Besuch bei einer Erle
Es ist jetzt grad zehn Jahre her,
(Ja ja, man glaubt es kaum!)
Da saß ich mit der Melanie
An einem Erlenbaum.
Wir sind nun längst ein Ehepaar
(So‘n kleines Ja! wiegt schwer)
Und Melanie wiegt heute auch
‘nen halben Zentner mehr.
Der Zufall führt mich in die Stadt.
Da kams mir in den Sinn:
Du fährst mal in den Stadtwald raus!
(Es führt jetzt Trambahn hin).
Nach zehn Minuten hab ich auch
Die Erle aufgespürt,
In die ich damals hochbeglückt
Zwei Namen eingraviert.
Ein Herz hat beide eingerahmt,
Das Schnitzen machte Müh.
Es schien wie für die Ewigkeit,
Dies: KARL und ME LAN IE.
Und jetzt? Ich trau den Augen kaum,
Fünf Lettern ich nur zähl,
Der ganze Rest verwuchs im Baum.
Da stand nur noch: KA.. MEL....
h. w.
Leicht abgeholfen
Der Gast hat die Speisekarte durchforscht.
„Laben Sie keine halben Portionen?"
„Bedaure, mein Lerr — — ist bei uns nicht
üblich."
„Sbm, mein Arzt hat mir aber empfohlen, immer
nur wenig auf einmal zu effen."
„O, ich werde in der Küche sagen, daß das
berücksichtigt werden soll."
0
ne
or
******
Der Lerr im Zylinver
damit es nicht fällt, und Sie halten die Tauben, damit sie nicht davon-
fliegen! Dies war der Schluß meiner Vorstellung. Wenn Sie mich
wieder einmal sehen wollen, besuchen Sie die Zauberschau Lexen-
meister im Kolosseum. Mein Name ist Lexenmeister, meine
Lerren!"
Mit diesen Worten setzte er den Zylinder wieder auf und empfahl
sich mit einer leichten Verbeugung. Die beiden Banditen standen da,
im Arm das Aquarium und die Tauben, und sahen dem Davoneilen-
den nach.
„Das heiße ich einmal einen Kavalier!"
„Zum Teufel mit dem Kavalier!" schrie der andere und ließ die
Tauben fliegen, „wo ist meine Börse und meine Brieftasche? Ich
vermisse den gewohnten Druck!"
Da warf der Zweite erschrocken das Aquarium zu Boden und
begann in seinen Taschen zu wühlen. Er fand nicht, was er suchte.
Er fand nicht die Brieftasche des Fremden, noch seine Tabatiere,
noch sein Feuerzeug, noch die tausend anderen Dinge. Er fand nicht
einmal die drei Dinge, die ihm gehörten. Dem Andern erging cs
ebenso. Zum Teufel mit der Unsicherheit auf der Straße um
Mitternacht!
Aussicht
Bast und Krapf reden über den und jenen. „Schlenker — ja, den
kenne ich gut," sagt Bast. „Unter uns gesagt: ich habe ihm neulich
300 Mark gepumpt."
Krapf lächelt. „Na, dann werden Sie ihn noch besser kennen lernen."
Liebenswürdig
Lissi zeigt Inge ihre neubestrumpften Beine.
„Mit kleinen Fehlern," sagt sie.
„Solche dünnen Waden nennst du kleine Fehler?" rümpft Inge
das Naschen.
§otte wird heiraten. Ihr Lerr Vater hat im ersten Lotel der
Stadt ein großartiges Essen bestellt; sehr fein soll es dabei zugehn.
Der gute Onkel Lorenz erklärt Lotte: „Mein Frack paßt mir nicht
mehr, und einen neuen will ich mir auf meine alten Tage nicht mehr
machen lassen. Wenn es euch also nicht behagt, daß ich in einem
einfachen dunklen Anzug komme, dann bleibe ich lieber fort."
Lotte streichelt dem guten Onkel die Backen. „Aber Onkelchen, bei
dir kommt es doch nicht auf den Anzug an. Dich wird doch schon
dein Lochzeitsgeschenk kleiden."
87
Es ist jetzt grad zehn Jahre her,
(Ja ja, man glaubt es kaum!)
Da saß ich mit der Melanie
An einem Erlenbaum.
Wir sind nun längst ein Ehepaar
(So‘n kleines Ja! wiegt schwer)
Und Melanie wiegt heute auch
‘nen halben Zentner mehr.
Der Zufall führt mich in die Stadt.
Da kams mir in den Sinn:
Du fährst mal in den Stadtwald raus!
(Es führt jetzt Trambahn hin).
Nach zehn Minuten hab ich auch
Die Erle aufgespürt,
In die ich damals hochbeglückt
Zwei Namen eingraviert.
Ein Herz hat beide eingerahmt,
Das Schnitzen machte Müh.
Es schien wie für die Ewigkeit,
Dies: KARL und ME LAN IE.
Und jetzt? Ich trau den Augen kaum,
Fünf Lettern ich nur zähl,
Der ganze Rest verwuchs im Baum.
Da stand nur noch: KA.. MEL....
h. w.
Leicht abgeholfen
Der Gast hat die Speisekarte durchforscht.
„Laben Sie keine halben Portionen?"
„Bedaure, mein Lerr — — ist bei uns nicht
üblich."
„Sbm, mein Arzt hat mir aber empfohlen, immer
nur wenig auf einmal zu effen."
„O, ich werde in der Küche sagen, daß das
berücksichtigt werden soll."
0
ne
or
******
Der Lerr im Zylinver
damit es nicht fällt, und Sie halten die Tauben, damit sie nicht davon-
fliegen! Dies war der Schluß meiner Vorstellung. Wenn Sie mich
wieder einmal sehen wollen, besuchen Sie die Zauberschau Lexen-
meister im Kolosseum. Mein Name ist Lexenmeister, meine
Lerren!"
Mit diesen Worten setzte er den Zylinder wieder auf und empfahl
sich mit einer leichten Verbeugung. Die beiden Banditen standen da,
im Arm das Aquarium und die Tauben, und sahen dem Davoneilen-
den nach.
„Das heiße ich einmal einen Kavalier!"
„Zum Teufel mit dem Kavalier!" schrie der andere und ließ die
Tauben fliegen, „wo ist meine Börse und meine Brieftasche? Ich
vermisse den gewohnten Druck!"
Da warf der Zweite erschrocken das Aquarium zu Boden und
begann in seinen Taschen zu wühlen. Er fand nicht, was er suchte.
Er fand nicht die Brieftasche des Fremden, noch seine Tabatiere,
noch sein Feuerzeug, noch die tausend anderen Dinge. Er fand nicht
einmal die drei Dinge, die ihm gehörten. Dem Andern erging cs
ebenso. Zum Teufel mit der Unsicherheit auf der Straße um
Mitternacht!
Aussicht
Bast und Krapf reden über den und jenen. „Schlenker — ja, den
kenne ich gut," sagt Bast. „Unter uns gesagt: ich habe ihm neulich
300 Mark gepumpt."
Krapf lächelt. „Na, dann werden Sie ihn noch besser kennen lernen."
Liebenswürdig
Lissi zeigt Inge ihre neubestrumpften Beine.
„Mit kleinen Fehlern," sagt sie.
„Solche dünnen Waden nennst du kleine Fehler?" rümpft Inge
das Naschen.
§otte wird heiraten. Ihr Lerr Vater hat im ersten Lotel der
Stadt ein großartiges Essen bestellt; sehr fein soll es dabei zugehn.
Der gute Onkel Lorenz erklärt Lotte: „Mein Frack paßt mir nicht
mehr, und einen neuen will ich mir auf meine alten Tage nicht mehr
machen lassen. Wenn es euch also nicht behagt, daß ich in einem
einfachen dunklen Anzug komme, dann bleibe ich lieber fort."
Lotte streichelt dem guten Onkel die Backen. „Aber Onkelchen, bei
dir kommt es doch nicht auf den Anzug an. Dich wird doch schon
dein Lochzeitsgeschenk kleiden."
87
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zur Psychologie des Sitzens"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4854, S. 87
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg