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Sonniger Alltag «<m an.««
Wenn Lerr Sterz mittags nach Lause kam, war seine Zeit ziemlich
genau eingeteilt. ?5 Minuten lang wurde gegessen, auf die Dauer
einer Zigarette blieb er hierauf noch bei Tisch, um dann eine Viertel-
stunde auf dem Diwan auszuruhen. Das Ausruhen bestand in der hori-
zontalen Lage und in der Lektüre der Zeitung, ansonsten blieb es
nicht sehr still, denn sein dreijähriges Töchterchen Ilse Pflegte wäh-
rend dieser Zeit die Ansprüche auf Unterhaltung mit dem Vater
geltend zu machen.
Lerr Sterz nahm eben wieder seinen Platz auf dem Diwan ein,
die Frau räumte den Tisch ab und ging in die Küche.
Eine Weile blieb es still, nur ab und zu raschelte die Zeitung.
„Vati?"
„Ja, mein Kindl"
„Lesen alle Leute Zeitung?"
„Jawohl, mit Ausnahme des Lerrn Lase."
Nach einer Minute: „Vati, kann man dem Lerrn Lase auch den
Kopf abnehmen?"
„Wa -?"
„Von meinem Osterhasen geht der Kopf herunter."
„Ach so, nein, Lerr Lase ist ein Mensch, er heißt nur so."
„Warum heißt er so?"
„Weil er eben so heißt. Und jetzt gib Ruhe, mein Kind."
Etwas später trippelte Ilse ins Schlafzimmer, kam mit dem großen
Kamm wieder, trat von rückwärts an den Vater heran und begann.
ihn andächtig zu frisieren. Lerr Sterz knurrte erst leise, dann aber
empfand er das Kämmen so angenehm, daß er die Lände über
Brust und Zeitung faltete und einnickte. Als er wieder munter wurde,
blickte er auf die Armbanduhr und sprang auf.
„Last du mich auch ordentlich gekämmt?" fragte er, während er
seine Krawatte zurechtrückte.
„Schön!" jubelte Ilse und strahlte über das ganze Gesicht.
Lerr Sterz hob sie auf und gab ihr einen Kuß. Dann ging er
ins Vorzimmer, nahm Lut und Mantel, rief „Auf Wiedersehen!"
in die Küche und eilte davon.
Es war ein prächtiger Tag. Die Sonne schien warm, der wolken-
lose Limmel erstrahlte nach einer längeren Schlechtwetterperiode in
herrlichem Blau. Lerr Sterz befand sich in freundlicher Stimmung.
Er nahm den Lut vom Kopf, ging elastischen Schrittes dahin und
atmete tief die gute Luft ein. Auch die anderen Menschen waren
prächtiger Laune. Ein alter Lerr, der sich auf einer Bank sonnte,
nickte ihm lachend zu. Eine junge Dame lächelte ihm schon aus
einiger Entfernung entgegen, und dann spürte er genau, wie sie sich
nach ihm umdrehte. Ein warmes Gefühl überkam Lerrn Sterz, denn
auch der bravste Ehemann freut sich, wenn er Anwert findet. Zwei
Frauen, die an einer Straßenecke miteinander sprachen, brachen bei
seinem Anblick die Unterhaltung ab und blickten heiter auf ihn. Auf
dem andern Gehsteig blieb ein Lerr stehen und sah belustigt zu ihm
herüber. „Nanu," murmelte Lerr Sterz, „was hat er denn?"
Ein Schutzmann, der gerade über die Straße ging, schaute ihn
einen Augenblick lang starr an, dann lachte er und nickte freundlich.
402
Patent für unrettbar Verliebte
Sonniger Alltag «<m an.««
Wenn Lerr Sterz mittags nach Lause kam, war seine Zeit ziemlich
genau eingeteilt. ?5 Minuten lang wurde gegessen, auf die Dauer
einer Zigarette blieb er hierauf noch bei Tisch, um dann eine Viertel-
stunde auf dem Diwan auszuruhen. Das Ausruhen bestand in der hori-
zontalen Lage und in der Lektüre der Zeitung, ansonsten blieb es
nicht sehr still, denn sein dreijähriges Töchterchen Ilse Pflegte wäh-
rend dieser Zeit die Ansprüche auf Unterhaltung mit dem Vater
geltend zu machen.
Lerr Sterz nahm eben wieder seinen Platz auf dem Diwan ein,
die Frau räumte den Tisch ab und ging in die Küche.
Eine Weile blieb es still, nur ab und zu raschelte die Zeitung.
„Vati?"
„Ja, mein Kindl"
„Lesen alle Leute Zeitung?"
„Jawohl, mit Ausnahme des Lerrn Lase."
Nach einer Minute: „Vati, kann man dem Lerrn Lase auch den
Kopf abnehmen?"
„Wa -?"
„Von meinem Osterhasen geht der Kopf herunter."
„Ach so, nein, Lerr Lase ist ein Mensch, er heißt nur so."
„Warum heißt er so?"
„Weil er eben so heißt. Und jetzt gib Ruhe, mein Kind."
Etwas später trippelte Ilse ins Schlafzimmer, kam mit dem großen
Kamm wieder, trat von rückwärts an den Vater heran und begann.
ihn andächtig zu frisieren. Lerr Sterz knurrte erst leise, dann aber
empfand er das Kämmen so angenehm, daß er die Lände über
Brust und Zeitung faltete und einnickte. Als er wieder munter wurde,
blickte er auf die Armbanduhr und sprang auf.
„Last du mich auch ordentlich gekämmt?" fragte er, während er
seine Krawatte zurechtrückte.
„Schön!" jubelte Ilse und strahlte über das ganze Gesicht.
Lerr Sterz hob sie auf und gab ihr einen Kuß. Dann ging er
ins Vorzimmer, nahm Lut und Mantel, rief „Auf Wiedersehen!"
in die Küche und eilte davon.
Es war ein prächtiger Tag. Die Sonne schien warm, der wolken-
lose Limmel erstrahlte nach einer längeren Schlechtwetterperiode in
herrlichem Blau. Lerr Sterz befand sich in freundlicher Stimmung.
Er nahm den Lut vom Kopf, ging elastischen Schrittes dahin und
atmete tief die gute Luft ein. Auch die anderen Menschen waren
prächtiger Laune. Ein alter Lerr, der sich auf einer Bank sonnte,
nickte ihm lachend zu. Eine junge Dame lächelte ihm schon aus
einiger Entfernung entgegen, und dann spürte er genau, wie sie sich
nach ihm umdrehte. Ein warmes Gefühl überkam Lerrn Sterz, denn
auch der bravste Ehemann freut sich, wenn er Anwert findet. Zwei
Frauen, die an einer Straßenecke miteinander sprachen, brachen bei
seinem Anblick die Unterhaltung ab und blickten heiter auf ihn. Auf
dem andern Gehsteig blieb ein Lerr stehen und sah belustigt zu ihm
herüber. „Nanu," murmelte Lerr Sterz, „was hat er denn?"
Ein Schutzmann, der gerade über die Straße ging, schaute ihn
einen Augenblick lang starr an, dann lachte er und nickte freundlich.
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Patent für unrettbar Verliebte
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Patent für unrettbar Verliebte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4900, S. 402
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg