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o

WEIHNACHTSMARKT

Wie ging es doch geruhig her
flm Weihnachtsmarkt vor hundert Jahren I
Es kam der Landrat v. Tuteur
Im Klingelschlitten angefahren.

Der Sekretär vom Magistrat,

Der eine Frau von Zwanzig hat,
Kauft seiner reizenden Christine
Ein Kleid von blauem Musselin».

Der Stadtsoldat blickt ernst und streng,
fluflösend jegliches Qedräng.

(Und als „Gedränge“ ist verboten,

(Zum Titelbild)

Wenn fünfe sich zusammenrotten)
Die Polizei ist überhaupt
Recht heikel, wenn was nicht erlaubt.
Man munkelt gar, beschlagnahmt seien
ln ein’gen Kuchenbäckereien
Lebkuchenreiter samt den Fahnen
In Form von dänischen Ulanen.

So spielt dem Handel manchen Trick
Die europäische Politik.

Die bösen Türken dröhn von fern —
Doch ihren Honig hat man gern,

Und, nota bene, schwierige Sachen,
Die wird schon die Regierung machen.
In einer Leckerbude prangen
Kandierte Welschnuß, Nugatstangen.
Christine wünscht sich noch etwan
Ein Pfund Lübecker Marzipan.

Das Glockenspiel vom Stadtturm klingt,
Und alles eilt nach Haus beschwingt.
Ein zarter Flockenschnee fällt sacht —
Bim bum, bim bum — heilige Nacht!

fl. w.

Eine ganz tolle Jagdgeschichte V°» P-«-r sch-r

Die Jäger trennten sich. Landrat BoHmanns Lochsitz lag ge-
radeaus. Geometer Schnurrhahn bog links ab, um an seinen Platz
zu gelangen. Brauereibesttzer Burlefinger mußte nach rechts. Als
sie ein Stück gegangen waren, drehten sich alle drei wie auf Ver-
abredung noch einmal um, riefen „Weidmannsheil!" und gingen
weiter. Acht Ahr fünfzehn trat gewöhnlich der Bock heraus. Es war
also noch Zeit genug.

Brauereibesttzer Burlefinger war dies-
mal nicht in bester Verfassung. Erst stolperte
er, dann hakte sich sein Gewehr an einer
Brombeerranke fest. Sein Lerz begann un-
ruhig zu arbeiten. Er kannte das. Schon
beim Erwachen hatte er einen merkwürdig
benommenen Kopf gehabt.

Loppla — ein Graben!

Er hüpfte hinüber und hatte die selt-
same Empfindung, daß er mit vier Beinen
springe. Ganz deutlich war ihm, als ob er
zwei Linterfüße nachgeschwungen hätte.

„Welch ein Blödsinn!" dachte er und
drehte sich um sich selbst. Sein Schreck war
unbegreiflich, als er feststellte, daß er in
der Tat vier Beine hatte.

„Dummheit!" dachte Burlefinger, „ich
bin doch nicht betrunken! Also jetzt mal
in allem Ernst!"

Er bückte sich über den Spiegel des
kleinen Baches und fuhr zurück. Der Kopf
eines Rehbocks sah ihn aus dem Wasser an.

„Ra, na, nal" sagte Burlefinger bei
sich, „jetzt aber genug!" Er sagte es, um
sich zu beruhigen. Aber merkwürdigerweise
empfand er gleichzeitig ein jägerisches Inter-
esse an seinem seltsam veränderten Eben-
bild.

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„Sieh mal an," dachte er, „braves Gehörn, guter Sechser, stark
geperlt bis oben hinauf. So einen Bock habe ich in diesem Revier
noch gar nicht gesichtet! — Aber Blödsinn, ich träume ja!"

Er stampfte mit den Füßen, um sich in die Wirklichkeit zurück-
zurufen. Da bemerkte er mit Entsetzen, daß er zu gleicher Zeit mit
zwei Lintersüßen ausschlug.

Jetzt wurde ihm Angst. Wo nur die Iagdgefährten sein moch-
ten? Da — Gott sei gelobt! — sah er sie, noch auf offenem Gelände.

Lästig öffnete er den Mund, um Bohmann
zu rufen. Aber wie erschrak er, als ein weit-
hin schallendes „Böh! Böhl" aus seinem
Lasse schreckte. In demselben Augenblick
lagen die beiden Jäger auch schon im An-
schlag. Wenn der Brauereibesitzer nicht
mit einem schnellen Satz beiseite gesprungen
wäre, hätte es ihm schlimm ergehen können,
denn um ihn pfiffen Kugeln und spritzte
Erde auf. Wie der Wind stob er ins Dickicht
und blieb lange zitternd stehen.

Inzwischen war es Abend geworden, und
Lungergefühl meldete sich. Dem Brauerei-
besitzer schwebte ein pikantes Tartarbeef-
steak mit Zwiebeln vor. Gleichzeitig bückte
sich der Rehbock, der er doch auch war,
rupfte Klee und schwänzelte vor Behagen
über dessen Wohlgeschmack. Nichtsdesto-
weniger spuckte im nächsten Moment Lerr
Burlefinger das Zeug mit Abscheu aus. Er
hatte dies aber kaum vollbracht, als der
Rehbock in ihm bei der Vorstellung eines
Tartarbeefsteaks starke Aebelkeit empfand.
Es war ein grausames Durcheinander von
Gefühlen, aus denen es keinen Ausweg zu
geben schien. Der Jäger, Brauereibesitzer
und Nehbock in einem — vom Stadtver-
kFortsetzunz auf Sette 3881

„Otto — ich möchte aussteigen."

„Moment Geduld! Bei der nächsten Kurve
fliegen wir beide!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Otto - ich möchte aussteigen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4768, S. 386
 
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