Zeichnung von L. Kirchner
Am Neujahrstage
immer gedacht, daß dies nur für
die Iohannisnacht gelte/ erzählt
er nun Schwalch. „Aber nein — in
vielen Gegenden glaubt das Volk
auch, daß die Tiere in der Silvester-
nacht sprechen."
„Stimmt I" grinst Schwalbe. „Das
tun sie. Kann ich Ihnen bestätigen,
Hab' ich selber erlebt."
„Aber, aber — —"
„O bitte: mein Papagei hat
heute nacht mächtig gequatscht."
Am Spätnachmittag des Neu-
jahrstages im Kasfeehause. „Tun
Sie das lieber nicht! Sie schaden
Ihren Nerven," bemerkt der freund-
liche alte Lerr zu seinem zufälligen
Tischgenossen, dem müden jungen
Manne, als dieser sich die dritte
Tasse schwarzen Kaffee bestellt.
„Muß mich aufkratzen, bin total
kaputt. Die Leute sind ja verrückt mit
ihren Neujahrsgratulationen."
Der freundliche alte Lerr versteht
das nicht. „O, das ist doch eine
schöne, berechtigte Sitte!"-
„Quatsch ist es! Lieber dreihun-
dert Neujahrsglückwünsche Hab ich
annehmen müssen."
„Seien Sie doch froh! Laben
Sie so viele Freunde, oder sind
Sie in einer so gehobenen Stel-
lung ?"
„Nee — ich bin Telegraphen-
beamter."
Opernführer „Adeline blättert im Textbuch. Seit wann interessiert sie sich für den Operntext ?"
„Sie sucht nur die Stelle, bei der angemerkt ist, daß sie sich für die Pause pudern muß."
Jm Verein Larmonie war eine Neujahrsverlosung. Da
tuschelte der Weinhändler Schnappe mit dem Freiwilligen Feuer-
wehrleutnant Lurtig.
„Was haben Sie für 'ne Gewinn-Nummer, Lerr Lurtig?
25, gut! Ich habe 37. Wenn jetzt die Nummern aufgerufen wer-
den, treten Sie bei meiner Nummer vor, und ich bei Ihrer."
Silvester mit
Von Peter
Valentin Siebenbrot hatte beschlossen, die Silvesternacht in
der besten Gesellschaft zu verbringen, die er sich denken konnte —
nämlich nur mit seinem fünfjährigen Dachshunde, der auf den
nicht unschönen Namen Rummelpuff hörte, wenn er Lust hatte —
wenn er aber keine Lust hatte, auch nicht auf Satan, Saubock,
Mistschuft, oder wie Siebenbrot in der Erregung ihn sonst noch
schimpfen mochte. Uebrigens bereute der Lerr das nachher immer,
und wenn der Lund sich am Ende bei ihm einstellte, streichelte
er ihn und sagte, es wäre aber mal schön, daß er nun da wäre.
So ist es auch ganz richtig, denn ein Lund hat ja schließlich
nebenbei einige eigene Interessen zu verfolgen.
Valentin Siebenbrot war aber keineswegs mit aller Welt,
wie man so sagt, zerfallen und aus Menschenfeindlichkeit auf
einen einsamen Silvesterabend bedacht. Er hätte mit Freunden
zusammen sitzen können, und er hatte auch einen Verwandtenkreis,
in dem ihm als altem Onkel und Junggesellen ein besserer Platz
„Aber warum denn?" erkundigte sich mißtrauisch der Feuer-
bezwinger.
„Ich habe mich hintenherum erkundigt. Die Kerls vom Komitee
haben das so eingefädelt: 25 ist ein Dauerbrenner, und 37 ein
Buch: Die Lehre der Wiedertäufer."
einem Hunde
Robinson
gebürte. Aber das Jahr hatte ihm allerlei scheußliches Pech ge-
bracht, vor allem die Pleite eines leichtsinnigen Bankiers, dem
er — allerdings auch etwas leichtsinniger Weise — ein Guthaben
anvertraut hatte, das nun zu einem Schlechthaben geworden
war-ja, und davon hätte man wohl gesprochen und ihn auch
bedauert. Das wollte er nicht; von der Politik, die natürlich auch
nicht vergessen worden wäre, mochte er auch nichts hören, und
schließlich hatte er gar keine Lust, um zwei oder drei Uhr nachts
mit schwerem Kopf den Weg nach Lause zu machen.
So zog also Valentin Siebenbrot lieber Schlafrock und Filz-
pantoffeln an und braute sich eine beträchtliche Menge eines
Punsches, den die verwöhntesten trinkfesten Leute herrlich ge-
funden hätten. Ein nicht zu kleines Töpfchen davon gab er der
Witwe Tiede, seiner Wirtschafterin, teils als Silvestertrank, teils
als Leilmittel gegen einen Schnupfen, den ihr das Greueljahr
noch zum Abschied gebracht hatte, und sagte dabei: „So, und nun
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Am Neujahrstage
immer gedacht, daß dies nur für
die Iohannisnacht gelte/ erzählt
er nun Schwalch. „Aber nein — in
vielen Gegenden glaubt das Volk
auch, daß die Tiere in der Silvester-
nacht sprechen."
„Stimmt I" grinst Schwalbe. „Das
tun sie. Kann ich Ihnen bestätigen,
Hab' ich selber erlebt."
„Aber, aber — —"
„O bitte: mein Papagei hat
heute nacht mächtig gequatscht."
Am Spätnachmittag des Neu-
jahrstages im Kasfeehause. „Tun
Sie das lieber nicht! Sie schaden
Ihren Nerven," bemerkt der freund-
liche alte Lerr zu seinem zufälligen
Tischgenossen, dem müden jungen
Manne, als dieser sich die dritte
Tasse schwarzen Kaffee bestellt.
„Muß mich aufkratzen, bin total
kaputt. Die Leute sind ja verrückt mit
ihren Neujahrsgratulationen."
Der freundliche alte Lerr versteht
das nicht. „O, das ist doch eine
schöne, berechtigte Sitte!"-
„Quatsch ist es! Lieber dreihun-
dert Neujahrsglückwünsche Hab ich
annehmen müssen."
„Seien Sie doch froh! Laben
Sie so viele Freunde, oder sind
Sie in einer so gehobenen Stel-
lung ?"
„Nee — ich bin Telegraphen-
beamter."
Opernführer „Adeline blättert im Textbuch. Seit wann interessiert sie sich für den Operntext ?"
„Sie sucht nur die Stelle, bei der angemerkt ist, daß sie sich für die Pause pudern muß."
Jm Verein Larmonie war eine Neujahrsverlosung. Da
tuschelte der Weinhändler Schnappe mit dem Freiwilligen Feuer-
wehrleutnant Lurtig.
„Was haben Sie für 'ne Gewinn-Nummer, Lerr Lurtig?
25, gut! Ich habe 37. Wenn jetzt die Nummern aufgerufen wer-
den, treten Sie bei meiner Nummer vor, und ich bei Ihrer."
Silvester mit
Von Peter
Valentin Siebenbrot hatte beschlossen, die Silvesternacht in
der besten Gesellschaft zu verbringen, die er sich denken konnte —
nämlich nur mit seinem fünfjährigen Dachshunde, der auf den
nicht unschönen Namen Rummelpuff hörte, wenn er Lust hatte —
wenn er aber keine Lust hatte, auch nicht auf Satan, Saubock,
Mistschuft, oder wie Siebenbrot in der Erregung ihn sonst noch
schimpfen mochte. Uebrigens bereute der Lerr das nachher immer,
und wenn der Lund sich am Ende bei ihm einstellte, streichelte
er ihn und sagte, es wäre aber mal schön, daß er nun da wäre.
So ist es auch ganz richtig, denn ein Lund hat ja schließlich
nebenbei einige eigene Interessen zu verfolgen.
Valentin Siebenbrot war aber keineswegs mit aller Welt,
wie man so sagt, zerfallen und aus Menschenfeindlichkeit auf
einen einsamen Silvesterabend bedacht. Er hätte mit Freunden
zusammen sitzen können, und er hatte auch einen Verwandtenkreis,
in dem ihm als altem Onkel und Junggesellen ein besserer Platz
„Aber warum denn?" erkundigte sich mißtrauisch der Feuer-
bezwinger.
„Ich habe mich hintenherum erkundigt. Die Kerls vom Komitee
haben das so eingefädelt: 25 ist ein Dauerbrenner, und 37 ein
Buch: Die Lehre der Wiedertäufer."
einem Hunde
Robinson
gebürte. Aber das Jahr hatte ihm allerlei scheußliches Pech ge-
bracht, vor allem die Pleite eines leichtsinnigen Bankiers, dem
er — allerdings auch etwas leichtsinniger Weise — ein Guthaben
anvertraut hatte, das nun zu einem Schlechthaben geworden
war-ja, und davon hätte man wohl gesprochen und ihn auch
bedauert. Das wollte er nicht; von der Politik, die natürlich auch
nicht vergessen worden wäre, mochte er auch nichts hören, und
schließlich hatte er gar keine Lust, um zwei oder drei Uhr nachts
mit schwerem Kopf den Weg nach Lause zu machen.
So zog also Valentin Siebenbrot lieber Schlafrock und Filz-
pantoffeln an und braute sich eine beträchtliche Menge eines
Punsches, den die verwöhntesten trinkfesten Leute herrlich ge-
funden hätten. Ein nicht zu kleines Töpfchen davon gab er der
Witwe Tiede, seiner Wirtschafterin, teils als Silvestertrank, teils
als Leilmittel gegen einen Schnupfen, den ihr das Greueljahr
noch zum Abschied gebracht hatte, und sagte dabei: „So, und nun
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Opernführer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 177.1932, Nr. 4561, S. 405
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg