®tn nur theoretischer Streit
„Nicht einen Pfennig! Und auch nicht einmal, wenn Sie diese Valuta
annehmen wollten, einen einzigen Danziger Pfennig, der noch weniger ist."
„Also nicht!" Der Gerichtsvollzieher Glaubrig sieht sich um. „Schöne
Möbel! Sind doch Ihre eigenen?"
„Gewesen, Lerr Gerichtsvollzieher, gewesen! Leider habe ich mich
genötigt gesehen, Geld darauf zu erheben — — gerade, als Moritz
Pluder sein sogenanntes obsiegendes Urteil erstritten hatte. Als Sicher-
heit habe ich dabei meine Möbel übereignet — einem Lerrn Balzer."
Kurt Knipp holt ein Papier aus seinem Schreibtisch. „Bitte, überzeugen
Sie sich! Die Sache ist sogar vor'm Notar gemacht worden."
Der Gerichtsvollzieher Glaubrig wirst nur einen flüchtigen Blick
auf das Papier: er ist ganz sicher, daß es stimmt. „Bargeld?" fragt
er, aber ohne besondere Loffnung.
Kurt Knipp schüttet seine Börse aus. „28 Mark — die müssen Sie
mir lassen."
„Aber ja! Wertvolle Ahr?"
Kurt Knipp zieht seine Taschenuhr heraus. „Nicht ohne Wert!"
sagt er. „Aber die müssen Sie mir auch lassen, Lerr Gerichtsvollzieher.
Auf den Besitz einer Ahr hat der Schuldner Anspruch. Eine Uhr soll
der Mensch haben, wie schon aus dem Ihnen jedenfalls bekannten Am-
stande hervorgeht, daß wir täglich mehrere Male durch den Rundfunk,
wenn er die genaue Zeit angibt, aufgefordert werden, unsere Uhren zu
vergleichen. Tun Sie das auch, Lerr Gerichtsvollzieher?"
Der Gerichtsvollzieher Glaubrig geht nicht darauf ein. „Sie erlau-
ben!" sagt er und setzt sich an den Schreibtisch. „Dann muß ich also
vermerken, daß nichts zu machen war."
„Daß die Vollstreckung fruchtlos ausgefallen ist," erlaubt sich Kurt
Knipp zu verbessern.
Aber gerade jetzt klopft das Mädchen wieder und läßt — diesmal
mit einem fröhlichen: „Da ist er wieder mal, Lerr Knipp!" — einen
zweiten Besucher ein. Das ist der Geldbriefträger Siebentritt, der, wie
scharfsinnige Leute aus den Worten des Mädchens entnehmen werden,
öfter zu Kurt Knipp kommt.
„Sie dürfen Fiffi aber zunächst nur ein kleines Stückchen
kupieren, damit er sich so nach und nach daran gewöhnen kann."
„And Johann, wenn die Unterhaltung stockt, dann stoßen sie diese
Vase um, dann haben wir gleich wieder ein abendfüllendes Thema."
„Aha!" ruft der Gerichtsvollzieher Glaubrig, und es liegt etwas
Triumph in diesem Ausruf. Kurt Knipp zündet sich nach dem Frühstück
die Morgenzigarre an; sie soll ihm helfen, auch in der veränderten
Situation gleichmütig zu bleiben.
Der Geldbriefträger Siebentritt will in seine Tasche greifen. „Ja,
Äerr Knipp, da habe ich heute für Sie — —"
„Lall — nicht für Lerrn Knipp!" schreit der Gerichtsvollzieher
Glaubrig etwas voreilig. „Ich pfände das Geld. Oder, wenn es mehr
sein sollte, bis zum Betrage von 167 Mark 20 Pfennig. Lier habe ich
einen Vollstreckungsbefehl."
Der Geldbriefträger Siebentritt ist ein gemütlicher Mann. „Ach
nee!" sagt er. „So ist die Geschichte nicht."
„Nein, so geht das nicht!" erklärt auch Kurt Knipp. „Sie können
bei dem Lerrn Geldbriefträger nichts pfänden. Sie haben doch keinen
Vollstreckungsbefehl gegen die Post und werden höchstwahrscheinlich auch
nie in die Lage kommen, mit einem solchen ausgerüstet zu sein."
Der Gerichtsvollzieher Glaubrig ärgert sich. „Reden Sie doch nicht
darum herum! Die Post hat Geld in Verwahrung, das Ihnen gehört,
und dieses Geld will ich pfänden."
Der Geldbriefträger Siebentritt folgt einer einladenden Geste Kurt
Knipps und setzt sich; er hat Zeit, denn er hat heute nicht viel zu be-
stellen, was ihm aber leid tut, denn er ist ein menschenfreundlicher Mann.
„Auch hierin sind Sie im Irrtum, Lerr Gerichtsvollzieher," erklärt
Kurt Knipp weiter. „Es wundert mich, daß Sie als ein rechtskundiger
Mann den Fall so falsch beurteilen. Die Post, hier vertreten durch den
Geldbriefträger Lerrn Siebentritt, hat keineswegs mir gehörendes Geld
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„Nicht einen Pfennig! Und auch nicht einmal, wenn Sie diese Valuta
annehmen wollten, einen einzigen Danziger Pfennig, der noch weniger ist."
„Also nicht!" Der Gerichtsvollzieher Glaubrig sieht sich um. „Schöne
Möbel! Sind doch Ihre eigenen?"
„Gewesen, Lerr Gerichtsvollzieher, gewesen! Leider habe ich mich
genötigt gesehen, Geld darauf zu erheben — — gerade, als Moritz
Pluder sein sogenanntes obsiegendes Urteil erstritten hatte. Als Sicher-
heit habe ich dabei meine Möbel übereignet — einem Lerrn Balzer."
Kurt Knipp holt ein Papier aus seinem Schreibtisch. „Bitte, überzeugen
Sie sich! Die Sache ist sogar vor'm Notar gemacht worden."
Der Gerichtsvollzieher Glaubrig wirst nur einen flüchtigen Blick
auf das Papier: er ist ganz sicher, daß es stimmt. „Bargeld?" fragt
er, aber ohne besondere Loffnung.
Kurt Knipp schüttet seine Börse aus. „28 Mark — die müssen Sie
mir lassen."
„Aber ja! Wertvolle Ahr?"
Kurt Knipp zieht seine Taschenuhr heraus. „Nicht ohne Wert!"
sagt er. „Aber die müssen Sie mir auch lassen, Lerr Gerichtsvollzieher.
Auf den Besitz einer Ahr hat der Schuldner Anspruch. Eine Uhr soll
der Mensch haben, wie schon aus dem Ihnen jedenfalls bekannten Am-
stande hervorgeht, daß wir täglich mehrere Male durch den Rundfunk,
wenn er die genaue Zeit angibt, aufgefordert werden, unsere Uhren zu
vergleichen. Tun Sie das auch, Lerr Gerichtsvollzieher?"
Der Gerichtsvollzieher Glaubrig geht nicht darauf ein. „Sie erlau-
ben!" sagt er und setzt sich an den Schreibtisch. „Dann muß ich also
vermerken, daß nichts zu machen war."
„Daß die Vollstreckung fruchtlos ausgefallen ist," erlaubt sich Kurt
Knipp zu verbessern.
Aber gerade jetzt klopft das Mädchen wieder und läßt — diesmal
mit einem fröhlichen: „Da ist er wieder mal, Lerr Knipp!" — einen
zweiten Besucher ein. Das ist der Geldbriefträger Siebentritt, der, wie
scharfsinnige Leute aus den Worten des Mädchens entnehmen werden,
öfter zu Kurt Knipp kommt.
„Sie dürfen Fiffi aber zunächst nur ein kleines Stückchen
kupieren, damit er sich so nach und nach daran gewöhnen kann."
„And Johann, wenn die Unterhaltung stockt, dann stoßen sie diese
Vase um, dann haben wir gleich wieder ein abendfüllendes Thema."
„Aha!" ruft der Gerichtsvollzieher Glaubrig, und es liegt etwas
Triumph in diesem Ausruf. Kurt Knipp zündet sich nach dem Frühstück
die Morgenzigarre an; sie soll ihm helfen, auch in der veränderten
Situation gleichmütig zu bleiben.
Der Geldbriefträger Siebentritt will in seine Tasche greifen. „Ja,
Äerr Knipp, da habe ich heute für Sie — —"
„Lall — nicht für Lerrn Knipp!" schreit der Gerichtsvollzieher
Glaubrig etwas voreilig. „Ich pfände das Geld. Oder, wenn es mehr
sein sollte, bis zum Betrage von 167 Mark 20 Pfennig. Lier habe ich
einen Vollstreckungsbefehl."
Der Geldbriefträger Siebentritt ist ein gemütlicher Mann. „Ach
nee!" sagt er. „So ist die Geschichte nicht."
„Nein, so geht das nicht!" erklärt auch Kurt Knipp. „Sie können
bei dem Lerrn Geldbriefträger nichts pfänden. Sie haben doch keinen
Vollstreckungsbefehl gegen die Post und werden höchstwahrscheinlich auch
nie in die Lage kommen, mit einem solchen ausgerüstet zu sein."
Der Gerichtsvollzieher Glaubrig ärgert sich. „Reden Sie doch nicht
darum herum! Die Post hat Geld in Verwahrung, das Ihnen gehört,
und dieses Geld will ich pfänden."
Der Geldbriefträger Siebentritt folgt einer einladenden Geste Kurt
Knipps und setzt sich; er hat Zeit, denn er hat heute nicht viel zu be-
stellen, was ihm aber leid tut, denn er ist ein menschenfreundlicher Mann.
„Auch hierin sind Sie im Irrtum, Lerr Gerichtsvollzieher," erklärt
Kurt Knipp weiter. „Es wundert mich, daß Sie als ein rechtskundiger
Mann den Fall so falsch beurteilen. Die Post, hier vertreten durch den
Geldbriefträger Lerrn Siebentritt, hat keineswegs mir gehörendes Geld
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Und Johann, wenn die Unterhaltung stockt, dann stoßen ..." "Sie dürfen Fiffi aber zunächst nur ein kleines Stückchen ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 188.1938, Nr. 4824, S. 23
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg