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Zeichnung von M. Tlaur

Widerspruch

„Wir kamen also im langsamsten Tempo durch das Dorf Strohfelde. Ich konnte
die ganze Dorsstratze überblicken. Am Ende lag auf der einen Seite das Wirtshaus "
„Aber nein. Albert. Das Wirtshaus war an der andern Seite."

Das japanische Bäumchen

mit einem Ei zum Panieren, mit Zündhölzern, mit Salz oder
Essig, und was so vorkommt. Zimpels haben Backes ein gutes
neues Jahr gewünscht, und Backes haben das erwidert. Einmal
auch haben Zimpels bei Backes einen kurzen Besuch gemacht, und
unlängst haben Backes bei Zimpels ein Stündchen gesessen. Bei
dieser Gelegenheit ist ihnen das japanische Bäumchen gezeigt
worden. Lerr Backe hat, als ihm von seinem Werte berichtet
wurde, gemeint, das Ding würde aber schwierig zu versteigern
sein, und Frau Backe hat gesagt, als Lochzeitsgeschenk würde es
sich nicht recht eignen. Aber es wäre ein drolliger Baum, wirklich
ein sehr drolliger Baum.

III.

Es war am Vormittag eines schönen Sommertages. Für die
menschliche oder wenigstens die europäische Gesellschaft im allge-
meinen hatte der Tag nichts Besonderes, aber bei Backes wie bei
Zimpels herrschte Feststimmung, was freilich Backes nicht von
Zimpels und diese nicht von Backes wußten. Lerr Backe hatte
heute früh seiner Gattin für die gute Stube einen kleinen vene-
tianischen Kronleuchter geschenkt, ein für die Wohnung fast zu
üppiges Gerät, aber als Auktionator hatte er ja Gelegenheit,
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sehr billig zu solchen Sachen zu kommen.
Dazu hatte er ihr einen Kuß gegeben und
ihr alles Gute gewünscht. „Vor allem Ge-
sundheit!" hatte er gesagt, „denn die ist
das Allerwichtigste". Es wird keines beson-
deren Scharfsinns bedürfen, den Schluß zu
ziehen, daß Frau Backe Geburtstag hatte.
Den wievielten — nun, das geht niemanden
etwas an: Frau Backe würde es übel-
nehmen, wenn man es verriete. Dann war
Lerr Backe ausgegangen, um zwei Auto-
mobile zu versteigern, wovon er aber nicht
viel erwartete, und Frau Backe hatte sich
langsam und sorgfältig für den Besuch einer
Kunstausstellung zurechtgemacht, von dem
sie viel erwartete. Sie wollte nämlich die
Ausstellung zusammen mit einer Dame be-
suchen, die dabei ganz zufällig einen Lerrn
kennen lernen sollte.

Bei Zimpels war nicht Geburtstag, aber
die Stimmung war noch festlicher, denn sie
hatten zwei Koffer gepackt und wollten um
12 Ahr 45 verreisen, auf drei Wochen; der
Magistratssekretär hatte seinen wohlver-
dienten, aber ohnehin ihm zustehenden
Arlaub angetreten, und deshalb waren
Zimpels sehr glücklich. Da jedoch fiel in
letzter Stunde ein Schatten auf dieses
sonnige Glück, indem ihnen etwas einfiel,
woran sie unverzeihlicher Weise noch gar
nicht gedacht hatten. Was sollte denn mit
dem japanischen Bäumchen geschehen? Das
mußte doch untergebracht und versorgt
werden. Ja, das hätte man früher über-
legen müssen. Da wäre vielleicht ein Vaum-
schulenbesitzer zu finden gewesen, der es auf
die drei Wochen in Pension genommen
hätte — wenn auch ein Baum von 200
Jahren eigentlich nicht mehr in die Schule
gehört. Was konnte man nun in der
Eile tun?

„Wollen wir nicht Backes bitten, den
Baum so lange zu nehmen?" schlug Frau
Zimpel vor. „Wir sind ihnen doch auch oft
gefällig gewesen."

„Ja, Backes könnten das wirklich tun," meinte auch der
Magistratssekretär. And dann setzte er, wie das seinem gütigen
Wesen entsprach, vorsorglich hinzu: „Natürlich bringen wir ihnen
dafür was Lübsches von der Reise mit."

Zeit war nicht zu verlieren. Frau Zimpel nahm also das
japanische Bäumchen, ging über den Flur und klingelte bei
Backes. Dann wollte sie noch schnell überlegen, was sie sagen
müßte. „Liebe Frau Backe! Sie sind immer so freundlich und
nett zu uns gewesen, und deshalb möchte ich mir die Freiheit
nehmen — —"

Da ging die Tür auf, und Frau Backe stand da, fertig zum
Ausgehen, das Lütchen auf dem Kopfe. Sie sah Frau Zimpel,
sie gewahrte das Bäumchen — sie lächelte herzlich.

Frau Zimpel begann: „Liebe Frau Backe! Sie sind immer
so freundlich und nett zu uns gewesen, und deshalb möchte ich
mir die Freiheit nehmen-"

Frau Backe unterbrach sie mit einem zärtlichen Griff unter
den Arm. „Aber doch nicht hier, beste Frau Zimpel — kommen
Sie doch hinein!" And damit zog sie die Nachbarin auch schon
zur Tür herein und geradewegs bis an den Geburtstagstisch, aus
dem der venetianische Kronleuchter aufgebaut war. Sie nahm
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Widerspruch"
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Fliegende Blätter
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Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 178.1933, Nr. 4575, S. 214

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