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Hausfriedensbruch V-» -verer Rob>ns°n
Der Budiker Emil Borstig in Berlin O hat gegen den Schneider-
gesellen Lorenz Wedehase aus Celle eine Strafanzeige wegen Laus-
friedensbruchs losgelassen, mit der Behauptung, er habe wegen eines
Streits Wedehase zweimal aufgesordert, sein Lokal zu verlassen,
dieser aber sei der Aufforderung nicht nachgekommen. Da Borstig
zwei Zeugen angibt, den Schofför Kuhlert und den Stuckateur Senkel,
scheint die Anzeige begründet, und der Schneidergeselle Lorenz Wede-
hase soll als hinreichend verdächtig, wie die Formel lautet, zur Ver-
antwortung gezogen werden. Jetzt hat der Amtsrichter Collien den
Fall zu erledigen.
Er sieht sich zunächst einmal die beiden Gegner an; die Zeugen
müssen noch draußen warten. Der Schneidergeselle Wedehase macht
einen sehr ordentlichen Eindruck; er ist ein mittelgroßer, schwächlicher
junger Mann, dem bei merkbarer Schüchternheit kaum Lust zu Zank
und Krakeel zuzutrauen ist. Der Budiker Emil Borstig, untersetzt
und kräftig, hat sicherlich ein zehnmal strammeres Gemüt; er ist auch
wohl an Lärm und Streit gewöhnt — schon von Geschäfts wegen,
denn in seiner kleinen Budike wird dergleichen manchmal vorfallen.
Der Amtsrichter Collien wendet sich an Wedehase. „Also, wie
war die Sache? Sie wissen ja, was Ihnen zur Last gelegt wird."
„Das be—streite ich, Äerr Richterl" beginnt Wedehase, gleich
mit dem s—1 im zweiten Wort seine Lerkunft verratend. Er bemüht
sich, gut und fließend zu sprechen. „Ich war damals eben erst in
Berlin angekommen. Da werde ich doch nicht gleich am ersten Tage
S—treit suchen. Der §>err Borstig hat sich, als ich ein Glas Bier
bei ihm trank, über mich lustig gemacht, mit den beiden andern Lerrn.
Das habe ich zurückgewiesen, das war mein Recht. Wenn er aber
gesagt hätte, ich sollte das Lokal verlassen — da wäre ich auf der
Stelle gegangen. Denn ich weiß, daß man das dann tun muß."
„Zwomal Hab' ick ihn uffjefordert, Äerr RatI" sagt der Budiker
Borstig auf einen fragenden Blick des Amtsrichters. „Ich hatte ihn
erst jar nich' beachtet. Er war bei mir 'rinjekommen und trank 'ne
Molle. Aff eenmal bickt er sich. Wat hat der Mann sich zu dicken?
denke ick und frage: ,Lam Se wat jefunden?' — Ree, er hatte
nischt jefunden. ,Ich habe bloß meinen S—trumpf hochgezogew, sagt
er. ,S—trumpft sagt er. Darieber lacht nu Kuhlert. Det is der
(Fortsetzung Seite 20)
Gute Vorschule „Sie halten ein famoses Tempo aus der Schreibmaschine, Fräulein Loppe, das muß ich sagen."
„Kunststück — ich wollte doch erst Konzertpianistin werden und Hab schon Rhapsodien von Liszt geübt."
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Hausfriedensbruch V-» -verer Rob>ns°n
Der Budiker Emil Borstig in Berlin O hat gegen den Schneider-
gesellen Lorenz Wedehase aus Celle eine Strafanzeige wegen Laus-
friedensbruchs losgelassen, mit der Behauptung, er habe wegen eines
Streits Wedehase zweimal aufgesordert, sein Lokal zu verlassen,
dieser aber sei der Aufforderung nicht nachgekommen. Da Borstig
zwei Zeugen angibt, den Schofför Kuhlert und den Stuckateur Senkel,
scheint die Anzeige begründet, und der Schneidergeselle Lorenz Wede-
hase soll als hinreichend verdächtig, wie die Formel lautet, zur Ver-
antwortung gezogen werden. Jetzt hat der Amtsrichter Collien den
Fall zu erledigen.
Er sieht sich zunächst einmal die beiden Gegner an; die Zeugen
müssen noch draußen warten. Der Schneidergeselle Wedehase macht
einen sehr ordentlichen Eindruck; er ist ein mittelgroßer, schwächlicher
junger Mann, dem bei merkbarer Schüchternheit kaum Lust zu Zank
und Krakeel zuzutrauen ist. Der Budiker Emil Borstig, untersetzt
und kräftig, hat sicherlich ein zehnmal strammeres Gemüt; er ist auch
wohl an Lärm und Streit gewöhnt — schon von Geschäfts wegen,
denn in seiner kleinen Budike wird dergleichen manchmal vorfallen.
Der Amtsrichter Collien wendet sich an Wedehase. „Also, wie
war die Sache? Sie wissen ja, was Ihnen zur Last gelegt wird."
„Das be—streite ich, Äerr Richterl" beginnt Wedehase, gleich
mit dem s—1 im zweiten Wort seine Lerkunft verratend. Er bemüht
sich, gut und fließend zu sprechen. „Ich war damals eben erst in
Berlin angekommen. Da werde ich doch nicht gleich am ersten Tage
S—treit suchen. Der §>err Borstig hat sich, als ich ein Glas Bier
bei ihm trank, über mich lustig gemacht, mit den beiden andern Lerrn.
Das habe ich zurückgewiesen, das war mein Recht. Wenn er aber
gesagt hätte, ich sollte das Lokal verlassen — da wäre ich auf der
Stelle gegangen. Denn ich weiß, daß man das dann tun muß."
„Zwomal Hab' ick ihn uffjefordert, Äerr RatI" sagt der Budiker
Borstig auf einen fragenden Blick des Amtsrichters. „Ich hatte ihn
erst jar nich' beachtet. Er war bei mir 'rinjekommen und trank 'ne
Molle. Aff eenmal bickt er sich. Wat hat der Mann sich zu dicken?
denke ick und frage: ,Lam Se wat jefunden?' — Ree, er hatte
nischt jefunden. ,Ich habe bloß meinen S—trumpf hochgezogew, sagt
er. ,S—trumpft sagt er. Darieber lacht nu Kuhlert. Det is der
(Fortsetzung Seite 20)
Gute Vorschule „Sie halten ein famoses Tempo aus der Schreibmaschine, Fräulein Loppe, das muß ich sagen."
„Kunststück — ich wollte doch erst Konzertpianistin werden und Hab schon Rhapsodien von Liszt geübt."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gute Vorschule"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4719, S. 18
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg