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Ergebnis der Preisaufgabe 318 (Nr. 4713)

„Nur immer höflich!"

Vor langen Jahren ist einmal in einer kleinen Stadt oben an
der Nordseeküste diese Anzeige erschienen:

Die verehelichen Zungen, welche Heuer Womöglich insoweit sich zu beschränken,
Meine Aepfel und Birnen zu stehlen Daß sie daneben auf den Beeten

gedenken. Mir die Wurzeln und Erbsen nicht zer-

Ersuche ich höflichst, bei diesem Ver- treten,

gnügen

Das war eine liebenswürdige Bitte, und wenn sie manchem, der
auch einen heimgesuchten Garten hat, doch zu rücksichtsvoll, zu ent-
gegenkommend scheint, so möge er bedenken, daß es ein Dichter war,
der dieses Ersuchen aussprach. Es war ihm also wohl nicht so ernst
damit, und wenn die Aepsel- und Birnendiebe es gar zu toll getrieben
hätten, wäre er wohl doch kräftig aufgetreten. Denn er hat ja auch
gesagt: „Blüte edelsten Gemütes — Ist die Rücksicht; doch zu Zeiten

— Sind erfrischend wie Gewitter — Goldne Rücksichtslosigkeiten."

Aber vielleicht haben jene verehrlichen Jungen doch die gewünschte
Schonung geübt — gerade, weil sie so höflich darum ersucht wurden.
Mit Freundlichkeit kommt man ja oft viel weiter als mit groben
Befehlen. Wir hatten dafür das Beispiel jenes Gutsbesitzers ange-
führt, dem immer wieder Ausflügler und Sommergäste über eine
Wiese liefen, bis er endlich das Schild mit der Aufschrift: „Das
Betreten der Wiese ist verboten!" durch ein mehr originelles in
liebenswürdiger Fassung ersetzen ließ. Aehnliche Muster hatten wir
gewünscht, wie die vielen Anordnungen und Verbote, die nun ein-
mal im menschlichen Zusanimenleben nötig sind, statt mit rauhen
Imperativen, die bald abstumpfend wirken, besser auf höfliche Art
zur Kenntnis gebracht werden könnten.

Anker den Einsendungen war vieles, was als tatsächlich bereits
in Aebung stehend belegt wurde. Das entsprach nicht recht unserer
Aufgabe, die Erfundenes verlangte; auch war manch Bekanntes da-
runter. Als neu erwähnt sei aber — damit sie nachgeahmt werde!

— die Ankündigung eines großen Kaffeehauses an die Leser der auf-
liegenden Zeitungen und Zeitschriften, daß Pauspapier und Bleistift

gern vom Oberkellner zur Verfügung gestellt würden. Zarter kann
wohl die Bitte, die Kreuzwort- und andern Rätsel nicht einfach heraus-
zureißen, nicht umschrieben werden.

Aus lange Ausführungen kam es nicht an. Wenn uns trotzdem
ganze Geschichten geschickt worden sind, die Beispiele musterhafter,
manchmal auch allzu übertriebener Löslichkeit im Alltagsleben gaben,
so lag das daran, daß die Einsender sich nur an die Aeberschrift:
„Nur immer höflich!" gehalten und die weiteren Erklärungen dazu
gar nicht beachtet hatten; es ist also ihre eigene Schuld, daß sie sich
umsonst so viel Mühe gemacht haben. Verlangt wurden ja nur Er-
satzvorschläge für allbekannte übliche Vorschriften und Verbote, wie:
Nicht rauchen! — Tür zu! — Nicht hinauslehnen! usw. usw.

Erster Preis von 60 Mark:

Das den Bäckereien und Konditoreien vorgeschriebene Plakat:
„Das Betasten der Backwaren ist verboten!" könnte höflicher lauten:
„Sollten Sie ausgestellte Backwaren berühren wollen, werden
Sie gebeten, sie vorher zu erwerben."

Einsender: Leinrich Bürkner, Leipzig O 27, Wasserturmstraße 46.
Zweiter Preis von 30 Mark:

Statt: „Angeln bei 10 Mark Strafe verboten!" könnte es heißen:
„Alte Schuhe und Töpfe, die Sie hier aus dem Wasser fischen,
sind die 10 Mark nicht wert, die Sie wegen unerlaubten Angelns
bezahlen müssen."

Einsender: Gustav Koch, Sonneberg, Thür., Alter Friedhof 14.
Dritter Preis von 20 Mark:

Ein Aushang für Eisenbahnabteile:

Mein lieber Freund, verboten ist hier Qualm' Tabak ohne jede Pause,
nichts! Und kein Protest stör' dabei

Schafft's dir persönlich Wohlgefallen, deine Ruh'!

Spuck auf den Boden lächelnden Gesichts Kurzum, fühl' ganz dich wie zu Lause!
Und laß vergnügt die Türe knallen! Nur denke: Deine Alte sah' dir zu!

Einsender: Dr. C. Stuckmann, Saalfeld, Bahnhofstraße 14.
Außerdem sind 30 Trostpreise in Büchern im Werke von je 3 Mark verschickt worden.

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Graser's Verlag Nachf., Mü n chen 27, Möhl st ratze 34

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Bei Anfragen oder Bestellungen wollen Sie sich gefl. auf die „Fliegenden Blätter“ beziehen.
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