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o

von Karl Lanik

Der Schießbudenbesitzer schrie unermüdlich mit krächzender Stimme
über den Platz:

„Kommen Sie rüber! Schießen Sie mal! Treten Sie näher, meine
Lerrschaften! Das große Preisschießen! Drei Schuß nur einen
Groschen!"

Ein dicker Lerr ist stehengeblieben.

„Versuchen Sie es, Lerr Doktor — drei Schuß einen Groschen - "

„Nein. Danke."

„Bei mir können Sie mit einem Schuß reich werden," drängt
der Budenbesitzer und schwingt eine Büchse, „drei Treffer hinterein-
ander eine Wurst — sechs Treffer hintereinander eine Gans — zwölf
Treffer hintereinander einen Schinken — fünfundzwanzig Treffer
hintereinander den Lauptgewinn: ein Zentnerschwein I"

Leute sind stehengeblieben. Drängen
zur Bude. — Der dicke Lerr lächelt naiv.

Streicht sein Kinn. Will mehr wiffen.

„Das mit den Preisen stimmt?"

„Mein Ehrenwort!"

„Es ist jetzt so viel Schwindel auf der
Welt! Man plagt sich, und dann kann man
durch die Finger schauen! Ich habe einen
Freund, der ist Kunstschütze. Den lassen sie
an solche Buden überhaupt nicht heran.

Einmal geht er in einen Iahrmarktzirkus
mit Preisringern. Wer den Mann wirft,
bekommt auf der Stelle tausend Mark.

Mein Freund, der Kunstschütze, wagt es
und legt den Ringkämpfer zweimal auf die
Matte.Dann haben sie ihn herausgeschmiffen,
und die tausend Mark hat er nicht einmal
vor Gericht bekommen."

Der Dicke blickt im Kreise umher. Alle
Leute lachen. — Der Budenbesitzer ist ein
wenig nervös geworden.

„Lier ist kein Schwindelzirkus — hier
ist eine ehrliche Schießbude. Meine Preise
sind hier angeschlagen. Die Lerrschaften
sind Zeuge. Also fassen Sie endlich an, und
lassen wir das leere Gerede sein."

Der dicke Lerr ziert sich noch.

„Vielleicht bin ich der Kunstschühe,"
sagt er und lacht.

Der Schießbudenbesitzer schaut nervös.

Dann erklärt er beruhigt: „Treten Sie
näher, meine Lerrschaften! Lier können Sie
einen Scharfschützen bei der Arbeit sehen!

Achtung, Lerr Doktor, Weidmannsheil!"

Der dicke Lerr legt die Büchse an die
Backe. — Er zielt lange und bedächtig.

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Dann setzt er das Gewehr wieder ab und grinst freundlich.
„Verzeihung, Lerr Förster, gelten die Preise auch für die Eier-
schalen?"

Der Angesprochene lächelt gütig: „Eben dafür."

Der Dicke nimmt das Gewehr wieder hoch, zielt, kneift ein Auge
zu und drückt los. Ein Ei fällt getroffen herunter, das eben noch auf
einem Wasserstrahl tanzte. Der Schießbudenmann nickt ein Bravo.
„Nur so weiter — nur so weiter — "

Der dicke Lerr schießt die zweite Eierschale herunter, dann die dritte.
„Das nennt man Glück!" sagt er dann.

Der Schießbudenmann sagt nichts, sondern langt nach einer
Wurst, die er dem Dicken überreicht.

„Noch sechs Schüsse," erklärt der Dicke ruhig und legt zwei
Groschen hin. Sechs Schüffe fallen. Sechs Eier liegen getroffen am
Boden.

„Die Gans!" frohlockt der dicke Lerr.
Der Schießbudenbesttzer schiebt ihm
brummend eine Gans über den Tisch.

„Besuchen Sie mich einmal wieder," sagt
er dann und will das Gewehr wegräumen.
Aber der Schütze macht keine Anstalten,
wegzutreten.

„Zwölf Schüsse," verlangt er.

Das Publikum grinst begeistert.

Die zwölf Schüsse fallen in rascher Folge.
Die getroffenen Eier ebenso.

Der Budenbesitzer wird mißtrauisch.
„Sind Sie etwa der Kunstschütze?"
„Nein. Ehrenwort."

And schon hebt er wieder das Gewehr
an die Backe, nachdem er den Schinken
sorglich neben sich gelegt hat. Der Budenbe-
sitzer drückt ihm das Gewehr aus der Land.

„Lerr!" schreit er in Heller Wut, „Lerr,
glauben Sie, ich habe für Sie mein Leben
lang gespart? Jetzt ist Schluß, Lerr!"

Der Dicke lächelt jovial.

„Nur noch fünfundzwanzig Schuß, Lerr
Förster!"

Von den fünfundzwanzig Schüssen sitzt
einer besser als der andere.

Der Budenbesitzer ist einer Ohnmacht
nahe.

„And Sie wollen mir erzählen, daß Sie
nicht der verdammte Kunstschütze sind?"
schreit er verzweifelt.

„Das bin ich auch nicht, mein Lieber."
„Mas sind Sie denn?"

Der Dicke sagt sanft:

„Ich bin nur sein Lehrmeister!"

„In der Kaltwasserheilanstalt Hab ich dafür
täglich 8 Mark bezahlt!"
Bildbeschreibung

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Titel

Titel/Objekt
"In der Kaltwasserheilanstalt hab ich dafür täglich 8 Mark bezahlt"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4756, S. 194
 
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