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o

Don Io Lanns RöSler

Mitten im Ort, neben der Kirche, lag die Gewürzkrämerei der
Witwe Siebenübel. O, es war ein kleines Geschäft, das Emilie Sieben-
übel seit achtnnddreißig Jahren betreute! Zwei Schaufenster hatte es,
und man bekam alles darin zu kaufen, worauf man nur Lust hatte.
Vom Kaffee und Zucker angefangen bis hinauf zu den Delikatessen
einiger Oelsardinen und zu Weihnachten sogar eine Kiste Räucher-
aale. Aber auch Wurst konnte man hier kaufen und alle Zutaten
zum Backen, Weine für festliche Tage und Kränze für den Friedhof.
Wollte man mitten im Winter Obst, die Witwe Siebenübel hatte
immer noch ein Paar Pfund Aepfel im Keller; stand der Waschtag
vor der Tür oder das Großreinemachen, hier bekam man Seifen für die
Wäsche und Bürsten für den Boden, Oel für die Möbel und Putzmit-
tel für die Klinken und Fenster. Auch Kohlen für den Winter konnte
man bei ihr bestellen und Samen für den Sommer und zwei Pferde-
gespanne, wenn man sie brauchte. Rein, klein war die Gewürzkrämerei
der Witwe Emilie Siebenübel bestimmt nicht, und immer ging die Laden-
glocke. Von der frühsten Morgenstunde, wo die Nachbarn um Milch und
Semmeln kamen, bis spät in den Abend hinein stand die Geschäftsfrau
hinter der altmodischen Ladentasel, machte ein freundliches Gesicht,
fragte nach den Kindern der Kunden, verkaufte ein Schächtelchen Zünd-
hölzer für vier Pfennige mit der gleichen Bereitschaft wie fünf Meter
weißer Seide zu dem Brautkleid der Köchin von Oberzollinspettors.

Das Geheimnis

Aufgeregt lief die gute Freun-
din zur besten Freundin: „Kannst
du ein Geheimnis für dich behal-
ten, Kitty?"

Kitty lächelte:
das du nicht für
kannst?"

„Last du eins,
dich behalten

Sie kennt ihn

„Mein Mann ist ein bekannter
Erfinder und in seinen Kreisen sehr
geschätzt!" — „Lat mein Mann
mir schon erzählt! Ihr Mann er-
findet für den ganzen Stammtisch
die Ausreden gleich mit!"

Frauen

Eduard stand ttaurig im Los.

„Was hast du, Eduard?"

„Ellen ist mit mir böse."

„Warum?"

„Wir waren heute um vier Ahr
im Kaffee Kern verabredet. Ich
habe mich verspätet. Ich bin erst
um fünf Ahr gekommen. And Ellen
wartete dort schon über zwei

Minuten-"

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„Jetzt gibts wieder frisches Gemüse, da kann man wieder mehr
Abwechslung in die Küche bringen."

„In meiner Küche ist immer Abwechslung — ich Hab Radio drin."

Wohl taten ihr die Füße weh von dem ewigen Gehen und Stehen,
wohl schmerzte ihr das Kreuz vom Leben und Lerunterlangen schwerer
Kästen und Kisten, wohl dröhnte ihr der Kopf von dem immerwäh-
renden Sprechen und dem ständigen Wiederholen derselben Antworten
auf die gleichen Fragen. Aber sie ließ sich nichts anmerken, sie war
eine gute Geschäftsfrau. Der Kunde war ihr Gott und das Läuten
der Ladenglocke ihr Leben.

Am Abend jedoch, wenn es sechs Ahr wurde, zählte sie die Minu-
ten bis zum Ladenschluß. Kaum trugen sie mehr ihre Füße, die Augen
schmerzten, aber nur noch eine Stunde währte die Arbeit des Tages,
dann kam der wohlverdiente Feierabend, der Ladenschluß, das Abend-
essen und die Zeitung mit dem Roman, der schon so lange lief und hof-
fentlich noch recht, recht lange laufen würde. Wie freute sich jeden Tag
Emilie Siebenübel auf ihren Feierabend, aber — ach, wie selten kam sie
dazu. Denn es ist eigenartig in den kleinen Städten: am Tag kommt oft
eine Stunde kein Mensch in den Laden, und man wartet, da man in steter
Bereitschaft ja doch nichts anderes anfangen kann, aber wenn die Ahr
sieben geschlagen hat, da fällt es den Menschen plötzlich ein, daß sie dies
oder jenes brauchen, und sie eilen in die Geschäfte und wären sehr ver-
wundert, wenn nickt gar für immer als Kunden vergrämt, wenn man
ihnen die verschloffene Tür nicht aufschlösse. — So erging es auch heute
der Witwe Siebenübel, die bereits die Kasse abgezählt hatte und sich

hundemüde in ihr Privatzimmer
zurückzog, um sich zum Nachtmahl
zwei Eier zu braten. Kaum aber
lagen die Eier im heißen Tiegel, da
läutete es stürmisch an der Laden-
glocke. — „Guten Abend, Frau
Siebenübel!" — „Guten Abend!
Guten Abend!" Frau Rechtsan-
walt Kiesig stand vor der Tür.
Frau Rechtsanwalt sagte: „Sie
haben wohl noch nicht geschlossen?"
„Ich mache sofort auf—" — „Es
ist ja auch gerade erst kurz nach
sieben Ahr!" — Frau Siebenübel
Holle den Ladenschlüssel, Frau Sie-
benübel zog die Rollbalken hoch,
Frau Siebenübel schloß die Laden-
tür auf. „Was soll denn sein?"
fragte sie. — Die Kundschaft war
eingetreten. Sie nannte nicht ihr
Begehr. Sie setzte sich erst einmal
auf den Stuhl, nahm dies und je-
nes vom Ladentisch, wollte ein
Kochrezept wissen, erzählte von
ihren Kindern und dann von ihrem
Mann. Es war inzwischen halb
acht geworden, als sie von ihrem
Mann zu erzählen begann.

„And denken Sie^sich, wie rück-
sichtslos die Leute oft sind," fuhr
Frau Rechtsanwalt Kiesig empört
fort, „die Kanzlei meines Mannes
ist bis fünf Ahr geöffnet. Von früh
zehn Ahr bis nachmittags fünf
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Jetzt gibts wieder frisches Gemüse, da kann man wieder mehr Abwechslung in die Küche bringen."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Marktfrau
Gemüse
Verkauf <Motiv>
Abwechslung
Gericht
Hörfunk
Kunde
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 192.1940, Nr. 4940, S. 158
 
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