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Im Spielsaal des Cafe Merkur saßen Okhmar Binse
und Willi Riebeling und spielten Sechsundsechzig. Nach
jedem Spiel sahen sie umsichtig auf die Ahr, dann mischte
wieder einer, und mit grimmiger Verbissenheit ging das
Spiel weiter.

„Ich melde Vierzig!" sagte Binse.

„Schön. Lier haben Sie den Groschen," warf Rie-
beling die Karten auf den Tisch. „Ich mag nicht mehr, ich
habe dies Kinderspiel satt. Ich gehe jetzt und rufe Schnuckel
an. Es ist eine Rücksichtslosigkeit, seine Skatbrüder so zu
versetzen!"

„Ich finde auch: den einen Abend in der Woche könnte
er pünktlich sein. Es ist schon 20 Minuten nach Sieben."

In diesem Augenblick kamen ein L>err und eine Dame
die Treppe zum Spielsaal herauf.

„Da kommt Schnuckel," raunte Riebeling, „wen hat er
denn da mitgebracht?"

„Immer sind die Weiber die Spielverderber," konnte
Binse gerade noch antworten, da waren die beiden schon
am Tisch.

„Guten Abend! Gestatte, liebe Else, daß ich dir Äerrn
Binse und Lerrn Riebeling vorstelle — dies ist meine
Braut, verehrte Klubgenossen."

Riebeling murmelte etwas wie „Sehr erfreut!" und
„angenehmer Abend in Damengesellschaft". Binse machte
eine verstockte Verbeugung.

„Hoffentlich langweilen Sie sich nicht, gnädiges Fräu-
lein!" sagte er ironisch.

„Sie kommen da, lieber Binse, auf den Punkt, den ich
heute abend zur Sprache bringen wollte," holte Schnuckel
aus. „Ich möchte nämlich daran erinnern, daß wir unfern
kleinen Klub seinerzeit unter der Devise Geselligkeit und
Kunst gegründet haben. Run, die Geselligkeit ist in Form
von wöchentlichen Skatabenden bisher ausgiebig gepflegt
worden. Die Kunst allerdings haben wir zu stark vernach-
lässigt, und darum schlage ich vor, den heutigen Abend ihr
zu widmen. Ich meine, es geht nicht an, daß wir immer
nur Skat spielen-"

Riebeling stieß Binse mit einem Blick auf Else unter
dem Tisch kräftig ans Schienbein.

„Ist Skatspielen etwa keine Kunst?" fragte Binse
gereizt.

„ — — und darum," fuhr Schnuckel fort, „habe ich für
heute abend vier Konzertkarten besorgt — Beethoven-
abend in der Tonhalle."

In eine allgemeine Stille hinein hörte man nichts als das zutschende
Geräusch, das beim Trinken von Eiskaffee durch einen Strohhalm entsteht.
Dann rief Binse:

„Max, einen Kognak!"

Riebeling drehte verloren an einem Rockknopf.

„Ausgezeichnet," pflichtete er mit heiserer Stimme bei, „aber ich komme
auf diese Weise um meine Revanche vom vorigen Dienstag, wo ich fünfmal
einen Grand mit Vieren verloren habe."

„Das liegt nur daran, daß Sie immer die Zehn schinden wollen!" tadelte
Binse. „Mancher lernts eben nie und selbst dann noch unvollkommen."

„Entschuldigen Sie mal, ich hatte die vier Jungen, und zwei Asse doppelt
besetzt. Da ist es ganz richtig, wenn ich die Zehn schinde. Aber ich will Ihnen
sagen, woran es liegt: Sie mauern, lieber Freund."

Binse mischte fieberhaft und teilte aus.

„Das Konzert fängt ja wohl erst um 8 Ahr
an," sagte er. „Da können wir ja der Wissen-
schaft halber das Spiel noch einmal rekonstruie-
ren. Die grüne Zehn hatten Sie — ich weiß
es »och ganz genau. Spielen Sie aus,

Schnuckel!"

„Aber meine Herren!" mahnte Fräulein Else.

„Trumpf! und noch mal Trumpf!" jubelte
Binse.

„Warum werfen Sie den» den König weg,

Schnuckel? Welcher vernünftige Mensch wirft
denn den König einfach fort? Das nennt man
Augen verschenken!"

„Gewonnen!" schrie Binse.

„Also machen wir rasch eine Runde, so viel
Zeit haben wir noch." Riebeling gab schon.

„Aber nur eine, Otto!" warnte Fräulein Else.

„Zehn Minuten vor 8, meine Herren!"

„Beim wievielten Spiel sind wir?"

„Beim vierten."

„Die zweite Runde müssen wir schon zu Ende
machen. Man kann ja auch noch nach der Pause
in die Tonhalle gehen."

„Auf Wiedersehen, Otto," verabschiedete sich
die Braut. „Ich nehme mir ein Auto. Du holst
mich doch am Schluß ab?"

„Selbstverständlich, Liebling. Wir machen
ja nur noch drei Spiele."

Am zehn Ahr sagte Binse: „Kinder, jetzt
habe ich Hunger. Gehen wir einen Moment
rüber in den Speisesaal!"

„Wozu? Max bringt uns belegte Bröt-
chen her. Wir spielen weiter!"

Am dreiviertel elf kam der Kellner und
meldete, daß eine Dame Herrn Schnuckel am
Telephon zu sprechen wünsche.

„Mitten im Null ouvert?" seufzte
Schnuckel. „Sagen Sie, ich riefe später zu
Hause an."

Kurz vor Eins brachte der Portier einen
Rohrpostbrief. Er war bei ihm abgegeben
worden, für Herrn Schnuckel.

Schnuckel brach ihn auf und erbleichte.

„Else schreibt, entweder ich trete aus
dem Klub aus, oder sie löst die Ver-
lobung."

„Abheben I" befahl Binse. „Entsinnen
Sie sich, Riebeling, was ich vorhin von
den Frauen gesagt habe? Sie sind stets
die Spielverderber!"

„Eine Runde Schieberamsch!" ver-
kündete Riebeling.

„Spielen Sie aus!" sagte Schnuckel

ungeduldig. Die berühmte Edelweißstelle

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das Konzert" "Die berühmte Edelweißstelle"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Croissant, Eugen
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4687, S. 350

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