Fliegende Blätter (181.1934 (Nr. 4640-4665) = 90. Jahrg.)

Man ist nach Tische und unterhält
Sich sehr gebildet über den Fortschritt,
Die stete Zivilisierung der Welt,

Die durch die Zeit und von Ort zu Ort schritt.

Der Postdirektor erklärt, es sei
Besagter Fortschritt am besten zu messen
Am Ausmaß des Weltpostvereins; dabei
Sei kaum ein Winkel der Welt vergessen.

Die Dame des Hauses nickt mit Bedacht:
„Ach ja, die Post hat viel zu bedeuten !
Von wem wohl wurde der Anfang gemacht
Zur Post — ich meine von welcher Art Leuten?"

Der Großkaufmann hat die Antwort zur Hand:
„Leicht ist die Frage wohl aufzuhellen:
Der Handel war s, der die Post erfand;
Man mußte doch brieflich mal Waren bestellen.

Doch dem Professor scheint das profan.
,Jch meine, daß eher wohl die Gelehrten,
Damit Erkenntnisfortschritt getan,
Im Briefwechsel miteinander verkehrten.“

Der Rechtsanwalt lächelt: „Ich glaube vielmehr,
Mit Stänkereien hat es begonnen;
Zuerst sind Briefe wohl hin und her
Gegangen, wenn sich ein Streit entsponnen.“

Dagegen meint der Regierungs/at:

„O nein — es darf wohl behauptet werden
Die Post zuerst in Erscheinung trat
Im Schriftverkehr der Regierungsbehörden.

Der Hauptmann aber räuspert sich sehr:
„Die ersten Posten, mocht* ich betonen,
Verkehrten wohl eher beim Militär
Vom Hauptquartier nach den Garnisonen.

Zwei junge Leute sitzen dabei,

Die schweigen zu der umstrittenen Frage
Sie ist so traurig, das Herz ihm nicht frei -
Ach, morgen verreist er für lange Tage.

Nun lächeln sie doch einander an,
Und ihre Blicke können bekunden
Die rechte Antwort, die keiner gewann:
Die Post ward von der Liebe erfunden!

Peter Robinson


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