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Zeichnung von E. Niemeyer-Moxter

„Geben Sie, bitte, den Brief doch ganz obenauf in den Sack; er ist nämlich furchtbar eilig 1"

Das musikalische Haus

Stellen Sie sich die musikalische Löllr von einem Laus vor, das
ich bewohne!

Da wohnen nebenan Vuchwaldens mit ihrer Lildegard. Die kleine
Lildegard lernt etwas, was sie nie erlernen wird: Violine spielen.
Furchtbar, so hat schon Shakespeare ungefähr gesagt, daß man mit
einem gedrehten Schafsdarm einem Mann die Seele aus dem Leib
haspeln kann! Seitdem sie zu Weihnachten neue Noten bekommen hat,
übt Lildegard „Die Loreley". Die Loreley stammt, wie Sie ja wissen,
noch aus einer Zeit, die keine Bubiköpfe kannte; ja, sie ist von den
Ansichtspostkarten bekannt dafür, daß sie sogar besonders langes
Laar hatte. And nun deutet mir Lildegard mit expressionistisch-
realistischem Bogenstrich an, wie schwer es der Loreley wird, ihr
Laar zu kämmen. Offenbar ist dieses lange Laar sehr verfitzt, der
goldene Kamm reißt und zerrt die Jungfrau an den Laarwurzeln,
und das tut ihr weh, so grausam
weh, daß ich mich an jeder Wurzel
mitgezupft fühle, ja, mir ist es,
als ob jedes Laar einzeln aus-
gerupst würde! And es wird
nicht besser und wird nicht besser,
und Lildegardens brennender
Ehrgeiz kratzt unentwegt über
die Saiten . . .

Aber das ist noch gar nichts,
denn in meinem Lause wohnen
auch Prochaskas, das find die
über mir. Prochaskas bestehen
aus fünf Personen, einschließlich
drei musikalischen Töchtern. Sie
haben ein Klavier, auch Piano-
forte genannt, aber sie täten besser
daran, es Fortissimosorte zu nen-
nen, solchen Krawall verursachen
fie damit! Dieses Klavier — ich
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habe mir einmal ein solches Instrument angesehen — hat ungefähr
achtzig schwarze und weiße Lölzer. Die Töchter von Prochaskas sind
nun partout darauf aus, ganz bestimmte Lölzer von diesen achtzig
zu treffen. Sie nennen das: die Tonleiter. Diese Leiter führt senkrecht
in mein allzusrühes Grab hinab!

Manchmal versuchen die Töchter auch gleich zu zweien, die Lölzer
in Bewegung zu setzen. Dann sitzt die eine links, wo es auf dem
Klavier donnert, und sie donnert, als wollte sie den Krieg gegen die
Lereros musikalisch illustrieren: humtarumtatumta, humtarumta-
tumta . . ., die andere aber pocht rechts hin, und das hört sich an,
als würde ein Porzellanladen zerstört. Die dritte Tochter aber singt
dazu ihr Lieblingslied aus der „Stummen von Portici", jener Oper,
wo, wenn ich recht im Bilde bin, der Vesuv anfängt zu speien. Ach,
jetzt weiß ich, warum er das tut, der arme Vesuv . . .

Während ich aber noch von Prochaskas Klavier rede, ist in-
zwischen das Konzert bei Lautstifts, auf der anderen Seite meiner

Wohnung, fällig geworden. Laut-
stifts haben ein Grammophon.
Es musiziert von morgens sieben
Ahr an wie folgt:

.sonny boy, sonny boy . .

„ . . . Ade, mein kleiner Garde-
offizier . . ."

„. . . I will wake for thy sweet
sake . . .“

.ridi Baja - a - a - zo - o.. .?“

„. . , Tu - ran - dot, bö - zau -
bern - dö Tu - ran - dot ...“
Diese Platten sind zwar nicht
mehr neu, aber dafür haben Laut-
stifts noch viele moderne Jazz-
platten, und eine Iazzplatte, da-
von hat ja unsereins gar keine
Ahnung, das soll ja der Limmel
auf Erden sein! Aber ich bin kein
Freund dieser Musik, wenigstens
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Geben Sie, bitte, den Brief doch ganz obenauf in den Sack ..." "'Kurt ist Mathematiker.' ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Niemeyer-Moxter, E.
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4849, S. 6
 
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