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Gegend nun spricht man nicht von Lehmklütern oder Lehm-
brocken, sondern von Lehmpatzen, und so wurde das infolge
einiger Krummheit alt und trotzig scheinende Gebäude die
Patzenburg genannt. Nebenbei: es gibt aber auch Bau-
werke aus Ziegel», ja aus Granit und Marmor, bei denen
man von Patzen sprechen könnte.

Nach dem Tode ihres Erbauers kam die Patzenburg
irgendwie in den Besitz der Gemeinde, und da sich kein
Kauf-, ja nicht einmal ein Mietslustiger fand, quartierte
man dort die Ortsarmen ein, die dadurch — denn über
ei» Dutzend stieg ihre Zahl nie — zu viel mehr Platz kamen,
als sie erwarten dursten. Sie hatten ja nicht einmal einen
Platz im Leben ordentlich ausgefüllt, wie damals ein geist-
reicher Poggstedter bemerkte. Damit war die Fürsorge der
Gemeinde in der Lauptsache erschöpft. Ein Dach über dem
Kopf hatten die Leute; wie sie zu freundlichen Gaben und
daneben noch einigem Verdienst kommen konnten, die Frauen
durch Stricken, die Männer durch kleine Gelegenheitsarbei-
ten und Schnitzen von Lolzpantinen — das blieb ihnen
überlassen.

So hatte die Patzenburg samt ihren Bewohnern ihre
bescheidene, ganz unbeachtete Rolle im Getriebe von Pogg-
stedt gespielt, da nahte ihr — es war noch ein Jahrzehnt
vor der Jahrhundertwende — auf einer weiten und um-
ständlichen Reise, nämlich auf dem Schubwege, ein neuer
Insasse. In einer kleinen Stadt am Rhein war ins Kranken-
haus ein verunglückter alter Clown eines Wanderzirkus
eingeliefert worden, mit einem schlimmen, nur langsam aus-
zuheilenden Beinbruch. Der Mann nannte sich John Brak.
Es wurde ermittelt, daß er zwar so hieß, aber auf deutsch,
nämlich Johann Schnabel, und nach Poggstedt zuständig
war, und so sckickte man ihn, als er wieder auf war —
der Zirkus war inzwischen längst verschwunden — auf den
weiten Weg nach dem Osten. Da die Rechnung für seine
Kurkosten schneller gereist war, empfing ihn der Poggstedter
Magistrat mit noch geringerer Freude, als er ohnehin zu
erwarten gehabt hätte. Die Rechnung mußte anerkannt
werden, weil er, der sie verursacht hatte, auch anerkannt wer-
den mußte. Zwei Brüder Schnabel, die längst auf dem
Poggstedter Friedhof lagen, hatten jeder einen Sohn gehabt,
und diese beiden Vettern waren als junge Burschen ge-
meinsam durchgebrannt. Sie waren zur See gegangen und
hatten sich dann in Amerika umhergetrieben, wo sie schließ-
lich auseinander geraten waren. Johann war dann doch

Kontrast „Draußen gießt es in Strömen, und ich muß

mich hier um den flüssigen Stil abplagen!"

Die Patzenburg Don Peter Roblnion

Poggstedt ist eine recht kleine Stadt, aber auch sie zeigt seit einigen
Jahren ein löbliches Bestreben, über die ihr einst gezogenen Mauern hin-
auszuwachsen. Vor ihren Toren entstehen kleine Einfamilienhäuser, von
denen einzelne sogar Villen genannt werden; Bauplätze für später ein-
mal — wenn das Geld zusammengespart sein wird! — zu bauende
werden vorläufig als Gärten benutzt, und einem von ihnen ist nun jenes
Gebäude zum Opfer gefallen, das von jeher in Poggstedt die Patzenburg
genannt wurde. Die Patzenburg ist verschwunden, und so werden nach
und nach auch jene seltsamen Jahre ihrer Geschichte vergessen werden,
von denen die älteren Leute in Poggstedt noch aus eigenem Erleben
zu erzählen wissen. Aber vielleicht findet sich noch ein Poggstedter
Chronist, der das getreulich aufschreibt.

Erbaut wurde die Patzenburg, die kaum hundert Meter vor dem
Friedländer Tore lag, vor etwa 70 Jahren von einem Poggstedter
Ackerbürger, der sein Laus in der Stadt nach vorteilhaftem Verkauf
schnell räumen mußte und in kürzester Zeit für sich, eine große Familie
und einiges Gesinde geräumige Anterkunft haben wollte. Er wendete
deshalb die einfachste Bauweise an: einen Fachwerkbau, dessen Wände
einfach aus gestampftem Lehm errichtet wurden. In der Poggstedter


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„Frisch gemähtes Leu duftet doch wundervoll, Lerr Moos-
bichlerl — Es gibt übrigens auch solch ein Parfüm; das werde
ich mir gleich mal kaufen." — „Dös braucht's net, Fräulein —
stopfen's Eahna nur a paar Landvoll Leu in die Taschen!"

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Titel

Titel/Objekt
"Kontrast" "Frisch gemähtes Heu duftet doch wundervoll"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Macon, Julius
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 187.1937, Nr. 4796, S. 4

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