Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
o

Qöiß es geht Von Rudolf Schnelder-Schelde

Es war einmal eine Kaffeehauskapelle, die spielte so gut, daß
der Kaffehausbesitzer wunde Handflächen bekam, so rieb er sie sich
heimlich vor Vergnügen über das glänzende Geschäft. Aber eines
Tages wurde der Kapellmeister krank. Nicht, daß ihm viel fehlte, aber
er hatte sich beim Fiedeln das Kinn ausgerenkt und meinte, mit aus-
gerenkren Kinnbacken könne er nicht dirigieren.

„Wird es ohne mich gehen?" fragte er die erste Geige, als sie
ihn besuchte, aus dem Bett heraus, wo er mit einem feuchten Ver-
band um den Kopf lag.

Die erste Geige grinste und
verzog die Mundwinkel und sagte:

„Bitte?" und abends vor Beginn
des Konzerts sagte sie den anderen,
daß der Vater gefragt habe, ob
es ohne ihn gehen werde, und alle
elf Mann grinsten und verzogen
die Mundwinkel.

And dann ging es also. So
etwas von Abend war noch nicht
dagewesen, es ging noch viel beffer,
als wenn der Vater da war, viel
schmissiger, flotter, mit einem
Wort: die Kapelle war ganz groß.

And die Laune, die herrschte, alle
lachten in einem fort, und das
Publikum lachte mit, und der
Kaffeehausbesitzer mußte sich
nachts aus der Apotheke eine Dose
Lautereme holen lassen, weil ihm
die Landflächen so schmerzten.

Auch der nächste Abend war
ganz groß und der übernächste
erst! Zwar blies die Trompete
ein paarmal daneben, und das
Saxophon erwischte ah und zu
einen falschen Einsatz, aber das
erhöhte die Stimmung nur, und
außerdem kommt es in den besten
Kapellen vor. Vielleicht ließ an
den späteren Abenden der Applaus
ein bißchen nach, und das Kaffee-
haus war nicht mehr ganz so gut
besucht, oder? Was den Kaffee-
hausbesitzer anlangt, so hatte er
die Lände jetzt meistens in den
Taschen, aber vermutlich tat er
das nur, um sie zu schonen.

Mit dem Kinnbacken des
Kapellmeisters war das so eine
322

Sache. Mal war er besser, mal war er weniger gut, und jedesmal,
wenn er zu Laus zu fiedeln anfing, schnappte er ihm wieder heraus.
Alle paar Tage kam die erste Geige und erstattete Bericht und ver-
zog schon lang keine Mundwinkel mehr, und eines Tages sagte sie
geradezu: „Lören Sie, Vater, es wäre an der Zeit, daß Ihr Kinn-
backen wieder in Ordnung kommt."

„So?" sagte der Kapellmeister, dem damals das Grinsen nicht
entgangen war, „es geht wohl nicht mehr?"

„Oooch," sagte die erste Geige, „ich meine nur."

Nun, dann wurde auch der
Kinnbacken wieder gut, und eines
Abends war der Kapellmeister
wieder da. Der Abend wurde
nicht sehr groß. Die Trompete
blies ein bißchen oft daneben, und
der Schlagzeuger klappte nach,
und der Pianist vergaß die Ein-
sätze überhaupt, kurz, es war so,
daß die paar Gäste, die in dem
Kaffeehaus saßen, bald wieder
gingen, und der Kaffeehausbesitzer
stand mit geballten Fäusten ein-
sam neben seiner Registrierkasse.
Aber das tat er vermutlich nur,
weil dann die Landflächen nicht
so spannten.

Der Kapellmeister sagte nichts,
er setzte nur Proben an, lange
Proben, gesunde Proben, saftige
Proben, gleich nachts noch eine
und am andern Morgen wieder
eine und so fort und so weiter,
bis alles wieder in Ordnung war.
Es warwirklich eine ausgezeichnete
Kapelle, und der Kaffeehausbe-
sitzer fing langsam an, sich nach
einer Dose mit Lautcreme umzu-
sehen, die er sich einmal nachts
beschafft hatte, und die irgendwo
in der Küche auf einem Regal
stehen mußte.

Jedoch, wie es so geht, dem
Kapellmeister schnappte beim Fie-
deln der kaum verheilte Kinn-
backen wieder heraus, so daß ein
Rückfall bei ihm eintrat, und er
aufs neue zu Laus bleiben mußte.
Als er aus einem feuchten Ver-
band heraus die erste Geige wieder
(Fortsetzung Sette 324)
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Es scheint so"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 188.1938, Nr. 4843, S. 322

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen