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Der Knoten im Taschentuch

Von Peter Robinson

.Plänkel und Retzlaff sitzen in der „Lahmen Ente" und trinken
Moselwein — eine ziemlich saure Sorte, die ihnen aber gut bekommt.
Dieser Wein macht ihre Äerzen fröhlich und ihre Köpfe geneigt zu
harmlosen kleinen Späßen. Aber es ist niemand da, mit dem sie
spaßen könnten. Es ist erst ein halb acht Ahr abends, und da ist
die „Lahme Ente" noch kaum besucht; ihr Nest liegt gerade neben
dem Stadttheater, und erst nach Schluß der Vorstellung finden sich
die meisten Gäste ein. Das Nest ist gemütlich eingerichtet. Nicht
recht hineinzugehören aber scheint der große Pfeilerspiegel zwischen
den beiden Fenstern, der aus einer ehemaligen „guten Stube" stammt,
wo er jedenfalls der „Trumeau" genannt wurde und das Äaupt-
ftück bildete; jede gute Stube oder wenigstens jede bessere gute
Stube mußte einst solch einen Trumeau haben. Der Wirt der „Lah-
men Ente" hat ihn in sein Lokal gestellt wegen der Künstler des
Stadttheaters, die gern einen Augenblick vor ihm stehen bleiben.

Plänkel und Retzlaff fangen schon mit dem zweiten Schoppen
an; sie werden ungeduldig, daß Schwallinger noch nicht kommt, der
in ihrem Bunde der dritte ist. Aber Schwallinger hat sich wohl
wieder einmal vertrödelt, irgendwas einigermaßen Wichtiges wird
ihm wieder zu spät eingefallen sein. In letzter Zeit kann er seine
Gedanken nicht mehr recht zusammenhalten. Manchmal macht er
deshalb, um an etwas Bestimmtes zu denken, einen Knoten ins
Taschentuch. Plänkel und Retzlaff haben darüber gelacht und dieses

zwar beliebte Lilfsmittel für ganz ungenügend bei Schwallinger er-
klärt, denn wenn er nachher solch einen Knoten sehe, wisse er ja doch
nicht mehr, was er bedeuten sollte. —

Aber nun kommt Schwallinger endlich an. Er winkt Plänkel und
Retzlaff grüßend zu. „Scheußliches Wetter!" ruft er, verstaut einen
triefenden Regenschirm und zieht seinen auch ziemlich nassen Mantel
aus. Dann geht er an das Barometer, das neben dem Zeitungs-
ständer hängt, gerade gegenüber dem Pfeilerspiegel, dem Trumeau.
Es ist eines jener Barometer, wie es die Gastwirte zur Reklame
von einer bekannten großen Schiffahrtsgesellschaft geschenkt bekom-
men; umrahmt ist es von dickem Spiegelglase, wahrscheinlich damit
Damen sich unauffällig darin spiegeln können — unter dem Vor-
wände, nach dem Barometer zu sehen. Davor also steht Schwallinger,
und nun gewahrt Plänkel, daß aus Schwallingers rechter Rocktasche
das Taschentuch heraushängt; ganz lang hängt es heraus — gerade
so, wie man das bei Dorsschulmeistern auf Genrebildern vergangener
Zeiten sieht. Aber damals hieß es Schnupftuch. Plänkel gibt Rey-
laff einen Stoß, deutet auf das Taschentuch, nimmt eine Zeitung,
die auf dem Tisch liegt, und geht damit an den Zeitungsständer. And
dann stellt er sich neben Schwallinger. „Ja, ein Schweincwetter!"
sagt er. „Wird aber vorläufig wohl nicht besser werden. Klopfen
Sie doch mal ein bißchen!"

Schwallinger bullert gegen das Barometer, und während er
gespannt auf die Nadel schaut, macht Plänkel
einen Knoten in das Taschentuch und schiebt
es dann in die Rocktasche hinein; geschickt
wie ein Taschendieb macht er das. „Wird
nicht besser!" brummt Schwallinger, Plän-
kel seufzt dazu, und dann begeben sich beide
auf ihre angestammten Plätze. Schwallinger
bekommt auch sauren Mosel. Retzlaff und
Plänkel blinzeln einander zu und freuen
sich auf die notwendige Folge der mit dem
Knoten im Taschentuch geschaffenen Vor-
bedingung.

Richtig — etwa nach einer Viertelstunde
zieht Schwallinger sein Taschentuch heraus.
Er benutzt es flüchtig, und dann, als er es
wieder fortstecken will, gewahrt er den
Knoten. Er sieht, er schaut, er starrt. Run-
zeln des Nachdenkens erscheinen auf seiner
Stirn, und dann reibt er die Stirn, als
wolle er die Runzeln fortwischen. „Nanu I"
brummt er. „Was sollte denn der Knoten—?"

Retzlaff und Plänkel grinsen einander
an. Dann meckert Plänkel: „Wieder mal
ein Knötchen? Ja, jetzt kommt der große

Die Ähnlichkeit

„Sie glauben es anscheinend nicht, daß ich diesen
Kürbis selbst gezüchtet habe?"

„Doch, doch, glaube ich, steht Ihnen sogar gleich!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Aehnlichkeit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 179.1933, Nr. 4605, S. 274
 
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