Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Perle Lucte D°» «. W.

Alle meine Freunde und Bekannten wissen, daß
das Verhältnis zwischen Lucie und mir eine Quelle
reiner Freuden ist. Und ich meine, so könnte es
überall sein. Ich habe mich deshalb entschlossen, die
Atmosphäre bei uns — ich bin Junggeselle, und
Lucie ist meine Perle — einer breiteren Oeffent-
lichkeit bekannt zu geben, ohne behaupten zu
wollen, daß mein Fall nun irgendwelche Allge-
meingültigkeit habe. Im Gegenteil, es ist mein
Stolz, daß er vermutlich einmalig sein und bleiben
wird! Aber langsam werden sich meine grund-
sätzlichen Erkenntnisse durchsetzen, und wenn sie erst
Allgemeingut geworden sind, dann wird es keine
Schwierigkeiten mit Perlen mehr geben — höch-
stens noch hie und da Perlen mit Schwierigkeiten.

Als ich Lucie einstellte, war ich mir klar, daß
psychologische Probleme zu lösen waren. In der
Psychologie, der praktischen Menschenkenntnis
und Menschenbehandlung liegt der Lase begraben
und der Lund im Pfeffer. Ich nahm mir eisern vor,
LuciemitpsychologischemVerständniszubehandeln.

Als guter Psychologe war ich bestrebt, ihr
das erste Erlebnis in meinem Lause so angenehm
wie möglich zu machen. Erste Erlebnisse sind ent.
scheidend. And ich weiß von mir selber, wie
scheußlich es ist, morgens in aller Lerrgottsfrühe
von rauhen Kehllauten geweckt zu werden. Ich
dachte mir, um halb neun sei die rechte Zeit und
schaffte ganz leise den Radioapparat in die Küche,
hinter der sich bei mir das Mädchenzimmer befin-
det. Sachte, sachte öffnete ich die Türe einen Spaltbreit und
stellte das so melodische Pausenzeichen von Lonolulu ein.
Dann entfernte ich mich diskret, um im Wohnzimmer Kaffee
zu mahlen, mit dem ich sie überraschen wollte. Die Sache ge-
lang vollkommen und hat sich auch in der Folgezeit so gut be-
währt, daß es dabei geblieben ist: ich mache den Kaffee und
wecke Lucie. Nur fand ich es für mich bequemer, die Weck-
zeit auf einhalb zehn zu verlegen, womit Lucie sich dankens-
werterweise völlig einverstanden erklärte

„Was haben Sie denn für komische Auswüchse an Ihrer Wand ?"
„Nebenan wohnt ein Preisboxer, Lerr Maier!"

Hochsaison

„Zimmer mit Bad, alles besetzt. Vielleicht nehmen die Dame Bad mit Bett?"

Im Kochen war sie nach meinen Begriffen durchaus nicht perfekt. Kar-
toffelknödel, meine Lieblingsspeise, schien sie mit Portlandzement anzu-
rühren. Aber schließlich gibt es ganze Völkerschaften, die nie Kartoffel-
knödel essen. Warum sollte ich also darauf bestehen? Ich hatte mir Lucie
engagiert, um ein eignes Leim zu haben und nicht im Wirtshaus essen zu
müffen, nicht ausgesprochen der Knödel wegen. Was das Wirtshausessen
angeht, so rechnete mir Lucie allerdings sehr bald auf Spitz und Knopf vor,
daß es ein Unsinn sei, zu Lause zu kochen. Wenn das Essen aus der Wirt-
schaft geholt würde, sei es bedeutend billiger. Ich muß sagen, daß mich
diese Tatsache etwas erschütterte, aber Zahlen beweisen. Lucie holte das
Essen im Wirtshaus nebenan. Später ließ sie es sich bringen, wofür das
geringe Aufgeld von 10 Pfennigen wahrhaftig nicht unangemessen war.

Grammophon und Radio nahm sich Lucie in nettester Weise in ihr
Zimmer. Ich konnte aber alles sehr bequem in der Küche mithören. Nur
an Tagen, wo sie Besuch empfing — etwa 3 bis 4 mal in der Woche — bat
sie sich taktvoll aus, daß ich im Wohnzimmer bliebe. Für mich als einen
gut erzogenen Mann war das sowieso selbstverständlich.

Ich muß noch betonen, daß ich meiner Lucie auch viel Positives ver-
danke. Zum Beispiel in Beziehung auf Kindererziehung. Ihre zwei Richten
und drei Neffen im Alter von anderthalb bis vierdreiviertel Jahren waren
meistens bei uns. Was ich dabei an Trockenlegen, Flaschenftttterung und
Behandlung von kindlichen Verdauungsstörungen gelernt habe, ist genug,
um eine ausgebildete Kinderschwester vor Neid erblassen zu machen.

Zuletzt wurde das Verhältnis direkt ideal. Lierbei spielte ein Zufall
eine Rolle. Als Lucie einmal auf einem Faschingsball und bis vier Ahr
morgens noch nicht zu Lause war, mußte ich leider darauf verzichten, sie
beim Eintritt zu begrüßen. Ich ging zu Bett und legte dabei ganz in
Gedanken den Riegel vor die Eingangstllre. Lucie konnte nicht herein. Aber
sie nahm die Sache mit gutem Lumor auf. Als sie am nächsten Mittag
erschien, hatte sie im Esplanade geschlafen und bat mich nur, die Rechnung
bis abends 6 Uhr zu erledigen. Von da an zog sie ganz ins Lotel. Zu
Vorzugspreisen natürlich, wie ich das von meiner praktischen Lucie nicht
anders erwartet hatte. — Sie kommt sehr häufig, etwa dreimal die Woche,
um nachzusehen, ob ich alles ordentlich und richtig mache.

Wenn ich Erholung brauche, nehmen wir uns eine Aufwartefrau. — And
so behaupte ich denn, daß mit nur ein wenig Verständnis und Psychologie
jedes derartige Dienstverhältnis reibungslos und ideal gestaltet werden kann.

391
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Hochsaison" "Was haben Sie denn für komische Auswüchse an Ihrer Wand?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Traub, Gustav
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 186.1937, Nr. 4795, S. 391
 
Annotationen