlug, da hat mich die ver-
dammte Bande gepackt und 'rausgeschmissen."
Dietzold hat in der Neujahrsnummer seiner Zeitung einen
Artikel gelesen über die mit der Jahreswende zusammenhängen-
den Volksbräuche und abergläubischen Meinungen. „Ich habe
(Forgegung Seite 485)
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SILVESTER / ASTRONOMISCH
Wie relativ auf dieser Erde alles,
Wie unbestimmt das Wesen dieser Welt,
Das wird am besten kurz an Hand
des Falles
Silvester einmal nüchtern klargestellt.
Glock zwölf greift man zum weißen
oder roten
Sekt und flößt sich denselben fröhlich ein —
Das neue Jahr setzt bei den Antipoden
Jedoch genau zwölf Stunden später ein.
Z. B., hat ein Rechnungsrat in Gotha
Den Schädel fast schon wieder frei von Punsch,
Dann läuten andere in Minnesota
Sich mit den Gläsern erst den Neujahrs-
wunsch.
So rollt das Prost um unseren Planeten,
Und Mann nach Mann sinkt matt in
seinen Kahn,
Und rundherum gehn Räusche, Kater, Reden
Von Meridian zu Meridian.
Selbst Schopenhauer’n trog sein scharfer
Riecher:
Sogar der Wechsel ändert sein Gesicht.
Bloß der Dreimonatswechsel ist ganz sicher —
Der Jahreswechsel auch schon wieder nicht. Gong
Am Neujahrstage
Kasimir kommt zu seinem Onkel Theobald. „Meinen aller-
herzlichsten Glückwunsch zum neuen Jahre, lieber Onkel!"
„Danke, lieber Neffe! Dir auch!"
Kasimir holt ties Atem. „Man muß das neue Jahr immer
mit einer guten Landlung beginnen, Onkelchen. Gib mir hundert
Mark!"
Onkel Theobald denkt lange nach. Dann zieht er seine Börse.
„Da hast du fünf Mark! Das ist auch 'ne gute Handlung."
Pfannenstiel macht ein Gesicht, als wolle er alle Welt tot-
schlagen, vergiften oder sonstwie umbringen.
„Aha, Silvesternacht schlecht bekommen, nicht wahr?" bemerkt
Schwinge.
„Vereinsfeier — im Rauchklub: Die Ackermärker," knurrt
Psannenstiel. „Aber heute noch erkläre ich meinen Austritt.
Denken Sie, was mir passiert ist. Sehr gemütlich war's, sehr
lustig. Da reden mir die Brüder zu, ich solle das alte Jahr vor-
stellen. Sie hängen mir ein Tischtuch um, kleben mir einen weißen
Bart aus Watte ins Gesicht und geben mir eine Sanduhr in
die Land, so eine Eieruhr. And ich sitze nun da, wie man immer
auf Silvesterbildern das alte, abgelebte Jahr darstellt."
„Aber das war doch ganz nett," meint Schwinge.
„Zuerst ja. Aber wie's Zwölfe schlug, da hat mich die ver-
dammte Bande gepackt und 'rausgeschmissen."
Dietzold hat in der Neujahrsnummer seiner Zeitung einen
Artikel gelesen über die mit der Jahreswende zusammenhängen-
den Volksbräuche und abergläubischen Meinungen. „Ich habe
(Forgegung Seite 485)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Na, wie geht's denn, Herr Vollkorn?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 177.1932, Nr. 4561, S. 402
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg