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Schwierigkeiten mit einem Weihnachtsgeschenk

„NiemandlIchhab's vom Fenster ausgesehn. Willstdunoch Suppe?"

„Nee, danke, Molchen!" Scherbe! hatte Angst, sich noch einmal zu
verschlucken. „Also vom Fenster aus hast du das gesehn. Dann solltest
du Susemihls gegenüber lieber nichts davon erwähnen. Es sieht
so nach Neugier aus."

„Fällt mir auch gar nicht ein. Dann würden sie mich womöglich
einladen, die Einrichtung anzusehn. Ich würde sie bewundern müssen,
und ich mag mich nicht verstellen."

„Verstellen?" Es
war wirklich gut, daß
Scherbe! keine Suppe
mehr genommen hatte.

„Warum verstellen?

Du würdest jedenfalls
ganz ehrlich bewun-
dern können."

„Aber Max-

hast du die Sachen
denn gesehn?"

„Nee nee, Mal-
chen, gesehn habe ich
sie nicht!" versicherte
Scherbel, während er
mit etwas zitternden
Länden seiner Laus-
Herrnpflicht nachkam,
das Fleisch aufzu-
schneiden. „Aber ich
weiß, daß Susemihls
gebildete Leute sind;
die werden sich doch
nichts Läßliches kau-
fen."

„Du hast ja keine
Ahnung, Max! Viel-
leicht haben sich die
alten Leute von dem
Möbelmenschen be-
schwatzen lassen. Ich
kann dir nur sagen:
gräßlich!"

MaxScherbelnahm
sich sehr wenig Fleisch,
der Appetit war ihm
vergangen. Aber er
mußte die unerfreu-
liche Unterhaltung
fortsetzen. „Malchen,
du übertreibst! Gräß-
liche Möbel hat Stäb-
lein überhaupt nicht."

Amalie wunderte
sich. „Woher weißt
du denn, daß die Mö-
bel von Stäblein ge-
kommen sind?"

Der Gatte konnte nicht gleich antworten; er mußte an einem Bissen
kauen, sehr lange kauen. „Ich dachte, du hättest Stäblein erwähnt,
Malchen. Last du nicht? Na, dann bin ich vielleicht darauf gekom-
men, weil ich doch jeden Tag bei Städlein vorübergehe. Ich habe
da eigentlich immer nur sehr gute Sachen in den Fenstern gesehn."

„Die Leute werden grade den schlechten Kram ins Fenster setzen!
Aber warum reden wir überhaupt davon? Es ist ja ganz egal, was
Susemihls sich gekauft haben. Bloß das will ich noch sagen: der
Lahn von oben und der Bröse aus dem dritten Stock — denen
haben die Möbel gefallen. Und was die für einen Geschmack haben,
kannst du dir ja denken." —

Max Scherbel zog sich zu kurzer Mittagsruhe zurück. Aber den
gewohnten leichten Schlummer fand er nicht. „Ich bin ein Rind-
vieh gewesen!" jammerte er innerlich. „Das hätte ich doch bedenken
müssen. Die Frau sieht doch mindestens ein duyendmal am Tage
aus dem Fenster, ob nicht irgendwas los ist. And natürlich muß
grade dann der Deiwel Stäblein seinen Wage» herkarren!" Lier
irrte Scherbel: es war nicht der Deiwel gewesen, sondern ein Trak-
tor, der allerdings auch etwas Löllisches an sich hat, besonders hin-
sichtlich der von ihm ausgehenden Dünste und Gerüche. „And wenn

dann auch Möbel aus-
gepackt worden wären,
die einem Professor
der Aesthetik zur Ehre

gereicht hätten-

meiner Amalie hät-
ten sie doch nicht ge-
fallen, weil sie ja an-
nehmen mußte, daß sie
für Susemihls be-
stimmt waren, daß
diese alten Leute sich
leisteten, was sie selber
sich schon lange ge-
wünscht hat. Nun
habe ich den Salat!
Nun kann ich ihn aus-
sressen!"

Das war also am
16. Dezember. Zwei
Tage lang ließ Max
Scherbel den Salat
noch stehen. Dann be-
nützte er eine Stunde,
als Amalie ausge-
gangen war, und
schlich sich zu Suse-
mihls. „Es tut mir
furchtbar leid, daß ich
Ihnen noch einmal
Umstände mit der
dummen Salonein-
richtung machen muß.
Sie wird nämlich wie-
der abgeholt; es war
da bei dem Kauf nicht
alles in Ordnung."
Susemihls waren
zartfühlend und stell-
ten keine Fragen. Aus
der gewundenen Er-
klärung, es wäre nicht
alles in Ordnung ge-
wesen, und aus dem
überraschenden Aus-
druck „dumme Salon-
einrichtung" glaubten
sie schließen zu müssen,
daß Lerr Scherbel wohl doch nicht in so guter Vermögenslage wäre,
wie sie gemeint hatten, daß er die schönen Möbel wohl nur auf Ab-
zahlung gekauft und dann Angst vor der großen Verpflichtung be-
kommen habe. Sie bedauerten Scherbel und versprachen, seiner
Gattin nichts zu verraten.

Dann ging Max Scherbel ins Möbelhaus Stäblein. Am schnell
vorwärts zu kommen, führte er sich mit einer Zauberformel ein, die
fast alle Schwierigkeiten bei geschäftlichen Beziehungen sofort aus
dem Wege räumt; er sagte von vornherein: „Was es kostet, bezahle
ich, Lerr StäbleinI Sie müssen die Saloneinrichtung noch mal ab-
holen lassen, womöglich gleich morgen. Aber nein, Lerr Stäblein:

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Zeichnung von M. LlauS

„Aber Erna, warum muß denn der Baum so furchtbar hoch stehn?"

„Damit Platz darunter ist; du willst doch die Geschenke für mich unter dem Baum aufbauen."
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Aber Erna, warum muß denn der Baum so furchtbar hoch stehn?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 187.1937, Nr. 4821, S. 407

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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