Das Vorbild
Otto und Willi waren Freunde. Otto war der Sparsame
von den beiden, Willi gab das Geld gern aus, ohne zu zählen.
„Ich verstehe nicht, wie du mit der kleinen Summe im Monat
so fabelhaft herumkommst," sagte Willi.
„Das ist bloß Gewohnheit und Aebungssache. Es ist z. B.
gar nicht notwendig, daß du nach dem Kaffee im Lokal noch ein
oder zwei teure Liköre trinkst. And so gibt es tausend Dinge,
die man, ohne irgend etwas zu vermissen, glatt sparen kann."
„Das liegt mir nicht," meinte Willi.
Im Stillen aber nahm er sich vor, es genau so wie Otto zu
machen. Dazu würde bald eine prächtige Gelegenheit sein. Die
beiden Freunde hatten zu Weihnachten eine kleine Fahrt ins
Gebirge verabredet. Drei, vier Tage wollten sie es sich einmal
gut gehen lassen. Ein nettes, kleines Äotel mit allem Komfort
war ausfindig gemacht worden, das Wetter versprach, schön zu
werden.
Willi hatte sich fest vorgenommen, einen Versuch mit Ottos
Lebensweise zu machen. Zum Teufel! Warum sollte er denn
immer das dreifache ausgeben! Otto hatte doch genau so viel
vom Dasein wie er, vielleicht sogar noch mehr. Am Ende war
die ganze Kunst, sich auch einmal etwas versagen zu können. Er
war entschlossen, Otto zu beobachten, ihn bestellen zu lassen, und
dann genau das gleiche zu bestellen.
Der erste Mittag im Äotel.
Die beiden Freunde studierten die Speisekarte. Sehnsüchtig
glitt Willis Blick über die Krebssuppe und die raffinierten Cham-
pignonschnitzel hinunter zu den billigen Pasteten und Gulaschs.
And wieder hinauf.
„Ober!" rief er spontan. Doch, als der Ober da war, fügte
er hinzu:
„Nein, ich bin noch nicht so weit. Bedienen Sie erst den
Lerrn."
WöMM
Verkehrsunsicherheit „Si . . siehst«, Eugenie,
bei . . . beinah' hätt' mich das Au . . . Auto überfahren!"
„Ist das nun die Nummer oder die Jahreszahl von deinem Wagen?"
„Bringen Sie mir Krebssuppe," sagte Otto, „dann nehme ich Not-
zungenfilet mit Mayonnaise, dann Schnitzel Lolstein und nachher
Eisbombe."
Willi schwindelte es vor Glück.
„And mir geben Sie dasselbe, genau dasselbe. Ober!" rief er.
Am Nachmittag bestellte Otto einen doppelten Mokka und ließ sich
dann noch echten Lenessy und Curs^ao triple sec anfahren. Willi tat
begeistert mit.
Abends bestellte Otto wieder in großer Form. Nach dem Essen
schlug er eine gemeinsame Flasche Burgunder vor. Willi hätte ihn
umarmen können.
So ging das drei herrliche Tage. Als sie am letzten Abend auf
ihre Zimmer gingen, sagte Willi: „Du bist mir ein Rätsel, Mensch!"
„Wieso?"
„Na, du lebst doch genau so bong wie ich. Wie du das mit deinen
250 Mark darstellen kannst, das begreife ich jetzt weniger denn je. Ich
hatte mir vorgenommen, auf dieser Reise zu sparen und auf keinen
Fall mehr auszugeben als du. Ein leuchtendes Vorbild solltest du mir
sein, aber-"
„Du lieber Limmel," lachte Otto, „so ein Pech! And ich hatte mir
vorgenommen, die drei Tage mal in deinem Stil zu leben."
Der Verliebte
„Aergere dich doch nicht, daß mir die Laare so ausgehen! Das
kommt vom vielen Denken!"
„Was hast du denn viel zu denken?"
„Ich denke immer an dich, Liebste!"
„26eißt du mir kein harmloses Mittel gegen Schlaflosigkeit?"
„Das beste Mittel, das ich kenne, ist: bis tausend zählen!"
„Ganz nett — aber unser Baby kann leider noch nicht zählen!"
Deutlich
„Warum wollen Sie mich nicht heiraten, Ellen?"
„Ansere ganze Familie ist dagegen."
„Aber wenn Sie doch."
„Ich sage ja: unsere ganze Familie."
„Ä)!eister, Äerr Lehmann war hier und beschwerte sich darüber, daß
der Anzug, den Sie ihm gemacht haben, nicht paßt. Er sagte, am
liebsten würde er Ihnen den Anzug um die Ohren schlagen!"
„And was hast du darauf gesagt?"
„Ich bedauerte, daß Sie nicht da seien!"
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Otto und Willi waren Freunde. Otto war der Sparsame
von den beiden, Willi gab das Geld gern aus, ohne zu zählen.
„Ich verstehe nicht, wie du mit der kleinen Summe im Monat
so fabelhaft herumkommst," sagte Willi.
„Das ist bloß Gewohnheit und Aebungssache. Es ist z. B.
gar nicht notwendig, daß du nach dem Kaffee im Lokal noch ein
oder zwei teure Liköre trinkst. And so gibt es tausend Dinge,
die man, ohne irgend etwas zu vermissen, glatt sparen kann."
„Das liegt mir nicht," meinte Willi.
Im Stillen aber nahm er sich vor, es genau so wie Otto zu
machen. Dazu würde bald eine prächtige Gelegenheit sein. Die
beiden Freunde hatten zu Weihnachten eine kleine Fahrt ins
Gebirge verabredet. Drei, vier Tage wollten sie es sich einmal
gut gehen lassen. Ein nettes, kleines Äotel mit allem Komfort
war ausfindig gemacht worden, das Wetter versprach, schön zu
werden.
Willi hatte sich fest vorgenommen, einen Versuch mit Ottos
Lebensweise zu machen. Zum Teufel! Warum sollte er denn
immer das dreifache ausgeben! Otto hatte doch genau so viel
vom Dasein wie er, vielleicht sogar noch mehr. Am Ende war
die ganze Kunst, sich auch einmal etwas versagen zu können. Er
war entschlossen, Otto zu beobachten, ihn bestellen zu lassen, und
dann genau das gleiche zu bestellen.
Der erste Mittag im Äotel.
Die beiden Freunde studierten die Speisekarte. Sehnsüchtig
glitt Willis Blick über die Krebssuppe und die raffinierten Cham-
pignonschnitzel hinunter zu den billigen Pasteten und Gulaschs.
And wieder hinauf.
„Ober!" rief er spontan. Doch, als der Ober da war, fügte
er hinzu:
„Nein, ich bin noch nicht so weit. Bedienen Sie erst den
Lerrn."
WöMM
Verkehrsunsicherheit „Si . . siehst«, Eugenie,
bei . . . beinah' hätt' mich das Au . . . Auto überfahren!"
„Ist das nun die Nummer oder die Jahreszahl von deinem Wagen?"
„Bringen Sie mir Krebssuppe," sagte Otto, „dann nehme ich Not-
zungenfilet mit Mayonnaise, dann Schnitzel Lolstein und nachher
Eisbombe."
Willi schwindelte es vor Glück.
„And mir geben Sie dasselbe, genau dasselbe. Ober!" rief er.
Am Nachmittag bestellte Otto einen doppelten Mokka und ließ sich
dann noch echten Lenessy und Curs^ao triple sec anfahren. Willi tat
begeistert mit.
Abends bestellte Otto wieder in großer Form. Nach dem Essen
schlug er eine gemeinsame Flasche Burgunder vor. Willi hätte ihn
umarmen können.
So ging das drei herrliche Tage. Als sie am letzten Abend auf
ihre Zimmer gingen, sagte Willi: „Du bist mir ein Rätsel, Mensch!"
„Wieso?"
„Na, du lebst doch genau so bong wie ich. Wie du das mit deinen
250 Mark darstellen kannst, das begreife ich jetzt weniger denn je. Ich
hatte mir vorgenommen, auf dieser Reise zu sparen und auf keinen
Fall mehr auszugeben als du. Ein leuchtendes Vorbild solltest du mir
sein, aber-"
„Du lieber Limmel," lachte Otto, „so ein Pech! And ich hatte mir
vorgenommen, die drei Tage mal in deinem Stil zu leben."
Der Verliebte
„Aergere dich doch nicht, daß mir die Laare so ausgehen! Das
kommt vom vielen Denken!"
„Was hast du denn viel zu denken?"
„Ich denke immer an dich, Liebste!"
„26eißt du mir kein harmloses Mittel gegen Schlaflosigkeit?"
„Das beste Mittel, das ich kenne, ist: bis tausend zählen!"
„Ganz nett — aber unser Baby kann leider noch nicht zählen!"
Deutlich
„Warum wollen Sie mich nicht heiraten, Ellen?"
„Ansere ganze Familie ist dagegen."
„Aber wenn Sie doch."
„Ich sage ja: unsere ganze Familie."
„Ä)!eister, Äerr Lehmann war hier und beschwerte sich darüber, daß
der Anzug, den Sie ihm gemacht haben, nicht paßt. Er sagte, am
liebsten würde er Ihnen den Anzug um die Ohren schlagen!"
„And was hast du darauf gesagt?"
„Ich bedauerte, daß Sie nicht da seien!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Verkehrsunsicherheit" "Nummer oder Jahrszahl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 182.1935, Nr. 4692, S. 15
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg