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Das Frühjahcskostüm

Von I. L. R ö s i t r

„Wie gefalle ich dir, Thomas?"

„Du siehst aus wie ein Engell"

„Wirklich?"

„Wie ein Engel!" wiederholte
Thomas.

„Zn dem neuen Kostüm?"

„In welchem neuen Kostüm?"

„Aber Thomas! Ich trage doch
mein neues Frühjahrskostüm," sagte
Sabine und drehte sich langsam um
sich selbst, „himmelblau mit Feh besetzt,
oorn sechs Maschen und hinten vier
Knöpfe, die Aermel geschürzt und der
Rock gerafft — es ist ein Modell
aus Wien und heißt Blütentraum."

„Warum heißt es Blütentraum?"

Männer fragen immer dumm,
wenn es um Frauenkleider geht.

„Warum heißt es Blütentraum,

Sabine?" — „Weil —"

„Es ist weder bunt noch eine
einzige Blüte darauf zu sehen!"

„Weil —" — „Nun?"

„Ach, Thomas, sei doch nicht so gräßlich pedantisch! Das Kostüm
heißt Blütentraum, so stand es im Fenster —"

„And so steht es jetzt in der Rechnung?"

„Za."

„Aha!"

Sabine stiegen die Tränen in die Augen.

„Pfui, Thomas! Gönnst du deiner kleinen jungen Frau nicht
auch einmal ein Modellkleid? Last du eine Ahnung, wieviel Mühe
es mich gekostet hat, dieses Kleid zu finden? Weißt du, in wieviele
Geschäfte ich laufen mußte, um dieses Kleid zu entdecken?"

„Armes Kind!"

Sabine merkte den gutmütigen Spott nicht.

„Aber jetzt habe ich ein Modellkleid," sagte sie, „das trägt keine
zweite Frau — du wirst stolz mit mir sein, Thomas — komm, sei
stolz mit mir — besuchen wir zusammen Marianne, sie wird zer-
springen, wenn sie mich in dem neuen Kostüm sieht."

Thomas und Sabine verließen das Laus.

An der nächsten Straßenecke-

„Schau, Sabine!"

„Was den», Thomas?" fragte Sabine unschuldig.

Sie hatte längst gesehen, was Thomas meinte. Nur hoffte sie,
Thomas hätte es nicht bemerkt. Er hatte es aber bemerkt.

„Betrachte diese Dame, Sabine," sagte er.

„Was ist mit ihr?"

„Sieh dir ihr Kleid an!"

„Ihr Kleid? Ja. And?"

„Das ist doch dein Modell Blütentraum."

„Aber ich bitte dich, Thomas, da
ist doch überhaupt keine Aehnlichkeit!"
log Sabine, denn sie kränkte und
schämte sich maßlos. Frauen sind
immer komisch, wenn es um Kleider
geht. „Gewiß, es ist vielleicht auch
hellblau mit Feh, es hat auch sechs
Maschen vorn und hinten vier Knöpfe,
es ist auch im Aermel geschürzt und
vielleicht im Rock gerafft — aber von
einer leisen Aehnlichkeit nicht die
geringste Spur, Thomas!"

Als sie in die Straßenbahn ein-
stiegen, standen sie unversehens einer
wohlgenährten Vierzigerin gegen-
über, die ein himmelblaues Kostüm
mit Feh trug, das vorn sechs Ma-
schen aufzeigte und hinten vier Knöpfe.
Die Aermel des Kostüms waren ge-
schürzt und der Rock gerafft.

„Ach, Thomas!"

„Was denn, Sabine?"

„Ich bin ja so unglücklich,
Thomas!"

„Warum denn?"

„Dieses Kleid!"

„Aber da ist doch nicht die leiseste Spur einer Aehnlichkeit!"

„Komm, Thomas, wir wollen lieber zu Fuß gehen."

And sie stiegen schnell aus.

Sie hätten nicht zu Fuß gehen sollen, der Thomas und die
Sabine, denn ihr Weg führte sie durch die große Geschäftsstraße
der Stadt, und zahlreiche Modehäuser hielten ihre Auslagen offen.
And in jedem Fenster lag in der Mitte mit einem kleinen Schild,
das bezeichnete, dies wäre das allerneueste Modell und hieße Blüten-
traum und sei soeben eingetroffen, ein himmelblaues Frühjahrs-
kostüm mit Feh beseht, vorn sechs Maschen und hinten vier Knöpfe,
die Aermel geschürzt und der Rock gerafft. And überall hing der
gleiche Preis: neunzehn Mark und fünfzig Pfennige.

„Was hast du bezahlt, Sabine?"

„Neunzehn Mark fünfzig."

„And dafür glaubtest du — '<“

„Es hieß doch Modell, Thomas!"

Sabine weinte bittere Tränen.

Es war aber auch zu grausam: jede dritte Frau auf der Straße
trug ihr Kostüm Blütentraum.

Thomas tröstete sie:

„Wenigstens Marianne wird noch zerspringen, wenn sie dich in
dem neuen Frühjahrskostüm sieht, Sabine. Komm, hier ist ihr
Laus."

Marianne, Sabines beste Freundin, zersprang wirklich. Aber
nicht aus Neid, wie Sabine gehofft hatte.

Sie öffnete ihnen die Tür und fragte noch vor der Begrüßung:
„Was sagst du zu meinem neuen Frühjahrskostüm, Sabine?"

„Nanu, nur nicht so schreckhaft, — wir wollten uns
doch um drei Ahr hier im Strandcase treffen!"

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Abgeschlossen am 28. Mai 1938.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Nanu, nur nicht so schreckhaft ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 188.1938, Nr. 4846, S. 378

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Erschließung

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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