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Wenn Männer Koffer packen . . . »°n W.schmth
Die meisten Männer wissen mit der Garderobe ihrer Frau so
wenig Bescheid, daß sie nicht einmal ein Komplet und ein Kostüm
auseinanderhalten können, ganz zu schweigen davon, daß sie Velvet,
Organdy und Marocain für Dörfer auf dem Balkan halten. Nur
wenn die Rechnungen kommen, dann geht ihnen manchmal ein blasses
Licht auf. Dafür haben hinwiederum die Männer eine Eigenschaft,
die den Frauen völlig abgeht: sie finden sich im Kursbuch der Deutschen
Reichsbahn zurecht. Ganz besonders schlimm wird nun die Sache,
wenn diese beiden heterogenen Dinge durcheinander geraten, wenn
also der Ehegatte, bloß weil er aus dem Fahrplan die unfehlbar
richtigen eng- und fettgedruckten Züge herauszuklabüsern weiß, sich
auch einbildet, das Kofferpacken besser zu verstehen, was doch der
kluge Mann — schon aus angeborener Bequemlichkeit — sonst lieber
der Frau überläßt.
So war es auch bei meinen lieben Bekannten, bei Schlottermanns.
Als sie aus ihrer Sommerfrische, einem kleinen Gebirgsdörfchen,
Heimreisen wollten, lag Frau Olga noch selig in Morpheus' Armen,
während Lerr Eduard schon in aller Lerrgottsfrühe vor dem offenen
Koffer stand und sachkundig alle mitgebrachten Gegenstände und
Garderobenstücke einpackte. Er verstaute sie so kunstvoll, daß er nicht
einmal — wie es mir meistens geht — in den Koffer hineinzusteigen
brauchte, um wie ein Winzer im Traubensaß darin herumzutrampeln.
Es ging auch ohne diese Gewaltmaßnahme alles hinein — bis auf
eine Pelzjacke, die dem flotten Packer doch einige Sorgen bereitete-
Amso erfreuter war er — schon aus Gründen des Renommees —,
als vom Bett her die Stimme seiner Frau erklang: „Eduard, leg'
doch lieber meine Kostümjacke mit in den Koffer! Es scheint ziemlich
kühl zu sein, da werde ich auf der Reise doch die Pelzjacke über die
Bluse ziehen." Das war für Äerrn Schlottermann die Lösung eines
schwierigen Problems. Er ergriff das Kleidungsstück, tat es zu den
übrigen, schloß den Koffer ab und sprach: „Olga, Punkt neun Ahr
dreißig geht unser Zug! Ich bringe inzwischen das Gepäck zum Bahn-
hof. Mach dich rasch fertig und komm' gleich nach!" Damit nahm
er den Koffer und zottelte los. Als er am Bahnhof angelangt war
— es war genau acht Uhr fünfzig — gab er das Gepäck auf und
ließ sich, erschöpft, wie er von dem schweren Koffer war, auf eine
Bank nieder, von der aus er die Landstraße übersehen konnte. Wer
auf besagter Landstraße jedoch nicht herannahte, das war seine Frau.
Neun Ahr drei: „Wo sie nur wieder bleibt!" Neun Ahr fünf: „Das
ist wieder mal echt weiblich! So sind die Frauen!" Neun Ahr sieben:
Lerr Schlottermann setzt sich nach dem Landhause zu in Trab, um
seine Frau in Trab zu bringen. Wie er sich der Sommerfrischen-
behausung nähert, sieht er im ersten Stock seine Frau am Fenster
stehen. Sie hat zwar die Pelzjacke schon an, trifft jedoch keine An-
stalten, herunterzukommen. Da sollte es doch dreizehn schlage»! Nun
— es schlug sogar schon fünfzehn. Lerr Schlottermann bleibt atem-
los stehen und winkt seiner Ehehälfte. Die Ehehälfte winkt zurück.
Er fuchtelt, sie fuchtelt. Er brüllt: „Sofort kommen! Noch zehn
Minuten!" Sie legt die Lände an den Mund und flüstert eindring-
lich: „Komm doch mal rauf!" — „Was ist denn los?" schreit Schlotter-
mann. „Ich kann es dir so nicht sagen!" — ruft die Frau zurück.
Was bleibt ihm übrig — er springt wie eine wütende Gemse die
knarrende Treppe empor. Als er das Zimmer betritt, braucht seine
Frau ihm nichts mehr zu sagen. Er sieht alles auch so:
Seine Ehehälfte steht sozusagen als Rosenkavalier vor ihm.
Schlottermann hat nämlich nicht nur die Kostümjacke, sondern auch
den dazugehörigen Rock in den Koffer gepackt — in den nämlichen
Koffer, der im gleichen Augenblick mit dem Zuge Richtung Leimat
abdampft.
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Sie, der lange Schal kann Ihnen gefährlich werden!
.Wieso Schal? Das ist meine Braut/
Wenn Männer Koffer packen . . . »°n W.schmth
Die meisten Männer wissen mit der Garderobe ihrer Frau so
wenig Bescheid, daß sie nicht einmal ein Komplet und ein Kostüm
auseinanderhalten können, ganz zu schweigen davon, daß sie Velvet,
Organdy und Marocain für Dörfer auf dem Balkan halten. Nur
wenn die Rechnungen kommen, dann geht ihnen manchmal ein blasses
Licht auf. Dafür haben hinwiederum die Männer eine Eigenschaft,
die den Frauen völlig abgeht: sie finden sich im Kursbuch der Deutschen
Reichsbahn zurecht. Ganz besonders schlimm wird nun die Sache,
wenn diese beiden heterogenen Dinge durcheinander geraten, wenn
also der Ehegatte, bloß weil er aus dem Fahrplan die unfehlbar
richtigen eng- und fettgedruckten Züge herauszuklabüsern weiß, sich
auch einbildet, das Kofferpacken besser zu verstehen, was doch der
kluge Mann — schon aus angeborener Bequemlichkeit — sonst lieber
der Frau überläßt.
So war es auch bei meinen lieben Bekannten, bei Schlottermanns.
Als sie aus ihrer Sommerfrische, einem kleinen Gebirgsdörfchen,
Heimreisen wollten, lag Frau Olga noch selig in Morpheus' Armen,
während Lerr Eduard schon in aller Lerrgottsfrühe vor dem offenen
Koffer stand und sachkundig alle mitgebrachten Gegenstände und
Garderobenstücke einpackte. Er verstaute sie so kunstvoll, daß er nicht
einmal — wie es mir meistens geht — in den Koffer hineinzusteigen
brauchte, um wie ein Winzer im Traubensaß darin herumzutrampeln.
Es ging auch ohne diese Gewaltmaßnahme alles hinein — bis auf
eine Pelzjacke, die dem flotten Packer doch einige Sorgen bereitete-
Amso erfreuter war er — schon aus Gründen des Renommees —,
als vom Bett her die Stimme seiner Frau erklang: „Eduard, leg'
doch lieber meine Kostümjacke mit in den Koffer! Es scheint ziemlich
kühl zu sein, da werde ich auf der Reise doch die Pelzjacke über die
Bluse ziehen." Das war für Äerrn Schlottermann die Lösung eines
schwierigen Problems. Er ergriff das Kleidungsstück, tat es zu den
übrigen, schloß den Koffer ab und sprach: „Olga, Punkt neun Ahr
dreißig geht unser Zug! Ich bringe inzwischen das Gepäck zum Bahn-
hof. Mach dich rasch fertig und komm' gleich nach!" Damit nahm
er den Koffer und zottelte los. Als er am Bahnhof angelangt war
— es war genau acht Uhr fünfzig — gab er das Gepäck auf und
ließ sich, erschöpft, wie er von dem schweren Koffer war, auf eine
Bank nieder, von der aus er die Landstraße übersehen konnte. Wer
auf besagter Landstraße jedoch nicht herannahte, das war seine Frau.
Neun Ahr drei: „Wo sie nur wieder bleibt!" Neun Ahr fünf: „Das
ist wieder mal echt weiblich! So sind die Frauen!" Neun Ahr sieben:
Lerr Schlottermann setzt sich nach dem Landhause zu in Trab, um
seine Frau in Trab zu bringen. Wie er sich der Sommerfrischen-
behausung nähert, sieht er im ersten Stock seine Frau am Fenster
stehen. Sie hat zwar die Pelzjacke schon an, trifft jedoch keine An-
stalten, herunterzukommen. Da sollte es doch dreizehn schlage»! Nun
— es schlug sogar schon fünfzehn. Lerr Schlottermann bleibt atem-
los stehen und winkt seiner Ehehälfte. Die Ehehälfte winkt zurück.
Er fuchtelt, sie fuchtelt. Er brüllt: „Sofort kommen! Noch zehn
Minuten!" Sie legt die Lände an den Mund und flüstert eindring-
lich: „Komm doch mal rauf!" — „Was ist denn los?" schreit Schlotter-
mann. „Ich kann es dir so nicht sagen!" — ruft die Frau zurück.
Was bleibt ihm übrig — er springt wie eine wütende Gemse die
knarrende Treppe empor. Als er das Zimmer betritt, braucht seine
Frau ihm nichts mehr zu sagen. Er sieht alles auch so:
Seine Ehehälfte steht sozusagen als Rosenkavalier vor ihm.
Schlottermann hat nämlich nicht nur die Kostümjacke, sondern auch
den dazugehörigen Rock in den Koffer gepackt — in den nämlichen
Koffer, der im gleichen Augenblick mit dem Zuge Richtung Leimat
abdampft.
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Sie, der lange Schal kann Ihnen gefährlich werden!
.Wieso Schal? Das ist meine Braut/
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sie, der lange Schal kann Ihnen gefährlich werden!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 187.1937, Nr. 4798, S. 34
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg