Zeichnung von M. Bauer
Der Fall Simmel gegen Frosch
Der Amtsrichter Brandeis wendet sich zu dem Beklagten. „Eie
heißen also Max Frosch. Was ist das mit Rana?"
„Mein Künstlername, Lerr Richterl Leißt auch Frosch, klingt
aber bester. Es ist nämlich lateinisch."
„Danke! Ist mir auch nicht ganz unbekannt. Sie sind Artist?"
Max Frosch, alias Rana, verbeugt sich. „Kabarettkünstler, Lerr
Richter! — Als fixer Dichter — dem Verse stets zu Gebot — er-
werbe ich mir mein Brot."
Der Amtsrichter Brandeis hat aufgehorcht; er beugt sich vor.
„Sagen Sie mal: was fällt Ihnen ein? Das waren doch eben Reime."
Der Kabarettkünstler zuckt erschreckt zusammen. „Bitte um Ent-
schuldigung, Lerr Richter! Das scheint ungebührlich — kommt aber
ganz unwillkürlich. Ich würde natürlich mich nicht erfrechen — mit
Absicht in Reimen zu sprechen."
Der Amtsrichter Brandeis schlägt auf den Tisch.
„Verzeihung in Reimen zu reden, wollte ich sagen. Aber es.
kommt ganz von selbst; ich kann nichts dafür. Ich trete nämlich als
Schnelldichter auf, Lerr Richter. Aus dem Publikum werden mir
irgendwelche Wörter zugerufen,
und dann reime ich darauf.
Mit mehr oder weniger Witz
— aber immer schnell wie der
Blitz-ich bitte um Ent-
schuldigung: schnell wie-
nun, wie irgend was anderes
ganz ungeheuer Schnelles."
Der Amtsrichter Vrandeis
lächelt und nickt vergebend.
„Run gut! Aber geben Sie
sich jetzt Mühe, nicht zu reimen.
Schließlich müssen Sie doch auch
anders reden können."
„Schwer, Lerr Richter! Am
stets in Form zu bleiben, pfleg'
ich das immer zu treiben-
Verzeihung: immer zu machen.
Ich rede in Reimen von früh
bis spät, damit es auf. der
Bühne wie geschmiert — —"
„-- dann geht," ergänzt
der Amtsrichter Brandeis.
„Aber ich muß Sie jetzt doch
dringend ersuchen, sich zu bezwingen. Also — was haben Sie zu
der Sache zu sagen?"
„Die Blumenvase gehörte gar nicht in mein Zimmer — das sagte
ich der Frau schon immer. Denn daß das Ding doch mal zerkracht
— das Hab' ich mir ja gleich gedacht — — nein: das habe ich
befürchtet."
„Lassen Sie die Vase! Laben Sie der Frau Limmel gegenüber
das Wort Fimmel im Zusammenhang mit Kümmel gebraucht?"
Frosch alias Rana zuckt etwas hilflos die Achseln. „Irgendeine
Antwort mußte ich ihr doch geben, Lerr Richter. Aber was reimt
sich auf Limmel? Gebimmel — das paßte doch nicht. And Gewimmel
auch nicht, und Schimmel schließlich auch nicht. Aber Fimmel — das
entsprach doch der Sachlage. Von Kümmel dagegen weiß ich nichts.
Das muß ein Irrtum sein."
Eine Zeugin ist da: Frau Zabel. Sie hat damals mit Frau
Limmel vor der Tür gestanden und bestätigt, daß Max Frosch genau
die von der Beleidigten wiedergegebenen Worte gebraucht habe.
Ja, er habe dazu noch bei Fimmel auf die Stirn und bei Kümmel
auf die Rase gedeutet. Max Frosch will der Zeugin ins Wort fallen.
„Frau Zabel — das ist ja Ge-
fabel! — Bezähmen Sie Ihren
— —" Aber ehe er zu dem
„Schnabel" kommen kann, der
ihm wohl Angelegenheiten be-
reitet hätte, wird er durch den
Amtsrichter Brandeis energisch
zur Ruhe verwiesen.
Der Amtsrichter hat aber
keine Lust, Max Frosch zu ver-
urteilen. Er wendet sich an die
Klägerin. „Was meinen Sie,
Frau Limmel: wenn Ihnen
jetzt der Lerr Frosch Abbitte
leisten würde, dann wären Sie
doch wohl zu einem Vergleich
geneigt, nicht wahr?"
Aber nein — jetzt zeigt sich
Frau Limmel unerbittlich.
„Das geht nicht, Lerr Rat,
das kann ich wirklich nicht. Er
muß verurteilt werden, damit
ich meine Genugtuung vor der
ganzen Straße habe. Alle Leute
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Der Fall Simmel gegen Frosch
Der Amtsrichter Brandeis wendet sich zu dem Beklagten. „Eie
heißen also Max Frosch. Was ist das mit Rana?"
„Mein Künstlername, Lerr Richterl Leißt auch Frosch, klingt
aber bester. Es ist nämlich lateinisch."
„Danke! Ist mir auch nicht ganz unbekannt. Sie sind Artist?"
Max Frosch, alias Rana, verbeugt sich. „Kabarettkünstler, Lerr
Richter! — Als fixer Dichter — dem Verse stets zu Gebot — er-
werbe ich mir mein Brot."
Der Amtsrichter Brandeis hat aufgehorcht; er beugt sich vor.
„Sagen Sie mal: was fällt Ihnen ein? Das waren doch eben Reime."
Der Kabarettkünstler zuckt erschreckt zusammen. „Bitte um Ent-
schuldigung, Lerr Richter! Das scheint ungebührlich — kommt aber
ganz unwillkürlich. Ich würde natürlich mich nicht erfrechen — mit
Absicht in Reimen zu sprechen."
Der Amtsrichter Brandeis schlägt auf den Tisch.
„Verzeihung in Reimen zu reden, wollte ich sagen. Aber es.
kommt ganz von selbst; ich kann nichts dafür. Ich trete nämlich als
Schnelldichter auf, Lerr Richter. Aus dem Publikum werden mir
irgendwelche Wörter zugerufen,
und dann reime ich darauf.
Mit mehr oder weniger Witz
— aber immer schnell wie der
Blitz-ich bitte um Ent-
schuldigung: schnell wie-
nun, wie irgend was anderes
ganz ungeheuer Schnelles."
Der Amtsrichter Vrandeis
lächelt und nickt vergebend.
„Run gut! Aber geben Sie
sich jetzt Mühe, nicht zu reimen.
Schließlich müssen Sie doch auch
anders reden können."
„Schwer, Lerr Richter! Am
stets in Form zu bleiben, pfleg'
ich das immer zu treiben-
Verzeihung: immer zu machen.
Ich rede in Reimen von früh
bis spät, damit es auf. der
Bühne wie geschmiert — —"
„-- dann geht," ergänzt
der Amtsrichter Brandeis.
„Aber ich muß Sie jetzt doch
dringend ersuchen, sich zu bezwingen. Also — was haben Sie zu
der Sache zu sagen?"
„Die Blumenvase gehörte gar nicht in mein Zimmer — das sagte
ich der Frau schon immer. Denn daß das Ding doch mal zerkracht
— das Hab' ich mir ja gleich gedacht — — nein: das habe ich
befürchtet."
„Lassen Sie die Vase! Laben Sie der Frau Limmel gegenüber
das Wort Fimmel im Zusammenhang mit Kümmel gebraucht?"
Frosch alias Rana zuckt etwas hilflos die Achseln. „Irgendeine
Antwort mußte ich ihr doch geben, Lerr Richter. Aber was reimt
sich auf Limmel? Gebimmel — das paßte doch nicht. And Gewimmel
auch nicht, und Schimmel schließlich auch nicht. Aber Fimmel — das
entsprach doch der Sachlage. Von Kümmel dagegen weiß ich nichts.
Das muß ein Irrtum sein."
Eine Zeugin ist da: Frau Zabel. Sie hat damals mit Frau
Limmel vor der Tür gestanden und bestätigt, daß Max Frosch genau
die von der Beleidigten wiedergegebenen Worte gebraucht habe.
Ja, er habe dazu noch bei Fimmel auf die Stirn und bei Kümmel
auf die Rase gedeutet. Max Frosch will der Zeugin ins Wort fallen.
„Frau Zabel — das ist ja Ge-
fabel! — Bezähmen Sie Ihren
— —" Aber ehe er zu dem
„Schnabel" kommen kann, der
ihm wohl Angelegenheiten be-
reitet hätte, wird er durch den
Amtsrichter Brandeis energisch
zur Ruhe verwiesen.
Der Amtsrichter hat aber
keine Lust, Max Frosch zu ver-
urteilen. Er wendet sich an die
Klägerin. „Was meinen Sie,
Frau Limmel: wenn Ihnen
jetzt der Lerr Frosch Abbitte
leisten würde, dann wären Sie
doch wohl zu einem Vergleich
geneigt, nicht wahr?"
Aber nein — jetzt zeigt sich
Frau Limmel unerbittlich.
„Das geht nicht, Lerr Rat,
das kann ich wirklich nicht. Er
muß verurteilt werden, damit
ich meine Genugtuung vor der
ganzen Straße habe. Alle Leute
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lockung" "Hähnchen anstatt Fisch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4741, S. 375
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg