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Dingeldehs Raster-Salon

weben die Schicksalssäden! Während sich Dingeldey im arglosen
Genuß seines Frühstücks dem Verhängnis noch entrückt glaubte,
stand der Jüngling schon, jubilierend und dem Freunde tückisch kein
Wort verratend, aus dem Sprunge, als erster Kunde den Rasier-
Salon einzuweihen.

Dingeldey hatte sich gerade behaglich den Mund gewischt und
war mit der nun wieder hoffnungsvoll dampfenden Pfeife vors
Laus getreten, um den Jasmin zu betrachte», als der junge Lerr
eifrig auf ihn zusprang und den Wunsch hervorstieß, gleich rasiert
zu werden.

Der bestürzte Dingeldey warf einen Blick empor und starrte
den Kunden mit offenem Munde an.

„Gratuliere zur Eröffnung!" sagte der Jüngling fröhlich — „aber
nun rasch, bitte, ich habe es eilig!"

Wie ein Pfeil schoß er ins Eckzimmer und saß auch schon in
dem geheimnisvollen Stuhl.

Dingeldey stellte die Pfeife mit zitternder Land in die Ecke.

„Jetzt gleich?" kam es tonlos aus seinem Munde.

„Wie denn?" fragte der Jüngling barsch.

Dingeldey regte blaß, mit bebendem Munde an, daß der Lerr
am Nachmittag, vielleicht um fünf Uhr, kommen solle.

Aber daran war nicht zu denken. Der junge Mensch forderte
brüsk, auf der Stelle behandelt zu werden.

Da sah Dingeldey ein, daß es kein Zurück gab. Wohlan! dachte
er bleich und verstört und tatterte eine Zeitlang um den ahnungslos
im Stuhl ruhenden Kunden herum. Die Messer lagen sorgfältig
auf dem Tuch ausgebreitet und funkelten in der Sonne.

Der Jüngling, in Erwartung baldiger Befreiung von seine»
Stoppeln, begann ein leutseliges Gespräch, an dem sich Dingeldey
erst stotternd und befangen, allmählich aber lebhafter beteiligte, denn
die Frist vom Schaumschlagen bis zum unmittelbaren Eingreifen
schien ihm noch lang. In dem Bestreben, das Aeußerste hinauszu-
fchieben, schlug er mit Kraft ungeheure Mengen Schaum. Als sich
die ersten Zeichen der Angeduld beim Kunden meldeten, begann er,
unter hastig hervorgestoßenen Aphorismen über Gott und die Welt
ein endloses und über alle Maßen üppiges Einseifcn. Der Jüng-
ling, unter der Wucht des Schaums fast erstickend, röchelte indessen
immer ungeduldiger, und so beschloß Dingeldey, wenn auch mit
schlotternden Knien, zur Tat zu schreiten.

Während er mit bebenden Länden über dem an der Last des
Seifenschaums schwer tragenden jungen Manne hing, gab ihm der
Limmel die Bemerkung ein: „Erst mal leicht vorrasieren I"

Er wußte in seiner Kopflosigkeit selbst nicht, was das bedeuten
solle. Aber es klang so fachlich und schien dem Kunden so neu, daß
er wieder Vertrauen faßte und sich in sein Schicksal ergab.

Dingeldey schabte nun eine Zeitlang auf der Backe des Jüng-
lings hin und her, als er plötzlich bemerkte, daß ihm die Knie seines
Opfers empfindlich im Wege waren. Seufzend hielt er inne und
versuchte, jenem von der Seite beizukommen. Aber nun sah er vor

Aufregung überhaupt nichts mehr und mußte den Kneifer aufsetzen.
„Bitte, den Kopf etwas zurück!" stammelte er tonlos, um nur etwas
zu sagen. Aber als der Jüngling gurgelnd ganz nach hinten überfiel,
sah Dingeldey die straff gespannte Kehle und erschrak zu Tode bei
dem Gedanken, daß ihn ein Gelüst anwandeln könne, da hineinzu-
schneiden. Man hatte von dergleichen gelesen.

Aeber dem allen wurde das bedauernswerte Opfer denn doch
stutzig. Es drehte den schaumbeladenen Kopf ächzend herum und sah
im Spiegel mit Entsetzen, daß Dingeldey murmelnd und schwitzend
bald zum Schaben ansetzte, bald sinnlos neuen Schaum auf das Ge-
sicht häufte. Nun siel ihm auch noch der Kneifer von der Nase und
versank klatschend im Becken.

„Was tun Sie denn bloß!" wimmerte der Jüngling.

„Einen Augenblick, ein kleines Augenblickchen," lispelte Dingeldey,
der, nun völlig kopflos, eine Fußbank heranzog und, auf sie steigend,
den Angriff von rückwärts wiederholte.

Mit der Kraft der Verzweiflung hieb er dem jungen Mann
das Messer ins Kinn. Ein Schrei ertönte aus dem Schaumgebirge,
flackernde Augen stierten in den Spiegel und sahen, daß es rosig
aufquoll.

„Sie sind wohl ganz verrückt!" heulte der Jüngling.

Dingeldey hob die blutbefleckten Lände empor und sagte er-
schöpft, aber inständig zuredend: „Ich würde Ihnen raten, sich einen
Bart stehen zu lassen. Es kleidet Sie besser — ganz bedeutend besser!"

Als der mit Pflastern verschwenderisch beklebte junge Lerr nach
einer reichlichen Stunde, an Leib und Seele gebrochen, den Salon
verlassen hatte, nahm Dingeldey die Glückwünsche der Familie zum
ersten Kunden mit bitteren Empfindungen entgegen. Eine innere
Stimme sagte ihm, daß mit diesem Tage die Loffnung auf ein vor-
wiegend der Beschaulichkeit gewidmetes Dasein für immer dahin-
geschwunden sei.

Kinkerlitzchen

Das türkische Gesundheitsministerium hat den Damenfriseuren
verboten, Dauerwellen herzustellen; sämtliche dazu dienenden Appa-
rate sind beschlagnahmt worden.

Bei den Damen wird es nun statt der Dauerwellen Wogen der
Empörung geben. Die geschädigten Friseure aber werden, wenn sie
unter sich sind, tüchtig schimpfen; sie werden kein gutes Laar am
Gesundheitsministerium lassen.

In Afghanistan ist eine Kopfsteuer mit drei Stufen eingeführt
worden. Für die Einreihung ist das Körpergewicht des Steuer-
pflichtigen entscheidend; schwere Leute müssen am meisten zahlen,
weil man bei ihnen größere Wohlhabenheit annimmt.

Jedenfalls sind bereits Spekulanten am Werk, große Mengen
von Entfettungstee, Abmagerungspillen und ähnlichen Mitteln zum
Export nach Afghanistan aufzukaufen.

Zähne gut — alles gut. So kann
man wohl sagen. Deswegen Pflege,
gute Pflege mit NIVEA-Zahnpasta.
Beste Rohstoffe geben ihr größte
Wirksamkeit. Und der Preis: nur

50 Pfennig kostet die große Tube.

die grosse Tube

Mild, leicht schäumend,
wundervoll im Geschmack

Anzeigen-Annahme: Verlag „Fliegende Blätter“, München 27, Mölilstr. 34 und alle Werbe-Mittler.

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