Eine quälende Einbildung
hat und nicht wieder fortzuscheuchen ist. Ich habe furchtbar darunter zu
leiden, Lerr Doktor."
„Ah, ein nicht seltener Fall. Sie fürchten, inzwischen Ihr Geld zu
verlieren. Oder das Geschäft werde nicht einschlagen, nicht wahr?"
„Keine Rede von, Lerr Doktor. Ich bin ein gewiegter Kaufmann,
ich bin sogar gerissen. Nein, es handelt sich um ganz was anderes.
Bunkel ist schuld daran, ein früherer Kollege von mir, der aber-
na, sagen wir: gestrauchelt ist. Dieser Bunkel tauchte nach seiner Ent-
lassung aus dem Gefängnis-"
„Verzeihung 1" unterbrach Dr. Nasturtius. „Wie heißt er? Bunkel?"
„Jawohl — —
August Korbinian
Bunkel."
„Aha! Bitte, fah-
ren Sie fort!"
„Dieser Bunkel
tauchte also nach
seiner Entlassung
aus dem Gefängnis
bei mir auf, gerade
als ich zu meinem
Gelde gekommen
war, was er erfah-
ren haben mußte.
Natürlich wollte er
schnorren. Bunkel ist
ein Lump, und für
Lumpen habe ich
kein Geld. Da wurde
er unverschämt. „Ge-
meiner Lund!" sagte
er. „Du wirst auch
noch ins Kittchen
kommen."
Das war ein häß-
liches Erlebnis,Lerr
Doktor, und in der
Nacht darauf hatte
ich einen gräßliche»
Traum.Bunkel hatte
einen Einbruch ver-
übt, träumte ich, und
war später fest-
genommen worden.
Ob er einen Kom-
plizen gehabt habe,
wurde er gefragt.
„Jawohl!" sagte er.
„Den Roderich Ka-
pahnke!" And darauf
wurde ich dann auch
verhaftet. Grade, als
mich drei Schutzleute
packten, wachte ich auf. Aber der Gedanke, daß Bunkel mich auf solche
Art in die Tinte bringen wollen würde, ließ mich dann nicht wieder
los. Mir scheint das so leicht möglich. Bunkel kann sich in seinem Laß
gegen mich irgendeine teuflische Beschuldigung ausdenkcn. Er kann
auch Kumpane dazu anstiften. Vielleicht hat man den Namen Roderich
Kapahnke bereits in die Mitgliederliste einer Räuberbande eingetragen.
And wenn die Liste der Polizei in die Lände fällt-mitgefangen,
mitgehangen! Ich mußte mich vor diesem quälenden Gedanken schützen,
Lerr Doktor. Ich habe mir gesagt: Wenn du irgend einer Antat ver-
dächtigt wirst, Roderich, dann hilft dir am sichersten ein Alibi. And
seitdem bin ich immer um ein Alibi besorgt. Da — sehen Sie meine
Agenda! Aeber die kürzesten Zeitabschnitte gibt sie Auskunft. Ich habe
sie immer bei mir und auch meinen Paß. Wenn ich in der Straßen-
bahn gefahren bin, muß mir der Schaffner das bestätigen. Wenn ich
„Der Magenbitter ist aber verdammt klein."
„Großen gibt's, wenn sich jemand bei uns den
Magen verdorben hat."
in einer Gastwirtschaft gegessen habe, muß der Wirt oder der
Kellner sich einschreiben. Ich bemühe damit Eisenbahnbeamte,
Kinokassiererinnen, Friseure, Leute, die Stühle in den Anlagen
vermieten usw.-ja, sogar jene alten Frauen, denen man
10 Pfennige bezahlt, wenn sie eine bestimmte Tür aufschließen.
Aber das ist nicht so einfach, Lerr Doktor. Manchmal habe ich
ekelhafte Scherereien. Die Leute halten mich dann gerade für einen
Gauner. And was ganz besonders Peinliches ist mir gestern passiert.
Da habe ich mit einer reizenden jungen Dame zu Abend gespeist
oder, wie ich wohl sagen darf, sogar soupiert, mit einer kleinen
Tänzerin-Lilly heißt sie. O, es war ein entzückender Abend!
Als ich sie dann aber bat, mir diesen Abend in meiner Agenda zu
bestätigen, da hat sie mir eine Ohrfeige 'runtergehauen und mich
einen widerwärtig indiskreten Kerl geschimpft. Sowas darf mir
nicht wieder passieren, Lerr Doktor! Sie müssen mir diese blöd-
sinnige Einbildung aus dem Kopf schaffen, weil der Kopf sonst
kaputt geht. Befreien Sie mich von dieser Qual!"
gehende Leihbibliothek — das wäre vielleicht nicht ohne!"
„Gleich nach dem Souper könnten Sie vielleicht
ein paar Lieder singen, Fräulein Thea; ich möchte
nämlich nicht, daß die Gäste allzulange bleiben."
291
hat und nicht wieder fortzuscheuchen ist. Ich habe furchtbar darunter zu
leiden, Lerr Doktor."
„Ah, ein nicht seltener Fall. Sie fürchten, inzwischen Ihr Geld zu
verlieren. Oder das Geschäft werde nicht einschlagen, nicht wahr?"
„Keine Rede von, Lerr Doktor. Ich bin ein gewiegter Kaufmann,
ich bin sogar gerissen. Nein, es handelt sich um ganz was anderes.
Bunkel ist schuld daran, ein früherer Kollege von mir, der aber-
na, sagen wir: gestrauchelt ist. Dieser Bunkel tauchte nach seiner Ent-
lassung aus dem Gefängnis-"
„Verzeihung 1" unterbrach Dr. Nasturtius. „Wie heißt er? Bunkel?"
„Jawohl — —
August Korbinian
Bunkel."
„Aha! Bitte, fah-
ren Sie fort!"
„Dieser Bunkel
tauchte also nach
seiner Entlassung
aus dem Gefängnis
bei mir auf, gerade
als ich zu meinem
Gelde gekommen
war, was er erfah-
ren haben mußte.
Natürlich wollte er
schnorren. Bunkel ist
ein Lump, und für
Lumpen habe ich
kein Geld. Da wurde
er unverschämt. „Ge-
meiner Lund!" sagte
er. „Du wirst auch
noch ins Kittchen
kommen."
Das war ein häß-
liches Erlebnis,Lerr
Doktor, und in der
Nacht darauf hatte
ich einen gräßliche»
Traum.Bunkel hatte
einen Einbruch ver-
übt, träumte ich, und
war später fest-
genommen worden.
Ob er einen Kom-
plizen gehabt habe,
wurde er gefragt.
„Jawohl!" sagte er.
„Den Roderich Ka-
pahnke!" And darauf
wurde ich dann auch
verhaftet. Grade, als
mich drei Schutzleute
packten, wachte ich auf. Aber der Gedanke, daß Bunkel mich auf solche
Art in die Tinte bringen wollen würde, ließ mich dann nicht wieder
los. Mir scheint das so leicht möglich. Bunkel kann sich in seinem Laß
gegen mich irgendeine teuflische Beschuldigung ausdenkcn. Er kann
auch Kumpane dazu anstiften. Vielleicht hat man den Namen Roderich
Kapahnke bereits in die Mitgliederliste einer Räuberbande eingetragen.
And wenn die Liste der Polizei in die Lände fällt-mitgefangen,
mitgehangen! Ich mußte mich vor diesem quälenden Gedanken schützen,
Lerr Doktor. Ich habe mir gesagt: Wenn du irgend einer Antat ver-
dächtigt wirst, Roderich, dann hilft dir am sichersten ein Alibi. And
seitdem bin ich immer um ein Alibi besorgt. Da — sehen Sie meine
Agenda! Aeber die kürzesten Zeitabschnitte gibt sie Auskunft. Ich habe
sie immer bei mir und auch meinen Paß. Wenn ich in der Straßen-
bahn gefahren bin, muß mir der Schaffner das bestätigen. Wenn ich
„Der Magenbitter ist aber verdammt klein."
„Großen gibt's, wenn sich jemand bei uns den
Magen verdorben hat."
in einer Gastwirtschaft gegessen habe, muß der Wirt oder der
Kellner sich einschreiben. Ich bemühe damit Eisenbahnbeamte,
Kinokassiererinnen, Friseure, Leute, die Stühle in den Anlagen
vermieten usw.-ja, sogar jene alten Frauen, denen man
10 Pfennige bezahlt, wenn sie eine bestimmte Tür aufschließen.
Aber das ist nicht so einfach, Lerr Doktor. Manchmal habe ich
ekelhafte Scherereien. Die Leute halten mich dann gerade für einen
Gauner. And was ganz besonders Peinliches ist mir gestern passiert.
Da habe ich mit einer reizenden jungen Dame zu Abend gespeist
oder, wie ich wohl sagen darf, sogar soupiert, mit einer kleinen
Tänzerin-Lilly heißt sie. O, es war ein entzückender Abend!
Als ich sie dann aber bat, mir diesen Abend in meiner Agenda zu
bestätigen, da hat sie mir eine Ohrfeige 'runtergehauen und mich
einen widerwärtig indiskreten Kerl geschimpft. Sowas darf mir
nicht wieder passieren, Lerr Doktor! Sie müssen mir diese blöd-
sinnige Einbildung aus dem Kopf schaffen, weil der Kopf sonst
kaputt geht. Befreien Sie mich von dieser Qual!"
gehende Leihbibliothek — das wäre vielleicht nicht ohne!"
„Gleich nach dem Souper könnten Sie vielleicht
ein paar Lieder singen, Fräulein Thea; ich möchte
nämlich nicht, daß die Gäste allzulange bleiben."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gleich nach dem Souper könnten Sie vielleicht ..." "Der Magenbitter ist aber verdammt klein. ..." "Anregungen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 181.1934, Nr. 4658, S. 291
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg