Zeichnung von ®. Trauü
Rettich, Schnittlauch und Spinat.
Vater Griesgram, Mutter Grämlich
Kaufen dort sich den Salat.
Viel Geschacher, viel Gegacker
Um ein kleines Häuptlein Kraut.
Endlich kommt ein Kauf zustande,
Und die Marktfrau ist erbaut.
Fällt ein Regen, flüchtet alles
Eilig unter Dach und Fach.
Spatzen warten in der Rinne,
Tauben auf dem Kirchendach.
Georg Schwarz
Von Peter Robinson
Der Rummel mit der „Kette des Glücks" ist jetzt wieder
einmal im Gange; unbekannte Absender schicken Briefe aus,
die von den Empfängern neunmal abgeschrieben und an
Leute weitergesandt werden sollen, denen man wohl will.
Lerrliche Glücksgaben werden denen verheißen, die das so-
fort getreulich befolgen, aber schwere Schläge des erzürnten
Schicksals jenen angedroht, die nichtswürdig genug sind,
nicht zur Feder zu greifen, das Porto für neun Briefe
zu sparen und damit die Kette des Glücks zu unterbrechen.
Vor einer Woche zeigte mir Rabitz solch einen Brief,
den er grade bekommen hatte. „Dummes Zeug!" meinte er
ohne besondere Entrüstung. Aber Akley, der dabei saß, war
empört. „Ein gemeiner Anfug ist sowas! Welcher Schurke
mag sich das zuerst ausgedacht haben? Sollte vielleicht der
Weltpostverein dahinter stecken? Oder ein Konzern von
Briefpapiersabrikanten? Bedenken Sie doch: Leute läßt
also jemand neun solche Briefe los. Morgen sind es dann
schon 81, übermorgen 729, und am neunten Tage wird zwar
die Bevölkerung Europas noch ausreiche», die nötigen Brief-
enipfänger zu stellen, aber schon am zehnten Tage genügte
die ganze Menschheit auf der Erde nicht mehr. Welch ein
Wahnsinn!"
Rabitz sah das ein. Aber er meinte: „Zn den Ver-
sprechungen und Drohungen liegt doch eine gewisse Beein-
flussung, der viele sich nicht entziehe» können."
„Quatsch!" schäumte Akley. „Sehen Sie sich doch den
Blödsinn genau an! Wörtlich abgeschrieben soll der Brief
werden. Liber er fängt an: ,Ein spanischer Offizier hat
diese Kette begonnen, die neunmal um die Erde gehen soll/
— Bitte: hat denn der spanische Offizier in deutscher
Sprache geschrieben?"
Rabitz machte es Vergnügen, Akley zu reizen. „Er kann
ja neun Briefe in neun verschiedenen Sprachen geschrieben
haben."
„Lächerliche Vermutung! And wenn selbst — — wie
konnte er aber schon zu Beginn wissen, was sich im Laufe
der Kette ereignen würde? Zum Beispiel: daß infolge
Anterbrechens der Kette dem Landwirt Iökelmann sein un-
versichertes Anwesen abbrennen würde. Wie konnte er das
wissen, he?"
Rabitz reizte weiter. „Es mag sich ja um Beispiele
einer früheren Kette handeln."
Akley war fassungslos. „Sie glauben daran? Sie ivollen
womöglich das Geschmiere jetzt neunmal abschreiben und
weiter schicken?"
Diese Vermutung wollte Rabitz doch nicht aufkommen
lassen. „Aber nein!" sagte er und zerriß den Brief i»
winzige Fetzen. „So, jetzt ist er erledigt!" Darauf war
Akley zufrieden und ging ab.--
Nachher tat es Rabitz leid. „Ich hätte mir den Brief
aufheben sollen; er war so schön blödsinnig. Schade!"
Ich tröstete Rabitz. „Wir können ja einen neuen fab-
rizieren, einen noch viel schöneren. Nehmen wir mal gleich
einen Briefbogen! So — nun geben Sie sich auch Mühe,
Lerr Rabitz! Lassen Sie sich allerlei Schönes einfallen!"
And dann kriegten wir diesen Brief zustande:
„Ein Großwürdenträger auf Malta hat diese Kette begonnen, die
neunmal um die Erde gehen muß. Schreiben Sie diesen Brief neun-
mal ab und schicken Sie ihn innerhalb 24 Stunden an neun Menschen
von Begabung und Lerzensgüte. In drei Tagen schon werden Sie
die Gunst des Schicksals spüren. Glück winkt jedem, der die Kette
ohne Verzug weitergehen läßt. Leutnant Kasimir Ponatzky gewann den
Lauptgewin» der Krakauer Pferdelotterie. Der bisher völlig unbe-
kannte lyrische Tenor Luigi Poncini wurde an das Scala Theater in Mai-
land engagiert. Der Streckenwärter August Lampel rettete den Luxus-
zug Warschau-Paris vor Entgleisung und wurde von den Insassen
des Zuges reich belohnt. Der Stierkämpfer Fernando de la Barca
in Sevilla errang die Land einer amerikanischen Millionenerbin.
Aber hüten Sie sich, die Kette zu unterbrechen! Schwere Folgen
kommen auf das Laupt dessen, der leichtsinnig oder aus frevelhaftem
Aebermut dem Gebot der Kette nicht folgt. Sanitätsrat Dr. Strubel
starben in einer Woche sieben Patienten. Die Tänzerin Pepita brach
ein Bein. Der Dramatiker Matthieu Ioubiac wurde in Paris jäm-
merlich ausgepsiffeu. Der japanische Lopfenhündler Kitasato beging
Larakiri. Kapitän Fitzwilliams geriet mit seinem Schiff auf ein
Riff im Karibischen Meere.
Reichen Sie die Kette weiter!"
Rabitz freute sich sehr über diesen Brief. „Den schicke ich sofort
ab — aber nur das eine Exemplar! Ler mit einem Amschlag!" And
(Fortsetzung Seite 336)
333
Rettich, Schnittlauch und Spinat.
Vater Griesgram, Mutter Grämlich
Kaufen dort sich den Salat.
Viel Geschacher, viel Gegacker
Um ein kleines Häuptlein Kraut.
Endlich kommt ein Kauf zustande,
Und die Marktfrau ist erbaut.
Fällt ein Regen, flüchtet alles
Eilig unter Dach und Fach.
Spatzen warten in der Rinne,
Tauben auf dem Kirchendach.
Georg Schwarz
Von Peter Robinson
Der Rummel mit der „Kette des Glücks" ist jetzt wieder
einmal im Gange; unbekannte Absender schicken Briefe aus,
die von den Empfängern neunmal abgeschrieben und an
Leute weitergesandt werden sollen, denen man wohl will.
Lerrliche Glücksgaben werden denen verheißen, die das so-
fort getreulich befolgen, aber schwere Schläge des erzürnten
Schicksals jenen angedroht, die nichtswürdig genug sind,
nicht zur Feder zu greifen, das Porto für neun Briefe
zu sparen und damit die Kette des Glücks zu unterbrechen.
Vor einer Woche zeigte mir Rabitz solch einen Brief,
den er grade bekommen hatte. „Dummes Zeug!" meinte er
ohne besondere Entrüstung. Aber Akley, der dabei saß, war
empört. „Ein gemeiner Anfug ist sowas! Welcher Schurke
mag sich das zuerst ausgedacht haben? Sollte vielleicht der
Weltpostverein dahinter stecken? Oder ein Konzern von
Briefpapiersabrikanten? Bedenken Sie doch: Leute läßt
also jemand neun solche Briefe los. Morgen sind es dann
schon 81, übermorgen 729, und am neunten Tage wird zwar
die Bevölkerung Europas noch ausreiche», die nötigen Brief-
enipfänger zu stellen, aber schon am zehnten Tage genügte
die ganze Menschheit auf der Erde nicht mehr. Welch ein
Wahnsinn!"
Rabitz sah das ein. Aber er meinte: „Zn den Ver-
sprechungen und Drohungen liegt doch eine gewisse Beein-
flussung, der viele sich nicht entziehe» können."
„Quatsch!" schäumte Akley. „Sehen Sie sich doch den
Blödsinn genau an! Wörtlich abgeschrieben soll der Brief
werden. Liber er fängt an: ,Ein spanischer Offizier hat
diese Kette begonnen, die neunmal um die Erde gehen soll/
— Bitte: hat denn der spanische Offizier in deutscher
Sprache geschrieben?"
Rabitz machte es Vergnügen, Akley zu reizen. „Er kann
ja neun Briefe in neun verschiedenen Sprachen geschrieben
haben."
„Lächerliche Vermutung! And wenn selbst — — wie
konnte er aber schon zu Beginn wissen, was sich im Laufe
der Kette ereignen würde? Zum Beispiel: daß infolge
Anterbrechens der Kette dem Landwirt Iökelmann sein un-
versichertes Anwesen abbrennen würde. Wie konnte er das
wissen, he?"
Rabitz reizte weiter. „Es mag sich ja um Beispiele
einer früheren Kette handeln."
Akley war fassungslos. „Sie glauben daran? Sie ivollen
womöglich das Geschmiere jetzt neunmal abschreiben und
weiter schicken?"
Diese Vermutung wollte Rabitz doch nicht aufkommen
lassen. „Aber nein!" sagte er und zerriß den Brief i»
winzige Fetzen. „So, jetzt ist er erledigt!" Darauf war
Akley zufrieden und ging ab.--
Nachher tat es Rabitz leid. „Ich hätte mir den Brief
aufheben sollen; er war so schön blödsinnig. Schade!"
Ich tröstete Rabitz. „Wir können ja einen neuen fab-
rizieren, einen noch viel schöneren. Nehmen wir mal gleich
einen Briefbogen! So — nun geben Sie sich auch Mühe,
Lerr Rabitz! Lassen Sie sich allerlei Schönes einfallen!"
And dann kriegten wir diesen Brief zustande:
„Ein Großwürdenträger auf Malta hat diese Kette begonnen, die
neunmal um die Erde gehen muß. Schreiben Sie diesen Brief neun-
mal ab und schicken Sie ihn innerhalb 24 Stunden an neun Menschen
von Begabung und Lerzensgüte. In drei Tagen schon werden Sie
die Gunst des Schicksals spüren. Glück winkt jedem, der die Kette
ohne Verzug weitergehen läßt. Leutnant Kasimir Ponatzky gewann den
Lauptgewin» der Krakauer Pferdelotterie. Der bisher völlig unbe-
kannte lyrische Tenor Luigi Poncini wurde an das Scala Theater in Mai-
land engagiert. Der Streckenwärter August Lampel rettete den Luxus-
zug Warschau-Paris vor Entgleisung und wurde von den Insassen
des Zuges reich belohnt. Der Stierkämpfer Fernando de la Barca
in Sevilla errang die Land einer amerikanischen Millionenerbin.
Aber hüten Sie sich, die Kette zu unterbrechen! Schwere Folgen
kommen auf das Laupt dessen, der leichtsinnig oder aus frevelhaftem
Aebermut dem Gebot der Kette nicht folgt. Sanitätsrat Dr. Strubel
starben in einer Woche sieben Patienten. Die Tänzerin Pepita brach
ein Bein. Der Dramatiker Matthieu Ioubiac wurde in Paris jäm-
merlich ausgepsiffeu. Der japanische Lopfenhündler Kitasato beging
Larakiri. Kapitän Fitzwilliams geriet mit seinem Schiff auf ein
Riff im Karibischen Meere.
Reichen Sie die Kette weiter!"
Rabitz freute sich sehr über diesen Brief. „Den schicke ich sofort
ab — aber nur das eine Exemplar! Ler mit einem Amschlag!" And
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kleiner Markt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 182.1935, Nr. 4712, S. 333
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg