Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
o

Der 17, März

Man schrieb den 17. März.

Frau Amelie kam nach Lause. Sie war einfach aufgelöst. Sie
warf die Notenmappe krachend in eine Ecke und rief nach ihrem Mann.

„Weißt du, was passiert ist? Du mußt sofort hingehen und den
Professor fordern!"

„Fordern? Welchen Professor?" fragte der Mann und faßte sich
hinter den Kragen, der ihm plötzlich überaus eng vorkam.

„Stell dich nicht dumm, Lugol Es kommt nur einer in Betracht,
der Professor Schütte, mein Gesangslehrer. Er hat mich — Lugo,
gib mir Wasser! — er hat mich eine Schneegans genannt."

„So?" sagte Lugo. „Warum?"

„Warum? Warum? Ein Mann fragt nicht, warum. Ein Mann
weiß, was er in solchem Fall zu tun hat — aber du bist kein Mann."

„Ich bin Ehemann", korrigierte Lugo schlicht. „Aber kein Mensch
nennt eine Dame eine Schneegans — aus heiterem Limmel."

„In vierzehn Tagen soll Schülerabend sein, öffentlich, im Zenkral-
Lotel. Da singt auch Volte, der berühmte Tenor von der Staatsoper.
Er hat aus Dankbarkeit zugesagt, weil er auch ein früherer Schüler
von Schütte ist. Ex will mit der
besten Dame ein Duett singen. Da
kam doch von den 45 Schülerinnen
natürlich nur ich in Frage. Was
glaubst du? Wie ich den Professor
heute frage, was ich mit Volte singen
soll, sagt er: ,Sie singen ja gar nicht,
liebe Frau Amelie, die Stoltenkamp
singt/ Begreifst du/was das heißt?

Die Stoltenkamp singt, und deine
Frau soll sich in die Ecke drücken
lassen von dieser Krickente! Es gab
natürlich Krach — ein Wort gab das
andre-"

„And das letzte Wort war Schnee-
gans," nickte Lugo. „Ja, was machen
wir da?"

„Das fragst du mich! Das ist
typisch für dich. Jeder andre Mann
würde wortlos gehen und die belei-
digte Ehre seiner Frau wiederher-
stellen. Wenn du nicht sofort hingehst
und den Professor forderst oder
ihp, zum mindesten eine herunter-
haust, dann — dann sind wir geschie-
dene Leute!"

„Ich gehe ja schon," sagte Lugo
und verabschiedete sich kurz.

Als er nach einer Stunde wieder-
kam, war er sehr aufgekratzt.

„Es ist alles in Ordnung. Der

Professor entschuldigt sich, und du möchtest doch ja morgen zur
Stunde kommen . ."

Frau Amelie schlug eine Lohnlache auf. „Ausgeschlossen!"
„Warum ausgeschlossen, liebes Kind? Man muß vergessen können."

„Vergessen? Daß die Stoltenkamp mit Volte-"

„Einen Augenblick! Volte kommt nicht zum Schülerabend. Er
ist gar nicht hier, macht eine Tournee durch Spanien. Du wirst
allein singen."

„Lugo, wie hast du das fertiggebracht?"

„Sehr einfach, ich habe-"

„Last du wirklich?"

„Selbstredend! Ich habe dem Professor eine heruntergehauen."
„And was tat er?"

„Ich glaube, Details sind nicht nötig, liebes Kind. Das Resultat
kann dir doch genügen."

Frau Amelie flog ihrem Mann um den Lals.

„Ich werde jetzt öfter mit dem Mann reden," fuhr Lugo fort,
„damit mein Frauchen nicht zurückgesetzt wird. Bitte sag mir sofort,

wenn der geringste Grund zur An-
zufriedenheit vorliegt. Ich werd's
diesem Professor zeigen. Sckließlich

kostet ja die Stunde zehn Mark-1"

Es war am 14. Oktober, als Frau
Amelie vom Shopping nach Lause kam.
Ihr Mann war nicht in der Wohnung.
Das Mädchen sagte, er sei zu Pro-
fessor Schütte gegangen. Frau Amelie
entschloß sich, ihn dort abzuholen. Sie
war sehr erstaunt, als sie dort erfuhr,
daß die beiden Lerren zusammen fort-
gegangen seien.

„Seit wann geht mein Mann mit
dem Lerrn Professor aus?" fragte
sie ironisch.

„O, die beiden Lerren gehen doch
immer zum Kegeln — seit über einem
halben Jahr."

„Sie gehen zum Kegeln? Laben sie
denn nie Krach zusammen gehabt?"

„Aber gnädige Frau! Krach? Nein,
nie! Der Lerr Professor mochte Ihren
Lerrn Gemahl vom ersten Tag an so
gut leiden."

„Von welchem ersten Tag an?"
„Ach, das war einmal im März,
ich weiß sogar zufällig das Datum,
weil es der 17. war, wo ich Geburts-
tag hatte und mir Ihr Mann eine
Mark schenkte deswegen — da kam

Schlecht gelohnt „Mensch, mit dem Anzug

bist du aber 'reingefallen!" — „And wie! Ich Hab'
ihn dem Schneider bloß abgenommen, weil der Mann
eine reizende Tochter hat, die ich verehre. And wie ich
sie vorhin treffe, da will sie sich ausschütten vor Lachen."

226
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Schlecht gelohnt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4680, S. 226
 
Annotationen