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„Nun, Albert, wofür begeisterst du dich so sehr: für den Gesang oder für die Frau?"
„Für den Gesang, Lermine, für den Gesang!"

„So-und als sie neulich im Rundfunk sang, hast du gar nicht hingehört.

Don Ralph tlrban

In der obersten Etage des zwei-
stöckigen vornehmen Wohnhauses an-
gelangt, blieb ein gutgekleideter junger
Mann eine Weile lauschend stehen. Dann
trat er an die Wohnungstür heran, zog
einen Bund Nachschlüssel aus der Tasche
und machte sich mit flinken Fingern
an die Arbeit. Schon nach wenigen
Sekunden hatte er das Schloß geöffnet
und trat ein. Von innen schob er den
Riegel vor. Nun konnte er sich Zeit
lassen, vor einer Stunde würde das
Stubenmädchen nicht zurückkommen. Die
Sache klappte. Der Wohnungsinhaber
befand sich in seinem Geschäft in der
Stadt, die Laüsfrau weilte auswärts zu
Besuch. Die Lausgehilfin hatte der Ein-
brecher angeblich im Auftrag ihres
Dienstherrn an das andere Ende der
Stadt geschickt.

Im Vorraum verschaffte sich der
Eindringling Gewißheit darüber, wo-
hinein die verschiedenen Türen führten,
dann nahm er zuerst das Schlafzimmer
in Augenschein. In einer Lade des Toi-
lettetisches fand er einige Schmuckgegenftände, mit denen sich seine
Bemühungen immerhin schon bezahlt machten. Er war aber gewohnt,
gründlich zu arbeiten, und so wandte er seine Aufmerksamkeit einem
verschlossenen Schrank zu. Spielend leicht brach er mit einem kleinen
Stemmeisen die Türen auf und warf die Wäsche aus den verschie-
denen Fächern. Als Fachmann kannte er die Gewohnheit der Laus-
frauen, Wirtschaftsgeld oder Ersparnisse im Wäscheschrank auszube-
wahren. Er erlebte auch diesmal keine Enttäuschung, sondern fand
bald, was er suchte. In einem Briefumschlag harrten seiner zwei
nagelneue Lunderter.

Reiseprogramm „Nee, lieber Freund, zwei Tage reichen nich' für
München! Was es da alles zu sehen gibt!"
„Sehen? Pah, Sie kucken ja doch bloß ins Glas!"

Zufrieden mit seinem bisherigen Erfolg, begab er sich in das
Arbeitszimmer des Lausherrn. Er trat an das geöffnete Fenster
und spähte vorsichtig hinunter. Auf der Straße ging alles seinen ge-
wohnten Gang. Nun machte sich der Einbrecher an den Schreibtisch.
Die Ausbeute war nicht schlecht: ein schönes Zigarettenetui und eine
Sammlung alter Goldmünzen. Zufrieden schmunzelnd verstaute der
Mann die Wertgegenstände in seinen Taschen und zündete sich eine
Zigarette aus dem Besitz des Wohnungsinhabers an. Jetzt war er
fertig und konnte gehen. Mechanisch trat er nochmals ans Fenster
und warf einen Blick auf die Straße. And er erschrak so, daß er
kreideweiß wurde. Anten war alles schwarz vor Menschen, die
regungslos zu ihm hinaufstarrten. Im Augenblick aber, da er sich
gezeigt hatte, fuhren hundert Arme hoch. „Da ist er, da ist er!"
erschollen fast einstimmige Schreie. Der Einbrecher riß sich zu-
sammen und sprang vom Fenster zurück. Kein Zweifel, er war
verraten. Er hatte keine Zeit, nach der Arsache seines Pechs zu
forschen, es gab jetzt nur eines: die Flucht. Vielleicht gelang es
ihm noch, vor dem Eintreffen der Polizei zu entkommen, obwohl ihm
dies gar nicht wahrscheinlich schien, denn die Leute unten würden
ihn sicher nicht ungeschoren aus dem Laus lassen. Tätige Neue
aber ist stets ein Milderungsgrund vor Gericht. Schweren Lerzens
leerte der Mann die ganze Beute wieder aus dem Schreibtisch
aus und trennte sich auch von den Banknoten. Dann versuchte
er sein Glück und sauste die Treppe hinunter. Eben langte er in
dem Gang an, der zum Ausgang führte, als er durch das Laus-
tor einen Schutzmann treten sah. Geistesgegenwärtig warf er sich
zurück und sprang die Kellertreppe hinunter. Anten angelangt,
kauerte er sich in eine Ecke. Über sich hörte er laute Stimmen,
und dann fiel ihm ein Stein vom Lerzen. Die Schritte bewegten
sich die Treppe hinauf, man hatte ihn nicht gesehen. Jetzt hieß
es aber sicher und rasch handeln. Er wischte sich den Angstschweiß
von der Stirne, nahm Laltung an und zündete sich eine Zigarette
an. Dann stieg er die Kellertreppe hoch und trat mit festem
Schritt aus dem Laustor. Niemand behelligte ihn, die Leute
blickten noch immer nach oben. Er war gerettet. Schade um die
Beute! Womit er sich wohl verraten hatte? Er drängte sich durch
die Menge, und nachdem er sich unter den Gaffern verloren hatte,
sah mit säuerlichem Lächeln auch er hinauf. Im nächsten Augen-
blick aber unterdrückte er nur mit Mühe einen Wutschrei. Knapp
oberhalb jenes geöffneten Fensters saß auf der Dachrinne ein
farbenprächtiger Papagei und blickte starr auf eine ältere Frau,
die aus einer Luke des Dachbodens heraus in herzzerreißenden
Tönen den Entflogenen zur Rückkehr zu bewegen suchte.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Nun, Albert, wofür begeisterst du dich so sehr ...?" "Reiseprogramm"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Niemeyer-Moxter, E.
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 181.1934, Nr. 4662, S. 367

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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