„Die wundervollen Unterwasseraufnahmen haben derartigen
Beifall gefunden, daß sie jetzt allgemein Anwendung finden!"
sprang wie ein Pferd, wenn es hinten hineinge
stochen wird.
„Mein Name ist Knese," philosophierte der Lerren-
fahrer, „und ich habe wirklich nichts gesehen. Aber
zum Donnerwetter, was ist denn da wieder los? Kein
Scheinwerfer eingeschaltet, erlaubte Geschwindigkeit,
was will man also? Verflixt und zugenäht, sollte
vielleicht gar die Beleuchtung der rückwärtigen Num-
merntafel wieder nicht funktionieren, wie neulich, da
die Birne locker war und ich das Strafmandat be-
rappen mußte?"
Lerr Knese schielte zur Seite und bemerkte mit
Kummer, daß der Polizist auf dem Motorrad schon
wieder langsam aber sicher sein Nachbar wurde.
„Wenn hinten kein Licht ist," sprach der Versucher
zu Knese, „dann kann auch kein Polizist der Welt
deine Nummer lesen." Und da Satans Argumente
stets von einer zwingenden Logik zu sein pflegen, trat
Knese auf den Gashebel. Der Wagen burrte davon,
die Nadel des Tachometers wanderte auf fünfund-
achtzig. Die Lichterallee fand ihr plötzliches Ende,
die Landstraße begann. Knese schaltete die Schein-
werfer ein, die sechzehn Zylinder entwickelten sich.
Lundert — hundertzehn. Auch das Auge des Gesetzes
erstrahlte in seiner ganzen Lelle und blendete Knese
im Rückspiegel. Das Motorrad des Polizisten lief
Das schlechte Gewiffen des Autofahrers
Eine ganz unwahricheinltche Geschichte von Ralph Urban
Lerr Knese saß am Steuer seines Sechzehnzylinders und fuhr
eben durch den äußersten Stadtteil der Reichsstraße zu. Es war etwa
neun Ahr abends, aber er hatte auf der gutbeleuchteten Vororts-
straße noch die Stadtlichter eingeschaltet und nur vierzig Stundcn-
Kilometer am Tachometer. Also ruhte er wohlig auf der weichen
Rücklehne und auf seinem guten Gewissen.
Ein Motorradfahrer tauchte neben Lerrn Knese auf und ge-
wann langsam, aber gleichmäßig Vorsprung. Als er aber auf der
Löhe der Kühlerspitze anlangte, hielt er gleiches Tempo, so daß
Knese aus seinen Träumen erwachte und auf den Mann blickte.
Es war ein Polizist in Uniform, der mit schiefgeneigtem Kopf und
zusammengekniffenen Augen scharf auf den Lerrn am Steuer des
Sechzehnzylinders sah.
Nanu — dachte Knese, aber da winkte der Mann schon auf
die Polizeibeamte» eigene deutliche Weise. Knese erschrak und gab
für alle Fälle ein wenig mehr Gas, so daß der Wagen los-
„Stören Sie mich nicht, Lerr Stängel Ich lese
grade eine wundervolle Liebeserklärung."
„Können Sie auch von mir hören."
„Was? Schon so früh auf? Lein?"
„Ja, ich fahr hinaus aufs Meer, bei mir zu Lause ist Sturm!"
nicht schlecht, wie Knese mißbilligend feststellte. Kein Zweifel aber, daß
der Polizist gegen den edlen Renner bald aufgeben würde. Tatsächlich
fiel er zurück, Knese begann bereits seelisch zu lächeln.
Jetzt die Kurve, sachte, sachte, alter Knabe, so — jetzt noch die Bahn-
überquerung, und dann kann er —
„Ioijoijoi Mama!" schrie Knese wie ungarisches Reh, was wird
angeschossen von wildem Jägersmann. Vor ihm tauchte ein rotes Licht
auf und sauste näher. Die Bahnschranke war herunten. Die Bremsen
quietschten. Knese begann leicht zu schwitzen und blickte zurück. Das Auge
des Gesetzes leuchtete in der Kurve auf, verschwand, blitzte wieder, um
endlich in seiner ganzen Schärfe heranzurasen. Knese schwitzte stärker, sein
Lerz dröhnte laut, zum Unterschied von den Schienensträngen, die noch
gar nicht daran dachten, zu erzittern.
260
Fortsetzung Sette 263
Beifall gefunden, daß sie jetzt allgemein Anwendung finden!"
sprang wie ein Pferd, wenn es hinten hineinge
stochen wird.
„Mein Name ist Knese," philosophierte der Lerren-
fahrer, „und ich habe wirklich nichts gesehen. Aber
zum Donnerwetter, was ist denn da wieder los? Kein
Scheinwerfer eingeschaltet, erlaubte Geschwindigkeit,
was will man also? Verflixt und zugenäht, sollte
vielleicht gar die Beleuchtung der rückwärtigen Num-
merntafel wieder nicht funktionieren, wie neulich, da
die Birne locker war und ich das Strafmandat be-
rappen mußte?"
Lerr Knese schielte zur Seite und bemerkte mit
Kummer, daß der Polizist auf dem Motorrad schon
wieder langsam aber sicher sein Nachbar wurde.
„Wenn hinten kein Licht ist," sprach der Versucher
zu Knese, „dann kann auch kein Polizist der Welt
deine Nummer lesen." Und da Satans Argumente
stets von einer zwingenden Logik zu sein pflegen, trat
Knese auf den Gashebel. Der Wagen burrte davon,
die Nadel des Tachometers wanderte auf fünfund-
achtzig. Die Lichterallee fand ihr plötzliches Ende,
die Landstraße begann. Knese schaltete die Schein-
werfer ein, die sechzehn Zylinder entwickelten sich.
Lundert — hundertzehn. Auch das Auge des Gesetzes
erstrahlte in seiner ganzen Lelle und blendete Knese
im Rückspiegel. Das Motorrad des Polizisten lief
Das schlechte Gewiffen des Autofahrers
Eine ganz unwahricheinltche Geschichte von Ralph Urban
Lerr Knese saß am Steuer seines Sechzehnzylinders und fuhr
eben durch den äußersten Stadtteil der Reichsstraße zu. Es war etwa
neun Ahr abends, aber er hatte auf der gutbeleuchteten Vororts-
straße noch die Stadtlichter eingeschaltet und nur vierzig Stundcn-
Kilometer am Tachometer. Also ruhte er wohlig auf der weichen
Rücklehne und auf seinem guten Gewissen.
Ein Motorradfahrer tauchte neben Lerrn Knese auf und ge-
wann langsam, aber gleichmäßig Vorsprung. Als er aber auf der
Löhe der Kühlerspitze anlangte, hielt er gleiches Tempo, so daß
Knese aus seinen Träumen erwachte und auf den Mann blickte.
Es war ein Polizist in Uniform, der mit schiefgeneigtem Kopf und
zusammengekniffenen Augen scharf auf den Lerrn am Steuer des
Sechzehnzylinders sah.
Nanu — dachte Knese, aber da winkte der Mann schon auf
die Polizeibeamte» eigene deutliche Weise. Knese erschrak und gab
für alle Fälle ein wenig mehr Gas, so daß der Wagen los-
„Stören Sie mich nicht, Lerr Stängel Ich lese
grade eine wundervolle Liebeserklärung."
„Können Sie auch von mir hören."
„Was? Schon so früh auf? Lein?"
„Ja, ich fahr hinaus aufs Meer, bei mir zu Lause ist Sturm!"
nicht schlecht, wie Knese mißbilligend feststellte. Kein Zweifel aber, daß
der Polizist gegen den edlen Renner bald aufgeben würde. Tatsächlich
fiel er zurück, Knese begann bereits seelisch zu lächeln.
Jetzt die Kurve, sachte, sachte, alter Knabe, so — jetzt noch die Bahn-
überquerung, und dann kann er —
„Ioijoijoi Mama!" schrie Knese wie ungarisches Reh, was wird
angeschossen von wildem Jägersmann. Vor ihm tauchte ein rotes Licht
auf und sauste näher. Die Bahnschranke war herunten. Die Bremsen
quietschten. Knese begann leicht zu schwitzen und blickte zurück. Das Auge
des Gesetzes leuchtete in der Kurve auf, verschwand, blitzte wieder, um
endlich in seiner ganzen Schärfe heranzurasen. Knese schwitzte stärker, sein
Lerz dröhnte laut, zum Unterschied von den Schienensträngen, die noch
gar nicht daran dachten, zu erzittern.
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Fortsetzung Sette 263
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die wundervollen Unterwasseraufnahmen haben derartigen Beifall gefunden ..."
"Stören Sie mich nicht, Herr Stange! Ich lese grade eine wundervolle Liebeserklärung"
"Was? Schon so früh auf?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)