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Der Hut mit dem Paradiesvogel V°« Ralph urba»

„Laarschneiden!" sagte Lerr Wurmbrand, während er aus dem
Drehstuhl Platz nahm. Dann bekam er den weißen Mantel ange-
zogen, und alsbald surrte die Maschine
zart und emsig um seine Ohren. Als der
Gehilfe so geschmacklos wurde, ihn auf den
schütter werdenden Laarwuchs aufmerksam
zu machen, beendete Lerr Wurmbrand das
begonnene Gespräch und hüllte sich in düste-
res Schweigen. Am sein diesbezügliches
Ruhebedürfnis zu unterstreichen, angelte er
sich eine der neben dem Marmorbecken lie-
genden Zeitschriften und begann von hinten
nach vorne darin zu blättern. Es handelte
sich um ein Modejournal, das er nur des-
halb nicht gleich zur Seite legte, weil er
augenblicklich mit seiner Zeit nichts befferes
anzufangen wußte. Sein Blick fiel auf eine
Zeichnung, die einen merkwürdigen Lut dar-
stellte, aus dem ein exotischer Vogel saß.

Die Kopfbedeckung bestand aus einem win-
zigen Topf mit einem verbogenen Mühlen-
rad als Krempe. Darunter stand:

,Letzter Schrei aus Paris; Modehut ä la
Florentiner mit Paradiesvogel.

„Lm I" knurrte Lerr Wurmbrand und
griff nach seinem Bleistift. Als er dann
noch eine alte Fahrkarte der Straßenbahn
in einer seiner Taschen fand, zeichnete er
das Modell mit einigen Strichen ab. Er
lächelte dazu wie ein Junge, wenn er
einen gewagten Stretch ersinnt. Nächste
Woche war nämlich der Geburtstag seiner
Frau. ,

„Was wünscht du dir zum Geburtstag?"
hatte er sie erst gestern gefragt.

„Ihr Männer seid doch phantasielos,"
lautete die Antwort, „strenge dich doch ein
wenig an, vielleicht fällt dir ausnahmsweise
etwas ein, das nett und originell ist."

Nun, jetzt hatte er etwas Originelles
gefunden, seiner Frau war ja nichts ver-
rückt genug, wenn es Mode betraf —

„Bitte," sagte der Friseur und hielt ihm
den Landspiegel ins Genick.

Lerr Wurmbrand nickte zerstreut, stand
auf, bezahlte und ging. Auf dem Leimweg be-
trat er den Laden der Modistin an der Ecke
der Straße, in der er wohnte.

„Könnten Sie mir so einen Lut anferti-
gen?" fragte er nicht ganz sicher die Dame
und übergab ihr die Skizze auf der Fahr-
karte. „Das hier soll ein ausgestopfter Para-
diesvogel sein."

„Ein Paradiesvogel?" meinte die Mo-
distin und wiegte den Kopf. „Vielleicht ein
Blumen-Arrangement oder künstliche Kir-
schen? Ein Paradiesvogel ist wohl etwas
gewagt. Darf ich fragen, wo Sie das Mo-
dell kopiert haben?"

„Tja, es ist letzter Pariser Schrei —"

„Ah, der Lerr war in Paris?" meinte
die Modistin und bekam ehrfürchtige runde
Augen. „Das ist natürlich etwas anders."

Lerr Wurmbrand wollte den Rückzug
antreten, aber die Modistin ließ ihn nicht

mehr aus. Folglich einigte er sich mit ihr auf einen Preis von
Mk. 30.— und gab Mk. 10. — Anzahlung.

In der Nacht träumte er von einem Paradiesvogel, der schwer
auf seiner Brust saß und ihn ernst anblickte. So kam es, daß seine
Gedanken auch ain Morgen in dieser Rich-
tung beeinflußt waren. Als er den Friseur-
laden betrat, um sich rasieren zu lassen, hielt
er sofort Amschau nach jener Zeitschrift.
Von den aufliegenden Leften sah er die
letzten Seiten durch, bis er jene Zeichnung
gefunden hatte. Er seufzte befreit, als er
sie wieder schwarz auf weiß vor sich erblickte.
Nun wandte er das Blatt, um den Namen
der Zeitschrift zu erfahren.

,Lesezirkel der Vergangenheit stand auf dem
Einband. Gleich darauf gab es Lerrn Wurm-
brand einen fürchterlichen Stich, denn am
Kopf des Blattes selbst war geschrieben:
.Jahrgang 1906'.

Vom Büro aus rief Lerr Wurmbrand
sofort die Modistin an.

„Ich möchte den Lut abbestellen," sagte
er, „verzichte auf die Rückgabe der Anzah-
lung und bin gerne bereit. Ihnen allfällige
Mehrausgaben zu ersetzen."

„Ist gar nicht nötig," entgegnete die
Dame liebenswürdig. Lerr Wurmbrand
schüttelte das Laupt, seufzte dankbar, daß
diese Dummheit für ihn so billig abgegangen
wäre, und ging zur Tagesordnung über.

Am Geburtstag drückte er seiner Frau
25 Mark in die Land und sagte: „Lier,
liebes Kind, kaufe dir einen neuen Lut!"

Als Lerr Wurmbrand am Abend nach
Lause kam, flatterte ihm seine Frau ent-
gegen und fiel ihm um den Lals.

„Einen Lut habe ich entdeckt," jauchzte
sie, „einen wundervollen Lut. Er kostet zwar
fünfzig Mark, die du aber deiner süßen kleinen
Frau sicher gerne bewilligen wirst. Dafür
ist er letzter Schrei, eben aus Paris einge-
troffen. Warte eine Sekunde, ich setze ihn
nur auf und zeige dir ihn."

Lerr Wurmbrand stand bangen Lerzens,
drehte Daumen und wartete. Als seine Frau
wieder eintrat, hatte sie den Lut mit dem
Paradiesvogel auf dem ,Kopf.

Die starke Kellnerin

Höhere Mathematik

Karlchen kann wirklich nur bis Drei
zählen. Trotz aller Mühe des Lehrers
wills nicht bis zur Vier gehen. Da ver-
sucht dieser einen andern Weg. „Karlchen,"
sagt er, „ihr habt doch einen Lund?" Nach-
dem Karlchen bejaht hat, fährt er fort:
„Wenn du heute nach Lause kommst, da nimmst
du einmal euren Lund und zählst, wieviel
Beine er hat!" Karlchen bejaht. Am andern
Tag: „Last du sie gezählt?" Ein glückstrah-
lendes „Ja!" „Nun, wieviel Beine hat euer
Lund, Karlchen?" And Karlchen antwortet,
erfreut darüber, daß er es weiß: „Vorne
zweie und hinten auch zweie!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die starke Kellnerin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4896, S. 343

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