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„Mit dem Lobe! und etwas Grütze im Kopf werden wir
den Burschen schon kriegen!"

Der Mann,

der nicht ausreden läßt

Von Peter Kringel

Schippe! steigt in Kreiensen um.

Er wartet aus den Anschlußzug nach
Berlin. Der hat Verspätung, und des-
halb wandert Schippe! den menschen-
vollen Bahnsteig auf und ab.

Auf einmal steht er vor Brundig
und hat ihn auch schon am Mantelknops.

„Ja, sowas! Brundig, wie gehts
Ihnen? Was machen Sie hier? Ich hatte
gehört. Sie hätten vor 8 Tagen geheira-
tet und vermutete Sie unbedingt auf
der Lochzeitsreise. Wie gehts Ihrer
jungen Frau?"

„Ach," sagt Brundig, „das ist ein
Kapitel für sich."

„Soso, stimmt denn nicht alles?

Wie?"

„Adele ist eine reizende Person —"

„Labe ich nicht anders vermutet!" fällt Schippe! ein.

„Aber, nun ja, meine Frau ist leider durch-"

„Lieber Freund," setzt Schippe! zu einem längeren Speech an,
„das kommt nun einmal vor. Lassen Sie sichs nicht allzusehr zu
Lerzen gehen. Der Starke ist am mächtigste» allein! sagt schon
Tasso in seinem Trauerspiel „Der Bauer als Millionär". Es ist
halt überhaupt so eine Sache mit der Ehe. Wenn man sichs richtig
überlegt, ist man ja doch immer allein. Leiraten ist gut, aber nicht
heiraten ist besser! Das kennen Sie doch? Die größten Männer
waren eigentlich immer Junggesellen. Denken Sie nur an Kant,
Nietzsche. Diese Beispiele könnte ich beliebig vermehren. Die Axt
im Laus erspart den Zimmermann. Latten Sie sich das immer vor
Augen! Es liegt ein großer Trost in diesen Sprüchen unsrer Denker
und Dichter. And dann: Ihr Fall ist noch lange nicht der schlimmste.
Ich kann Ihnen Sachen erzählen, daß sich Ihnen der Lut auf dem
Kopse sträubt. Ein Vetter von mir — der Name tut nichts zur
Sache — in der Mark wohnt der Mann und hat einen Textilwaren-
laden, also mein Vetter Fritz Belchow — hatte ich den Namen
schon erwähnt? — Sie reden ja nicht drüber, nicht wahr? — der
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hatte eine Braut. Die Zuneigung war groß, das Leiraten konnten sie
gar nicht erwarten. Was glauben Sie, auf dem Weg zum Standes-
anrt-- —"

„Aber Lerr Schippe!, ich rede ja von was ganz anderm! Was
erzählen Sie mir denn da alles? Ich sagte Ihnen doch, daß meine
Frau —-*

„Erregen Sie sich nicht, mein Bester! Die Lauptsache ist, den Kops
klar und das Blut kalt bewahren. Schwierigkeiten sind dazu da, damit
man sie überwindet, und Schicksalsschläge legt uns die Vorsehung nur
deshalb in den Schoß, um uns den Nacken zu steifen. Das sind immer
meine Grundsätze gewesen. Lier in meinem Koffer — ach so, der steht
ja da drüben! — habe ich das Buch Menschen untereinander von Graf
John Tolstoi. Es begleitet mich auf allen meinen Reisen. Das sollten
Sie auch mal lesen. Es richtet einen direkt auf! Aebrigens, wenn Sie
das trösten kann, dann will ich Ihnen verraten, daß Agathe, meine
Frau, auch mal die Vorstellung hatte, sie könne mit mir nicht restlos
glücklich sein, und daß — —"

„Lieber Lerr Schippel, erzählen Sie mir bitte nichts! Ich brauche
keinen Trost. Ich Hab mich ja damit abgefunden, daß Adele durch —"

„Was heißt abgefunden, Lerr Brundig? Wenn Sie die Frau
gern haben, dann dürfen Sie sich nicht damit abfinden. In alle Winkel
der Welt würde ich ihr nachreisen. Man muß die Menschen sehr oft
zu ihrem Glück direkt zwingen. Ich könnte Ihnen da ein sehr lehr-
reiches Beispiel aus meiner engeren Verwandtschaft — — aber ich
glaube, da kommt mein Zug. Fahren Sie auch nach Berlin?"

„Ich fahre nach Düsseldorf. And
damit sie keine falsche Vorstellung
von mir und meiner Frau haben,

lassen Sie mich endlich --*

„Ansinn, lieber Lerr Brundig.
Ich kenne die Welt. Aber geben
Sie mir rasch Ihre Adresse. Ich

schicke Ihnen mal den Tolstoi-

Sagen Sie mal, ist 3. Klasse ganz
da hinten? Also, auf Wiedersehen,
Lerr Brundig."

Aber Brundig braucht noch nicht
einzusteigen. Er saust hinter Schip-
pel her und erwischt ihn noch beim
Linaufklettern.

„Ich wollte Ihnen nur sagen,
daß meine Frau — aber lassen Sie
mich jetzt gefälligst endlich ausreden!
Meine Frau ist durchtrainierte
Leichtathletin und mit ihrem Klub
drei Monate nach England gefahren."

Langer Brautstand

„Leute vor fünfundzwanzigIahren verlobte ich mich mit meinerAnna I"
„Da haben Sie wohl bald auch silberne Lochzeit?"

„Nein, verheiratet sind wir noch nicht!"

Stilblüte

„Die Audienz war kurz. Ein äußerst frostiger
Empfang in dem überheizte» Zimmer I"

Widerspruchsvoll

„Warum sind Sie um
diese Zeit nicht in Ihrem
schönen Garten,son-
dern hier auf der
staubigenChaussee?"

„Es kam unliebsa-
mer Besuch, da habe
ich mich aus dem
Staube gemacht!"

Die Morgenröte

Die Abendröte
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Zeitgemäß zurechtgehobelt" "Die Morgenröte - Die Abendröte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4666, S. 14
 
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