Zeichnung von M. Bauer
„Sie hatten doch aber geschrieben, Sie hätten fließendes Wasser?"
„Na, nu gucken Sie mal — wie das fließt!"
Warum sind die Menschen so ruhelos?
Von Ralph Lrban
„Wir bedauern sehr," diktierte Lerr Runge seiner Stenotypistin,
„nicht in der Lage zu sein, auf Ihr Angebot ohne weiteres —"
Lerr Runge blickte auf die Armbanduhr. „Quatsch!" rief er.
„Schreiben Sie ihm irgend etwas. Ich habe eine dringende Besprechung;
machen Sie die Post fertig, dann können auch Sie gehen."
Die dringende Besprechung war blond, vollschlank und hochbeinig
und für siebzehn Ahr zehn zum Eingang vom Stadtpark bestellt.
Es fehlten nur noch drei Minuten auf fünf.
Lerr Runge unterschrieb hastig ein paar Briefe.
Der Fernsprecher klingelte.
„Ich bin nicht da!" rief der Chef seiner Sekretärin zu und sauste
zur Tür raus. Treppe runter, Laus raus. Fünf Ahr zwei Minuten.
Eben knatterte der Autobus von der Lallestelle davon. Also Taxi!
Der Standplatz war leer. Endlich kam eine Droschke in Sicht. Lerr
Runge winkte. Der Chauffeur winkle zurück und fuhr weiter, viel-
leicht hatte er eine Bestellung. Lerr Runge ballte die Fäuste, aber
es half nichts. Ich bin pünktlich wie eine Ahr, hatte das blonde
Glück gesagt. Schrecklich! And es war das erste Stelldichein. Also
zum nächsten Standplatz. Runge begann zu laufen. „Lallo, hallo!"
rief es hinter ihm. Er bremste scharf ab und drehte sich nach dem
Rufer um. Ein schmächtiger Junge lief hinter ihm her, der nun
gleichfalls abbremste.
„Was ist los, habe ich etwas verloren?"
„Ree, ich wollte nur fragen, ob Sie es eilig haben."
Runge heulte auf wie eine Sirene und traf daneben, der Bengel
war flinker. Runge raste weiter, Standplatz, Taxe, hinein!
„Stadtpark!"
Der Anlasser knurrte wie ein Lund, dem man einen Knochen
wegnehmen will, der Motor sagte „Puff". Das wiederholte sich
einige Male.
„Ich werde verrückt!" schrie Runge.
„Immer mit der Ruhe!" besänftigte der Chauffeur, stieg aus und
verschwand hinter der Kühlerhaube. Runge strampelte vierhändig.
Der Chauffeur schloß den Kühler, stieg ein, der Anlasser knurrte,
der Motor sprang an. Endlich! Fünf Ahr dreizehn. Bei der ersten
Straßenkreuzung war rotes Licht.
Bei der zweiten Straßenkreuzung war rotes Licht.
Bei der dritten Straßenkreuzung war rotes Licht.
Bei der vierten Straßenkreuzung war rotes Licht.
Runge schluchzte leise und trocken vor sich hin.
Stadtpark, siebzehn Ahr dreißig, keine Spur von ihr. Natürlich
war sie schon weg. Man kann auch von einer Dame nicht verlangen,
daß sie länger als fünf Minuten wartet. Also würde er sie nie
Wiedersehen. Anfaßbar, unmöglich! Alles in ihm tobte, die Gedanken
rasten wie ein hochtouriger Motor. Er hatte die junge Dame am
Sonntag in der Bahn kennengelernt. Lelene hieß sie und Schneider.
Wohnte bei ihrer Mutter irgendwo im Westen der Stadt, aber
wo? Latte sie Telephon?
And schon stürzte Runge auf das Fernsprecherhäuschcn an der
Ecke zu. Drinnen stand eine Dame, die sprach und sprach. Runge
bewegte sich inzwischen wie ein Bär im Käfig, der auf das Futter
wartet. Die Dame sprach weiter.
„Gnädige Frau," rief er hinein, „bitte, ich habe eine sehr dringende
Sache zu erledigen."
„Ich auch," sagte die Dame und sprach weiter.
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„Sie hatten doch aber geschrieben, Sie hätten fließendes Wasser?"
„Na, nu gucken Sie mal — wie das fließt!"
Warum sind die Menschen so ruhelos?
Von Ralph Lrban
„Wir bedauern sehr," diktierte Lerr Runge seiner Stenotypistin,
„nicht in der Lage zu sein, auf Ihr Angebot ohne weiteres —"
Lerr Runge blickte auf die Armbanduhr. „Quatsch!" rief er.
„Schreiben Sie ihm irgend etwas. Ich habe eine dringende Besprechung;
machen Sie die Post fertig, dann können auch Sie gehen."
Die dringende Besprechung war blond, vollschlank und hochbeinig
und für siebzehn Ahr zehn zum Eingang vom Stadtpark bestellt.
Es fehlten nur noch drei Minuten auf fünf.
Lerr Runge unterschrieb hastig ein paar Briefe.
Der Fernsprecher klingelte.
„Ich bin nicht da!" rief der Chef seiner Sekretärin zu und sauste
zur Tür raus. Treppe runter, Laus raus. Fünf Ahr zwei Minuten.
Eben knatterte der Autobus von der Lallestelle davon. Also Taxi!
Der Standplatz war leer. Endlich kam eine Droschke in Sicht. Lerr
Runge winkte. Der Chauffeur winkle zurück und fuhr weiter, viel-
leicht hatte er eine Bestellung. Lerr Runge ballte die Fäuste, aber
es half nichts. Ich bin pünktlich wie eine Ahr, hatte das blonde
Glück gesagt. Schrecklich! And es war das erste Stelldichein. Also
zum nächsten Standplatz. Runge begann zu laufen. „Lallo, hallo!"
rief es hinter ihm. Er bremste scharf ab und drehte sich nach dem
Rufer um. Ein schmächtiger Junge lief hinter ihm her, der nun
gleichfalls abbremste.
„Was ist los, habe ich etwas verloren?"
„Ree, ich wollte nur fragen, ob Sie es eilig haben."
Runge heulte auf wie eine Sirene und traf daneben, der Bengel
war flinker. Runge raste weiter, Standplatz, Taxe, hinein!
„Stadtpark!"
Der Anlasser knurrte wie ein Lund, dem man einen Knochen
wegnehmen will, der Motor sagte „Puff". Das wiederholte sich
einige Male.
„Ich werde verrückt!" schrie Runge.
„Immer mit der Ruhe!" besänftigte der Chauffeur, stieg aus und
verschwand hinter der Kühlerhaube. Runge strampelte vierhändig.
Der Chauffeur schloß den Kühler, stieg ein, der Anlasser knurrte,
der Motor sprang an. Endlich! Fünf Ahr dreizehn. Bei der ersten
Straßenkreuzung war rotes Licht.
Bei der zweiten Straßenkreuzung war rotes Licht.
Bei der dritten Straßenkreuzung war rotes Licht.
Bei der vierten Straßenkreuzung war rotes Licht.
Runge schluchzte leise und trocken vor sich hin.
Stadtpark, siebzehn Ahr dreißig, keine Spur von ihr. Natürlich
war sie schon weg. Man kann auch von einer Dame nicht verlangen,
daß sie länger als fünf Minuten wartet. Also würde er sie nie
Wiedersehen. Anfaßbar, unmöglich! Alles in ihm tobte, die Gedanken
rasten wie ein hochtouriger Motor. Er hatte die junge Dame am
Sonntag in der Bahn kennengelernt. Lelene hieß sie und Schneider.
Wohnte bei ihrer Mutter irgendwo im Westen der Stadt, aber
wo? Latte sie Telephon?
And schon stürzte Runge auf das Fernsprecherhäuschcn an der
Ecke zu. Drinnen stand eine Dame, die sprach und sprach. Runge
bewegte sich inzwischen wie ein Bär im Käfig, der auf das Futter
wartet. Die Dame sprach weiter.
„Gnädige Frau," rief er hinein, „bitte, ich habe eine sehr dringende
Sache zu erledigen."
„Ich auch," sagte die Dame und sprach weiter.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sie hatten doch aber geschrieben, Sie hätten fließendes Wasser?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 187.1937, Nr. 4818, S. 359
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg