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Kleines Unternehmen eines guten Menschen

Von Peter Robinson

Valentin Milbe wohnt am Ende der Stadt im Leinrichspark,
der aber kein Park mehr ist, denn er ist vor einigen Jahren der
sogenannten Bebauung erschlossen worden; es sind dort etwa zwei
Dutzend Straßen angelegt worden. Nötig ist, zu erwähnen, daß
der Leinrichspark tief gelegen ist, während die Straßenbahnlinie,
die aus dem Stadtinnern zu ihm hinausführt, auf einem höheren
Lange endet. Deshalb befindet sich dort eine ansehnliche, aber etwas
steile Steintreppe, die älteren Leuten einige Schwierigkeiten bietet.
Valentin Milbe ist ein älterer Lerr; zudem ist er kurzatmig, und wenn
er auf seinem Wege in die Stadt zur Straßenbahn die Treppe hinauf-
geklettert ist, dann muß er erst lange verschnaufen und sich erholen.

Dabei ist ihm aber oft ein aus der Lage der Straßenbahn-
Endstelle entspringender Amstand in die Quere gekommen. Da der
Leinrichspark eine noch neue Wohngegend ist, wissen viele Leute,
die zu Geschäften oder Besuchen dort hinauskommen, nicht Bescheid;
sie haben sich einfach zunächst einmal in einen Straßenbahnwagen
mit dem Wort „Leinrichspark" an der Stirnseite gesetzt, und wenn
sie dann am Schluß ausgestiegen sind und oben an der Treppe

stehen-ja, dann fragen sie eben den ersten Menschen, den sie

zu Gesicht bekommen, nach der Straße, zu der sie wollen.

So ist auch Valentin Milbe häufig um Auskunft ersucht worden
— von Leuten, die eben einen Straßenbahnwagen verlassen hatten,
während er doch gerade in den gleichen, nun zurückfahrenden Wagen
einsteigen wollte. Eine Auskunft aber bedeutete für ihn leicht ein
Versäumen der Straßenbahn, denn er konnte ja wegen des eben

erst bewerkstelligten Treppenaufstiegs nicht schnell reden; er mußte
immer wieder nach Luft ringen. And zudem waren manchmal sehr
umständliche Erklärungen nötig, wenn es sich um eine verstecktere
Straße handelte, und der Fragende schwer von Begriffen war.
Manch anderer hätte nun in solchem Fall einfach den Kopf geschüttelt
und keine Auskunft gegeben. Aber das brachte Valentin Milbe
nicht fertig. Er ist ein guter, stets hilfsbereiter Mensch, und deshalb
kämpfte er lieber mit seiner Kurzatmigkeit und ließ womöglich die
Straßenbahn fahren. Doch die Auskunft gab er — so klar, wie er
sie nur irgend zu fassen vermochte.

Dann aber hatte er eines Tages einen Einfall, der ihm glänzend
und prächtig schien. Anter altem, in einem langen Leben ange-
sammelten Gerät suchte er einen ganz flachen Blechkasten hervor,
den er mit einer nach einem bewährten Rezept aus Glyzerin, Leim
und etwas Kaolin zusammengestellten, zunächst erhitzten und dann
erstarrenden Mischung füllte. Die derart entstandene glibberige
Masse ergab einen sogenannten Lektographen. Sprachreiniger werden
dafür mit Recht das Wort „Lundertschreiber" verlangen. And dann
zeichnete Valentin Milbe einen zwar kunstlosen, aber dafür umso
klareren Plan der Straßen des Leinrichsparks — zuerst mit Blei-
stift und dann mit Lektographen- oder vielmehr Lundertschreibertinte.
Er bekam allerdings dann nicht 100 Abzüge, sondern nur 79, und
die letzten 9 waren schon recht schwach.

Es wird klar sein, was Valentin Milbe vorhatte: jedesmal,
wenn er nun nach einer Straße im Leinrichspark gefragt werden

Offen tl-icli.

Fern•
Sprecher


290

Der Krach am Fernsprecher
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Krach am Fernsprecher"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Thiele, Herbert
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4684, S. 290
 
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