Zeichnung von M. Claus
„Natürlich nicht," rief der
junge Mann, während sein Ge-
sicht freundlich in die Breite ging,
„ich habe gar kein Interesse, meine
Laut zu riskieren, der Chef soll
sich seinen Mist alleine machen —"
„Das will ich nicht sagen,"
unterbrach Mr. Pick hastig. „Lier
haben Sie das Geld und lassen
Sie in Zukunft solche Sachen.
Gott befohlen, junger Mann.
Wollen Sie zur Tür hinaus oder
wieder — ?"
„Vielen Dank, vielen Dank,
und ich gehe lieber durchs Fenster,
mein Kollege wartet oben —"
Ein paar Sekunden später ent-
schwebte der junge Mann wie ein
Theaterengel nach oben. Mr. Pick
wischte sich den kalten Schweiß
von der Stirne und griff nach
dem Lörer des Fernsprechers, um
die Polizei anzurufen, als er jenen
BriefausdemSchreibtisch erblickte.
Während er ihn nun zu Ende
laß, arteten seine Augenbrauen
zu fast sich schließenden Bogen
des Erstaunens aus. In dem
Schreiben hieß es nämlich weiter:
„Einer von die Sommergäst hat mi vorhin gefragt, ob er net mitfahren könnt auf'm Floß. Fünf
Mark wollt er zahlen. I Hab' eahm gesagt, dös wär' zu gefährlich. Da is er weg, der Depp."
„Naa, der Depp bist du! Was hast net die 5 Mark genommen?" — „I Hab' gemeint, er tät 10 zahlen."
Amerikanische Geschäfte
Mr. Pick bekam wieder etwas Farbe, ließ die Lände sinken und
blickte sich vorsichtig um. Er sah nun einen kräftigen jungen Mann,
der zum Fenster Hereinstieg. Von einem Gürtel um seine Mitte
ging ein Seil durch das Fenster und dann irgendwo hinauf.
„Es ist doch schade um solch prächtigen jungen Menschen," be-
gann Mr. Pick honigsüß, denn er verfügte über einige Menschen-
kenntnis und hatte schon ganz andere Leute bestochen. „Was be-
kommen Sie für den Auftrag?"
„Wir sind zwei," antwortete der junge Mann. „And beide
zusammen kriegen wir fünfzig Dollar, weil der Boß meint, die Sache
wäre nicht ganz ungefährlich."
„Allerdings, allerdings," pflichtete Mr. Pick bei, „aber sagen Sie,
schafft Ihnen dieser — hm — Beruf auch Befriedigung?"
„Leute muß man froh sein, wenn man irgendwie ein paar Dollar
verdienen kann."
„Sehen Sie, sehen Sie," meinte Mr. Pick, zog seine Brieftasche
und blätterte gedankenschwer in einem Bündel Banknoten. „And
wenn ich Ihnen, sagen wir, diese achthundert Dollars geben würde,
würden Sie dann Ihren Auftrag bestimmt nicht ausführen?"
,Solche Briefe sind in Chicago
alltäglich. Wir aber sind keine
Gangster, sondern die Versiche-
rungsgesellschaft ,Vita longa', die
Sie vor Schaden bewahren will.
Wir erledigen gegen mäßige
Prämien alle Erpressungsaffären
für Sie und zahlen auch das Löse-
geld, wenn Sie oder jemand Ihrer
Familie entführt werden sollte.
Wir senden Ihnen daher auch
keinen Boten, sondern einen Ver-
treter, der Sie noch heute auf-
suchen wird. Wir hoffen —'
Als der Vertreter jener Ver-
sicherungsgesellschaft sich bald
darauf melden ließ, wurde ihm
ein nie geahnter Empfang zuteil, von dem er sich erst nach Wochen
erholte.
Die beiden Elektriker aber, die eine Reparatur an der Leucht-
rellame jener Lochhäuser hätten durchführen sollen, hielten sich genau
an die Abmachung und übertrugen die Ausführung zwei anderen
Kollegen, die für ein Aufgeld die Arbeit gerne übernahmen. Die
beiden ersten aber machten sich einen vergnügten Abend und ließen
jenen vermeintlichen Narren dabei wiederholt leben.
Gleises schlafen sanft und süß. Am II Ahr werden sie auf-
geschreckt: nebenan bei Rübes ist ehelicher Krach ausgebrochen;
wahrscheinlich ist Rübe eben nach Lause gekommen. Die Wand ist
dünn; Bleises kriegen manches zu hören. O, da werden ja nette
Sachen ausgepackt!
Kurz vor Mitternacht schweigen endlich die Stimmen nebenan.
„Jetzt werde ich nicht mehr einschlasen können," klagt Frau Bleise.
„Aber ja doch!" meint der Gatte. „Die Nacht ist ja noch lang."
„Aber ich passe doch auf, ob sie nickt nochmal anfange»."
„Natürlich nicht," rief der
junge Mann, während sein Ge-
sicht freundlich in die Breite ging,
„ich habe gar kein Interesse, meine
Laut zu riskieren, der Chef soll
sich seinen Mist alleine machen —"
„Das will ich nicht sagen,"
unterbrach Mr. Pick hastig. „Lier
haben Sie das Geld und lassen
Sie in Zukunft solche Sachen.
Gott befohlen, junger Mann.
Wollen Sie zur Tür hinaus oder
wieder — ?"
„Vielen Dank, vielen Dank,
und ich gehe lieber durchs Fenster,
mein Kollege wartet oben —"
Ein paar Sekunden später ent-
schwebte der junge Mann wie ein
Theaterengel nach oben. Mr. Pick
wischte sich den kalten Schweiß
von der Stirne und griff nach
dem Lörer des Fernsprechers, um
die Polizei anzurufen, als er jenen
BriefausdemSchreibtisch erblickte.
Während er ihn nun zu Ende
laß, arteten seine Augenbrauen
zu fast sich schließenden Bogen
des Erstaunens aus. In dem
Schreiben hieß es nämlich weiter:
„Einer von die Sommergäst hat mi vorhin gefragt, ob er net mitfahren könnt auf'm Floß. Fünf
Mark wollt er zahlen. I Hab' eahm gesagt, dös wär' zu gefährlich. Da is er weg, der Depp."
„Naa, der Depp bist du! Was hast net die 5 Mark genommen?" — „I Hab' gemeint, er tät 10 zahlen."
Amerikanische Geschäfte
Mr. Pick bekam wieder etwas Farbe, ließ die Lände sinken und
blickte sich vorsichtig um. Er sah nun einen kräftigen jungen Mann,
der zum Fenster Hereinstieg. Von einem Gürtel um seine Mitte
ging ein Seil durch das Fenster und dann irgendwo hinauf.
„Es ist doch schade um solch prächtigen jungen Menschen," be-
gann Mr. Pick honigsüß, denn er verfügte über einige Menschen-
kenntnis und hatte schon ganz andere Leute bestochen. „Was be-
kommen Sie für den Auftrag?"
„Wir sind zwei," antwortete der junge Mann. „And beide
zusammen kriegen wir fünfzig Dollar, weil der Boß meint, die Sache
wäre nicht ganz ungefährlich."
„Allerdings, allerdings," pflichtete Mr. Pick bei, „aber sagen Sie,
schafft Ihnen dieser — hm — Beruf auch Befriedigung?"
„Leute muß man froh sein, wenn man irgendwie ein paar Dollar
verdienen kann."
„Sehen Sie, sehen Sie," meinte Mr. Pick, zog seine Brieftasche
und blätterte gedankenschwer in einem Bündel Banknoten. „And
wenn ich Ihnen, sagen wir, diese achthundert Dollars geben würde,
würden Sie dann Ihren Auftrag bestimmt nicht ausführen?"
,Solche Briefe sind in Chicago
alltäglich. Wir aber sind keine
Gangster, sondern die Versiche-
rungsgesellschaft ,Vita longa', die
Sie vor Schaden bewahren will.
Wir erledigen gegen mäßige
Prämien alle Erpressungsaffären
für Sie und zahlen auch das Löse-
geld, wenn Sie oder jemand Ihrer
Familie entführt werden sollte.
Wir senden Ihnen daher auch
keinen Boten, sondern einen Ver-
treter, der Sie noch heute auf-
suchen wird. Wir hoffen —'
Als der Vertreter jener Ver-
sicherungsgesellschaft sich bald
darauf melden ließ, wurde ihm
ein nie geahnter Empfang zuteil, von dem er sich erst nach Wochen
erholte.
Die beiden Elektriker aber, die eine Reparatur an der Leucht-
rellame jener Lochhäuser hätten durchführen sollen, hielten sich genau
an die Abmachung und übertrugen die Ausführung zwei anderen
Kollegen, die für ein Aufgeld die Arbeit gerne übernahmen. Die
beiden ersten aber machten sich einen vergnügten Abend und ließen
jenen vermeintlichen Narren dabei wiederholt leben.
Gleises schlafen sanft und süß. Am II Ahr werden sie auf-
geschreckt: nebenan bei Rübes ist ehelicher Krach ausgebrochen;
wahrscheinlich ist Rübe eben nach Lause gekommen. Die Wand ist
dünn; Bleises kriegen manches zu hören. O, da werden ja nette
Sachen ausgepackt!
Kurz vor Mitternacht schweigen endlich die Stimmen nebenan.
„Jetzt werde ich nicht mehr einschlasen können," klagt Frau Bleise.
„Aber ja doch!" meint der Gatte. „Die Nacht ist ja noch lang."
„Aber ich passe doch auf, ob sie nickt nochmal anfange»."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Einer von die Sommergäst hat mi vorhin gefragt..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4899, S. 388
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg