o
Gedankenübertragung
Von Peter Robinson
„Ja, Sie haben tat-
sächlich recht gehabt," gibt
Nogalski zu — mit der
Miene eines geschlagenen
Kämpfers.
Bei Zange wird es einen Skatabend geben. Nogalski hat sich
schon eingestellt, aber Pökerling läßt noch auf sich warten. Worüber
sollen sich nun Zange und Nogalski unterhalten? Natürlich über
Pökerling. Ein guter Kerl, auch kein schlechter Skatspieler, aber
sonst kein großes Licht. Ja, es gibt einige spaßige Geschichten, wie
Pökerling sich hat anführen lassen. „Man kann ihn wundervoll ver-
kohlen," meint Zange, und Nogalski stimmt durchaus bei. Dieser
angenehmen Gleichheit der Meinungen entspringt ein die Zwerchfelle
schon im voraus kitzelnder Plan, Pökerling heute wieder einmal zu
verkohlen. Es ist ein sehr einfacher Plan; er beruht nur darauf,
daß Nogalski einen feierlich beschwörenden Zeugen abgeben muH.
Äaha, das wird ein famoser Jux werden!-
Pökerling kommt. Man trinkt ein Schnäpschen, steckt die Zigarren
an und setzt sich zu den Karten. Zange besitzt zwei Spiele, und er
hat beide aus den Tisch gelegt; bei dem einen haben die Karten ein
blaues, bei dem andern ein rotes Rückenmuster.
„Sie sangen heute mit Geben an, nicht wahr?" meint Zange
zu Pökerling.
„Ist mir recht!" meint Pökerling und legt seine Zigarre beiseite,
um beide Lände zum Mischen frei zu haben. Aber ehe er nach einem
der Kartenspiele greifen kann, schreit Zange: „Einen Augenblick,
bitte! Sehen Sie mir doch mal ins Gesicht — ohne an was Beson-
dres zu denken! Sie werden gleich hören, warum. Es handelt sich
um ein unschuldiges kleines Experiment. So ist es recht! Sehen Sie
mich nur stramm an!"
Pökerling fügt sich; er bemüht sich, Zange so anzuschauen, daß
man es nicht gerade Glotzen nennen kann. „Gut!" sagt Zange. „Nun
können wir anfangen."
Pökerling schüttelt verwundert den Kopf und greift nach den
Karten; er nimmt die blauen. Da klatscht Zange in die Lände, und
Rogalski ruft mit scheinbarem Staunen: „Also wirklich! Ist ja
fabelhaft!"
„Was ist denn los?" fragt Pökerling. „Was haben Sie denn?"
Ihm gefällt das nicht recht.
„Seien Sie nicht böse, lieber Pökerling!" erklärt Zange liebens-
würdig. „Ich habe nämlich vorhin zu Nogalski geäußert, und meine
Ansicht dabei entsprang
unserer langjährigen Be-
kanntschaft und gewissen
Beobachtungen, die ich an
Ihnen gemacht zu haben
glaube-ich habe also
zu Nogalski gesagt, daß
Sie ein vorzügliches Me-
dium zur Gedankenüber-
tragung sein müßten. No-
galski hat mir das nicht
glauben wollen, und da
habe ich ihm einen Be-
weis angeboten. Ich habe
behauptet, ich würde Sie
veranlassen können, die
blauen Karten zu wählen
und nicht die roten. Na,
und--? Ich habe
recht gehabt."
„Unsereiner muß sich in der freien Natur doch fühlen wie neugeboren."
„Tja - so hilflos!"
Pökerling gefällt das
jetzt noch weniger. „Ist
ja Unsinn! Bloßer Zufall
ist das gewesen. Nicht im
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Gedankenübertragung
Von Peter Robinson
„Ja, Sie haben tat-
sächlich recht gehabt," gibt
Nogalski zu — mit der
Miene eines geschlagenen
Kämpfers.
Bei Zange wird es einen Skatabend geben. Nogalski hat sich
schon eingestellt, aber Pökerling läßt noch auf sich warten. Worüber
sollen sich nun Zange und Nogalski unterhalten? Natürlich über
Pökerling. Ein guter Kerl, auch kein schlechter Skatspieler, aber
sonst kein großes Licht. Ja, es gibt einige spaßige Geschichten, wie
Pökerling sich hat anführen lassen. „Man kann ihn wundervoll ver-
kohlen," meint Zange, und Nogalski stimmt durchaus bei. Dieser
angenehmen Gleichheit der Meinungen entspringt ein die Zwerchfelle
schon im voraus kitzelnder Plan, Pökerling heute wieder einmal zu
verkohlen. Es ist ein sehr einfacher Plan; er beruht nur darauf,
daß Nogalski einen feierlich beschwörenden Zeugen abgeben muH.
Äaha, das wird ein famoser Jux werden!-
Pökerling kommt. Man trinkt ein Schnäpschen, steckt die Zigarren
an und setzt sich zu den Karten. Zange besitzt zwei Spiele, und er
hat beide aus den Tisch gelegt; bei dem einen haben die Karten ein
blaues, bei dem andern ein rotes Rückenmuster.
„Sie sangen heute mit Geben an, nicht wahr?" meint Zange
zu Pökerling.
„Ist mir recht!" meint Pökerling und legt seine Zigarre beiseite,
um beide Lände zum Mischen frei zu haben. Aber ehe er nach einem
der Kartenspiele greifen kann, schreit Zange: „Einen Augenblick,
bitte! Sehen Sie mir doch mal ins Gesicht — ohne an was Beson-
dres zu denken! Sie werden gleich hören, warum. Es handelt sich
um ein unschuldiges kleines Experiment. So ist es recht! Sehen Sie
mich nur stramm an!"
Pökerling fügt sich; er bemüht sich, Zange so anzuschauen, daß
man es nicht gerade Glotzen nennen kann. „Gut!" sagt Zange. „Nun
können wir anfangen."
Pökerling schüttelt verwundert den Kopf und greift nach den
Karten; er nimmt die blauen. Da klatscht Zange in die Lände, und
Rogalski ruft mit scheinbarem Staunen: „Also wirklich! Ist ja
fabelhaft!"
„Was ist denn los?" fragt Pökerling. „Was haben Sie denn?"
Ihm gefällt das nicht recht.
„Seien Sie nicht böse, lieber Pökerling!" erklärt Zange liebens-
würdig. „Ich habe nämlich vorhin zu Nogalski geäußert, und meine
Ansicht dabei entsprang
unserer langjährigen Be-
kanntschaft und gewissen
Beobachtungen, die ich an
Ihnen gemacht zu haben
glaube-ich habe also
zu Nogalski gesagt, daß
Sie ein vorzügliches Me-
dium zur Gedankenüber-
tragung sein müßten. No-
galski hat mir das nicht
glauben wollen, und da
habe ich ihm einen Be-
weis angeboten. Ich habe
behauptet, ich würde Sie
veranlassen können, die
blauen Karten zu wählen
und nicht die roten. Na,
und--? Ich habe
recht gehabt."
„Unsereiner muß sich in der freien Natur doch fühlen wie neugeboren."
„Tja - so hilflos!"
Pökerling gefällt das
jetzt noch weniger. „Ist
ja Unsinn! Bloßer Zufall
ist das gewesen. Nicht im
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"In der freien Natur"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4687, S. 338
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg