Zeichnung von M. Bauer
„Sie schätzen es sicher auch, wenn berühmte Ramen
an der Tafel vertreten sind?"
„Gewiß, gewiß — besonders bei den Weinen."
Die Blumengeschichte
Nun wohl, ich besorgte mir meinen Blumenstrauß und — ließ
ihn in der Straßenbahn liegen. Das merkte ich, als ich, etwas herz-
klopfend, vor dem Laus des Gastgebers stand. Was sollte ich nun
tun? Die Ahr war zwei Minuten vor acht, zu Punkt acht war ich ge-
laden. Die Blumengeschäfte waren längst geschlossen. Aber es mußte
versucht werden! Lästig eilte ich drei, vier Straßen ab, bis ich einen
Blumenladen erspähte. Ich klingelte mehrmals. Endlich öffnete ein
mürrischer Mann, der mir natürlich nichts mehr geben wollte. Ich
wurde, aus Angst, so beredsam, daß der Mann sich schließlich ent-
schloß, mir zu helfen. Aber er ließ sich die Lilfe etwas kosten: die
Blumen waren unverschämt teuer.
Ich war aber schließlich froh, mein Anstandssymbol in Länden
ru halten. Es war jetzt vier Minuten nach acht Ahr, ich machte einen
kleinen Dauerlauf und stand acht Ahr sechs vor der Wohnung, stieg
die Treppe hinauf und wickelte vor der Laustür meine Blumen aus.
Das heißt: ich wollte es. Aber das Blumenpaket erwies sich als
taube Nuß. Es war leer. Zwei, drei einsame Stengel kündeten von
einstiger Pracht. Das übrige muß mir beim Dauerlauf abhanden
gekommen sein. Wissen Sie, das ist so eine Situation, in der man
davon überzeugt ist, daß man der allergewaltigste Ochse ist, den der
liebe Gott in seiner Güte je geschaffen hat.
Ich raste die Treppe wieder hinunter. Was sollte ich tun? Noch-
mals in das Blumengeschäft gehen? Der Verkäufer hätte vielleicht
die Irrenanstalt mobil gemacht. Da fiel mir ein, daß fünf Minuten
von dem Lause, vor dem ich stand, ein Bahnhof war. Ich bewältigte
die Strecke in der schönen Zeit von nicht ganz zwei Minuten, erwarb
ein paar Riecherbsen, sorgte für hinreichende Verpackung und brachte
die Blumen, trotz abermaligen Dauerlaufs, sicher an ihren Bestim-
mungsort. Es war 8 Ahr 12, und ich kam also 12 Minuten zu spät,
auch war ich unvornehm in Schweiß gebadet. Aber ich hatte meine
Blumen. Ich klingelte, es wurde geöffnet, auf dem Flur standen viele
Gäste. Irgendeine weibliche Person nahm mir mein Sträußlein ab,
mit der Behauptung, sie wolle es der gnädigen Frau geben. Ich
aber weiß: nie hat die Frau des Laufes erfahren, daß ich ihr Blumen
mitgebracht habe. Sie sah nur die Schweißtropfen auf meiner Stirn
und lächelte darüber. Sie hatte keine Ahnung, daß diese Tropfen
für sie geflossen waren. Sehen Sie, meine Lerrschasten, da sah ich
deutlich: mit Blumen sollte ich in diesem Leben kein Glück haben,
und ich tat jenen Schwur, den ich bis heute gehalten habe."
Brombert hatte sich ordentlich warm geredet, auch er hatte der
ausgezeichneten Bowle reichlich zugesprochen, und darum erzählte
er noch ein bißchen weiter: „Damit mich die Leute nicht für geizig
halten, bringe ich den Damen des Laufes, jenachdem, Schokolade
oder eine Dose Oelsardinen mit!"
„Schokolade oder Oelsardinen?" fragten die anderen Gäste. „Wie
kommen Sie auf diese beiden Gegensätze?"
„Tja," sagte Brombert, „wenn man schon was mitbringt, so soll
es doch Freude machen. Schokolade und Oelsardinen sind so hübsch
zu verpacken. So viereckig und glatt. Jüngere Damen freuen sich
über Schokolade, ältere über Oelsardinen. Danach richte ich meine
Geschenke ein."
Damit war Bromberts Bericht beendet, und man wandte sich
wieder anderen Dingen zu. Der Abend verlief in Larmonie und
Freundschaft.
Als die Gäste gegangen waren, sagte Mackedanz, beim Zubett-
gehen, zu seiner Frau: „Ein komischer Kauz, dieser Brombert, findest
du nicht auch?"
Frau Mackedanz aber behauptete, sie fände Lerrn Brombert
reizend. Darüber wunderte sich Lerr Mackedanz, denn der Jung-
geselle war wirklich ein schrulliger Sonderling. Plötzlich fiel Macke-
danz etwas ein: „Was hat Brombert dir eigentlich mitgebracht?"
„Pralinen I" sagte Frau Mackedanz.
„Aha," erwiderte ihr Mann zufrieden und löschte das Licht aus.
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„Sie schätzen es sicher auch, wenn berühmte Ramen
an der Tafel vertreten sind?"
„Gewiß, gewiß — besonders bei den Weinen."
Die Blumengeschichte
Nun wohl, ich besorgte mir meinen Blumenstrauß und — ließ
ihn in der Straßenbahn liegen. Das merkte ich, als ich, etwas herz-
klopfend, vor dem Laus des Gastgebers stand. Was sollte ich nun
tun? Die Ahr war zwei Minuten vor acht, zu Punkt acht war ich ge-
laden. Die Blumengeschäfte waren längst geschlossen. Aber es mußte
versucht werden! Lästig eilte ich drei, vier Straßen ab, bis ich einen
Blumenladen erspähte. Ich klingelte mehrmals. Endlich öffnete ein
mürrischer Mann, der mir natürlich nichts mehr geben wollte. Ich
wurde, aus Angst, so beredsam, daß der Mann sich schließlich ent-
schloß, mir zu helfen. Aber er ließ sich die Lilfe etwas kosten: die
Blumen waren unverschämt teuer.
Ich war aber schließlich froh, mein Anstandssymbol in Länden
ru halten. Es war jetzt vier Minuten nach acht Ahr, ich machte einen
kleinen Dauerlauf und stand acht Ahr sechs vor der Wohnung, stieg
die Treppe hinauf und wickelte vor der Laustür meine Blumen aus.
Das heißt: ich wollte es. Aber das Blumenpaket erwies sich als
taube Nuß. Es war leer. Zwei, drei einsame Stengel kündeten von
einstiger Pracht. Das übrige muß mir beim Dauerlauf abhanden
gekommen sein. Wissen Sie, das ist so eine Situation, in der man
davon überzeugt ist, daß man der allergewaltigste Ochse ist, den der
liebe Gott in seiner Güte je geschaffen hat.
Ich raste die Treppe wieder hinunter. Was sollte ich tun? Noch-
mals in das Blumengeschäft gehen? Der Verkäufer hätte vielleicht
die Irrenanstalt mobil gemacht. Da fiel mir ein, daß fünf Minuten
von dem Lause, vor dem ich stand, ein Bahnhof war. Ich bewältigte
die Strecke in der schönen Zeit von nicht ganz zwei Minuten, erwarb
ein paar Riecherbsen, sorgte für hinreichende Verpackung und brachte
die Blumen, trotz abermaligen Dauerlaufs, sicher an ihren Bestim-
mungsort. Es war 8 Ahr 12, und ich kam also 12 Minuten zu spät,
auch war ich unvornehm in Schweiß gebadet. Aber ich hatte meine
Blumen. Ich klingelte, es wurde geöffnet, auf dem Flur standen viele
Gäste. Irgendeine weibliche Person nahm mir mein Sträußlein ab,
mit der Behauptung, sie wolle es der gnädigen Frau geben. Ich
aber weiß: nie hat die Frau des Laufes erfahren, daß ich ihr Blumen
mitgebracht habe. Sie sah nur die Schweißtropfen auf meiner Stirn
und lächelte darüber. Sie hatte keine Ahnung, daß diese Tropfen
für sie geflossen waren. Sehen Sie, meine Lerrschasten, da sah ich
deutlich: mit Blumen sollte ich in diesem Leben kein Glück haben,
und ich tat jenen Schwur, den ich bis heute gehalten habe."
Brombert hatte sich ordentlich warm geredet, auch er hatte der
ausgezeichneten Bowle reichlich zugesprochen, und darum erzählte
er noch ein bißchen weiter: „Damit mich die Leute nicht für geizig
halten, bringe ich den Damen des Laufes, jenachdem, Schokolade
oder eine Dose Oelsardinen mit!"
„Schokolade oder Oelsardinen?" fragten die anderen Gäste. „Wie
kommen Sie auf diese beiden Gegensätze?"
„Tja," sagte Brombert, „wenn man schon was mitbringt, so soll
es doch Freude machen. Schokolade und Oelsardinen sind so hübsch
zu verpacken. So viereckig und glatt. Jüngere Damen freuen sich
über Schokolade, ältere über Oelsardinen. Danach richte ich meine
Geschenke ein."
Damit war Bromberts Bericht beendet, und man wandte sich
wieder anderen Dingen zu. Der Abend verlief in Larmonie und
Freundschaft.
Als die Gäste gegangen waren, sagte Mackedanz, beim Zubett-
gehen, zu seiner Frau: „Ein komischer Kauz, dieser Brombert, findest
du nicht auch?"
Frau Mackedanz aber behauptete, sie fände Lerrn Brombert
reizend. Darüber wunderte sich Lerr Mackedanz, denn der Jung-
geselle war wirklich ein schrulliger Sonderling. Plötzlich fiel Macke-
danz etwas ein: „Was hat Brombert dir eigentlich mitgebracht?"
„Pralinen I" sagte Frau Mackedanz.
„Aha," erwiderte ihr Mann zufrieden und löschte das Licht aus.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sie schätzen es sicher auch, wenn berühmte Namen an der Tafel vertreten sind?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Tischgesellschaft <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 192.1940, Nr. 4930, S. 39
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg