„Da schwimmt ja eine Fliege in der Suvpe!" —
„Gar nicht möglich, Gnädigste, Fliegen können ja nicht schwimmen!"
Der dunkle Punkt
zwar am Lockzeitstag, als der Sekt alle Lemmungen lächerlich er-
scheinen zu lassen begann.
„Eines mußt du mir noch verraten," flüsterte Lerr Mott dem
frischgebackencn Schwiegersohn zu, „wie bist du eigentlich hinter
diese dumme Geschichte gekommen?"
„Gar nicht, Papachen," flüsterte der junge Mann zurück. „Von
der Erwägung ausgehend, daß schließlich jeder von uns seinen dunklen
Punkt hat, habe ich nur ein wenig auf den Strauch geschlagen."
„Die ganze Nacht Hab ich mich so auf die Dampferfahrt gefreut —
und jetzt ist sie schon gleich wieder vorbei." — „Aber der Danipfer
kommt doch erst." — „Ja — aber es dauert doch nur zwei Stunden!"
324
Lerr Mott umklammerte seinen Spitzbart, wie der Schiffbrückige
den Rettungsring. Dabei sah er den Schwiegersohn an, als hätte
er eben erst Neuland entdeckt. „Junge, Junge," sagte er, „du scheinst
über keine schlechten Anlagen zu verfügen. Ich werde dich als
Kompagnon ins Geschäft nehmen."
Nachrufe
Die Kasinogesellschaft ist der feinstste Klub der betriebsamen
Mittelstadt; es wird dort, wie die Leute sagen, eine vornehme Ge-
selligkeit gepflegt. Mitglied des Kasinos zu sein, ist eine große
Ehre, und man hat auch noch nach dem Tode was davon, denn dann
gibt es eine Gedenkfeier, und der pensionierte Regierungsrat Wullen-
weber, der Vorstand, widmet dem Dahingeschiedenen einen pracht-
vollen Nachruf.
Der Städtische Musikdirektor Cornelius, der manchen Abend der
Kasinogesellschaft durch seine Phantasien am Flügel verschönt hatte,
war dahingegangen. Eine Woche später gab es die herkömmliche
Gedenkfeier, und der Regierungsrat Wullenweber sprach wundervoll.
Zum Schlüsse rief er aus: „Ja, nun weilt er dort, wo seine Larmo-
nicn noch übcrtroffen werden!"-
Dr. ing. Claaßen, der erst seit einem Vierteljahr der Kasino-
„In Geldverlegenheiten — ja! Aber er findet sie nicht mehr
schrecklich; er hat sich daran gewöhnt."
gesellschaft angehörte, erkundigte sich nachher bei dem alten Doktor
Kegel: „Redet Wullenwcber immer so geschwollen?"
„Immer. Bei solcher Gelegenheit muß er zum Schluß stets eine
Parallele im Jenseits zum diesseitigen Beruf des Verstorbenen
finden. Leute hat es ja ausgezeichnet gepaßt, aber manchmal hat
er sckon die verrücktesten Konstruktionen zustande gebracht. Vom
Apotheker Sckulz hat er gesagt, nun wäre ihm das wahre Mittel
gegen olle irdischen Leiden offenbart, und beim Baumeister Prutz,
der unsere Markthalle gebaut hat, da hat er gar von den schöneren
Lalle» gesprochen, in denen der Selige nun wandle."
l)r. ing. Claaßen schüttelte sehr bedenklich den Kopf. „Mir dürfte
Wullenwcber dann also leinen Nachruf halten-das wäre ja
furchtbar."
„Sie meinen-?"
„Nun, ich fabriziere doch Lcizungsanlagen." —on.
Ädolar kommt zu dem Schriftleiter, sich nach dem Schicksal
seiner Gedichte zu ei kundigen.
„Die können Sie wieder mitnehmen, mein Bester," sagt der
Schriftleiter ungnädig. „Die sind ja nicht zu lesen."
Adolar versteht das nicht. „Aber ich habe sie Ihnen doch in
Schreibmaschinenschrift gebracht."
„Ich meine: wenn sie gedruckt sein würoen, mein Lieber."
„Gar nicht möglich, Gnädigste, Fliegen können ja nicht schwimmen!"
Der dunkle Punkt
zwar am Lockzeitstag, als der Sekt alle Lemmungen lächerlich er-
scheinen zu lassen begann.
„Eines mußt du mir noch verraten," flüsterte Lerr Mott dem
frischgebackencn Schwiegersohn zu, „wie bist du eigentlich hinter
diese dumme Geschichte gekommen?"
„Gar nicht, Papachen," flüsterte der junge Mann zurück. „Von
der Erwägung ausgehend, daß schließlich jeder von uns seinen dunklen
Punkt hat, habe ich nur ein wenig auf den Strauch geschlagen."
„Die ganze Nacht Hab ich mich so auf die Dampferfahrt gefreut —
und jetzt ist sie schon gleich wieder vorbei." — „Aber der Danipfer
kommt doch erst." — „Ja — aber es dauert doch nur zwei Stunden!"
324
Lerr Mott umklammerte seinen Spitzbart, wie der Schiffbrückige
den Rettungsring. Dabei sah er den Schwiegersohn an, als hätte
er eben erst Neuland entdeckt. „Junge, Junge," sagte er, „du scheinst
über keine schlechten Anlagen zu verfügen. Ich werde dich als
Kompagnon ins Geschäft nehmen."
Nachrufe
Die Kasinogesellschaft ist der feinstste Klub der betriebsamen
Mittelstadt; es wird dort, wie die Leute sagen, eine vornehme Ge-
selligkeit gepflegt. Mitglied des Kasinos zu sein, ist eine große
Ehre, und man hat auch noch nach dem Tode was davon, denn dann
gibt es eine Gedenkfeier, und der pensionierte Regierungsrat Wullen-
weber, der Vorstand, widmet dem Dahingeschiedenen einen pracht-
vollen Nachruf.
Der Städtische Musikdirektor Cornelius, der manchen Abend der
Kasinogesellschaft durch seine Phantasien am Flügel verschönt hatte,
war dahingegangen. Eine Woche später gab es die herkömmliche
Gedenkfeier, und der Regierungsrat Wullenweber sprach wundervoll.
Zum Schlüsse rief er aus: „Ja, nun weilt er dort, wo seine Larmo-
nicn noch übcrtroffen werden!"-
Dr. ing. Claaßen, der erst seit einem Vierteljahr der Kasino-
„In Geldverlegenheiten — ja! Aber er findet sie nicht mehr
schrecklich; er hat sich daran gewöhnt."
gesellschaft angehörte, erkundigte sich nachher bei dem alten Doktor
Kegel: „Redet Wullenwcber immer so geschwollen?"
„Immer. Bei solcher Gelegenheit muß er zum Schluß stets eine
Parallele im Jenseits zum diesseitigen Beruf des Verstorbenen
finden. Leute hat es ja ausgezeichnet gepaßt, aber manchmal hat
er sckon die verrücktesten Konstruktionen zustande gebracht. Vom
Apotheker Sckulz hat er gesagt, nun wäre ihm das wahre Mittel
gegen olle irdischen Leiden offenbart, und beim Baumeister Prutz,
der unsere Markthalle gebaut hat, da hat er gar von den schöneren
Lalle» gesprochen, in denen der Selige nun wandle."
l)r. ing. Claaßen schüttelte sehr bedenklich den Kopf. „Mir dürfte
Wullenwcber dann also leinen Nachruf halten-das wäre ja
furchtbar."
„Sie meinen-?"
„Nun, ich fabriziere doch Lcizungsanlagen." —on.
Ädolar kommt zu dem Schriftleiter, sich nach dem Schicksal
seiner Gedichte zu ei kundigen.
„Die können Sie wieder mitnehmen, mein Bester," sagt der
Schriftleiter ungnädig. „Die sind ja nicht zu lesen."
Adolar versteht das nicht. „Aber ich habe sie Ihnen doch in
Schreibmaschinenschrift gebracht."
„Ich meine: wenn sie gedruckt sein würoen, mein Lieber."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Da schwimmt ja eine Fliege in der Suppe" "Ist Vetter Emil noch immer in so schrecklichen Geldverlegenheiten?" "Der Melancholiker"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 186.1937, Nr. 4791, S. 324
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg